PR 2649 – Die Baumeister der BASIS
empört und huscht aus ihrem Versteck. Sie läuft zickzack, einem Fluchtinstinkt gehorchend. Die Chaldur-Zwillinge Offendraka und Manupil zucken unisono zusammen. Gamma Oulhaq hält sich die Hand vor den Mund, um den Entsetzensschrei tunlichst zu verhindern.
Die Ratte hat eine blutige Schnauze, und die winzigen Beinchen hinterlassen rote Spuren. Im Inneren des Misthaufens befindet sich Nahrung für das Viech. Das erklärt die vielen dicken Fliegen und den Gestank, der nun, da ich mich intensiver damit auseinandersetze, süßlich ist, mit einer bitteren Beinote.
Ich inhaliere tief. Dies ist ein Geruch, den ich nur zu gut kenne. Er erinnert mich an meine Heimat, an meine Profession, an meinen Daseinszweck. Und er macht mir deutlich, warum ich dem Sogo verfallen bin.
Trasur erreicht den Gipfel. Er lugt durch die Lücke. Es ist ein seltsames Bild, und ich kann das Lachen kaum unterdrücken. Ich sehe das riesenhafte Hinterteil eines riesenhaften Ertrusers, der vorsichtig auf Metallteilen balanciert, die sich unter seinem Gewicht biegen. Unter ihm türmen sich womöglich die Leichen, doch es schert den Umweltangepassten nicht. Er ist von der Idee besessen, das Versteck unserer Feinde ausfindig zu machen.
Wir befinden uns im Krieg. Das Schlachtfeld ist vergleichsweise klein, und man könnte annehmen, dass die üblichen Regeln einer Auseinandersetzung zu beachten sind. Doch das trifft nicht zu. Die Veränderungen an Bord des BASIS-Teils schaffen von Minute zu Minute neue Perspektiven.
Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll. Also bleibe ich still, hinter der Deckung meiner Tarnidentität verborgen, und überlasse anderen die Drecksarbeit.
Trasur Sargon winkt uns; wir können ihm folgen. Er schiebt einige Kunststoffteile beiseite und verbiegt vorsichtig eine Metallplatte, die womöglich als Verbindungsstrebe zweier Seitenelemente eines Gangs fungiert hatte. Dann wälzt er sich durch den verbreiterten Durchgang. Der riesenhafte Hintern verschwindet, dann die nachstrampelnden Beine.
Ich tue, als würde ich zögern. Marie-Louise schüttelt verächtlich den Kopf und folgt ihrem Anführer, genau wie die Zwillinge. Daniela stapft den Hügel bergan, steif und ungelenk. Gamma und ich kämpfen per Blickkontakt um das zweifelhafte Recht, der Letzte der kleinen Gruppe sein zu dürfen, der durch die Lücke schlüpft. Der kleine Mann, ehemals Gärtner, ist völlig überfordert. Ich ahne, dass er in einer Gefahrensituation mehr Schaden anrichten wird, als er uns nutzen kann.
Ich hätte ihn bereits vor Tagen beseitigen sollen.
Ich lasse Gamma stehen und schließe mich meinen Kameraden an. Unter mir, irgendwo zwischen verzogenen Metallteilen, zerbrochenem Kunststoff, verdorbenen Nahrungsmitteln, platt gedrückten Maschinenelementen und Datenträgern, die sich, hundertfach glitzernd, aus einer zerquetschten Lagerkiste ergossen haben, meine ich, ein Augenpaar zu sehen, das mich anglotzt. Und zwei weitere Ratten, die trotz des ihnen angeborenen Fluchtreflexes die Beute nicht aufgeben möchten.
Dies ist bloß ein winziger Eindruck, ein Splitterbild, das mir keine schlaflosen Nächte bereiten wird. Ich bin dem Tod oft genug begegnet, selbst in seinen schrecklichsten Formen.
Ich steige weiter. Gamma hinter mir quietscht auf, als wäre er eine der Ratten. Er hat dasselbe wie ich gesehen, und er reagiert so, wie ich es erwartet habe.
»Komm schon, verdammt noch mal!«, flüstere ich. »Und halt gefälligst den Mund!«
Er zuckt zusammen und gehorcht. Er hat Respekt vor mir. Er hat vor jedermann Respekt.
Ich schlüpfe durch die Lücke. Trasur Sargon hat eine Spur in die Tiefe gezogen, bäuchlings offenbar. Über verdorbene Lebensmittel hinweg. Über Salatköpfe, die seit Tagen hier lagern, deren Ränder glitschig und weich und grau geworden sind. Ich überwinde meinen Ekel und rutsche in die Tiefe, um unmittelbar vor zwei riesigen Kästen zu liegen zu kommen.
Sie geben uns Deckung. Trasur Sargon nimmt eines der beiden Elemente für sich in Anspruch, die Zwillinge und Marie-Louise das andere. Daniela sitzt auf dem Misthaufen, den Kopf auf eine rostige und beschädigte Roboterhand gestützt wie eine zu künstlichem Leben erweckte Kopie des Denkers, der Bronzeplastik von Auguste Rodin, deren Verbleib den Terranern unbekannt ist.
Ich unterdrücke ein Kichern. Ich könnte ihnen sagen, wo das Ding gelandet ist. Ich hatte es in der Hand, habe mit den Fingern seine feinsten Bearbeitungsspuren verfolgt und dabei an
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