PR 2675 – Der Glanz der Stille
Gewimmel der Straße verschwunden.
Die Straßenhändler stürmten auf sie ein. Hin und wieder stöberte sie in den Gedanken der Händler nach kurzen Gebrauchsanweisungen für die Waren, deren Sinn sie nicht verstand. Sie erfuhr von Verdauungswürmern, Gefühlsverpflichtungsscheinen, Muster-Planisphären, Scham-Etiketten, Panfaktoren, Glücksraketen, Gedankenschreinen, Sternenstammbäumen ...
Sarmotte zog sich aus dem mentalen Spiegelbild des Marktes zurück.
Die Zopai wirkten durch die Andersartigkeit der vier Neuankömmlinge nicht irritiert. Es war nicht so, als würde man sie nicht bemerken: Im Gewühl wurden sie hin und wieder ein wenig angerempelt und hörten knappe Entschuldigungen; immer wieder sprachen die Händler sie an. Radfahrer, die rastlos unterwegs waren, riefen ihnen Warnungen zu.
Aber niemand kehrte sich an ihrer Besonderheit, an ihrem andersartigen Aussehen. Und wenn zwischen Zopai und Terranern und dem Sayporaner auch eine gewisse Ähnlichkeit herrschen mochte – Aes Qimae wenigstens musste auf die Einheimischen sehr fremdartig wirken.
Choursterc sagte mit der Achiary-Stimme: »Aber es muss in dieser Stadt etwas wie ein Verwaltungszentrum geben. Oder eine Bibliothek, einen Datenspeicher irgendeiner Art.«
Sarmotte nickte. »Gehen wir suchen.«
*
Die schweren Gewitterwolken belagerten den Himmel im Osten. Die Wolkenränder glühten wie flüssiges Eisen im Licht der untergehenden Sonne.
Sie hatten keine Bücherei gefunden, kein Archiv, keine Regierung.
Die Gesellschaft der Zopai lebte anscheinend ohne jede Hierarchie. Die Zopai handelten und kauften; sie erwarben Waffen bei Waffenschmieden und Kampfräder bei Kampfradbauern; sie trainierten unermüdlich ihre militärischen Fähigkeiten.
Die Stadt Bhötshem erinnerte Sarmotte an ein Heerlager aus der terranischen Frühgeschichte, sogar noch vor Rhodans Geburt. Der Anlass für den Krieg, seine Wurzeln in der Zeit, schienen allen Beteiligten entfallen zu sein. Wenn sie telepathisch durch die Gedankenwelten streifte, vernahm sie nicht einmal Groll gegen den Feind.
Wer war überhaupt der Feind?
Brauchten sie einen Feind? Die Kampfspiele forderten ihre Opfer. Nicht nur Eppulon hatte seinen Zweikampf bestanden, indem er seinen Gegner getötet hatte. In den Gedanken der Überlebenden hinterließen die Kämpfe dankbare Zufriedenheit, als hätte man ein gutes Abendessen mit einem Freund eingenommen. Keine Spur von Schuldgefühlen gegenüber dem Orlogpartner, keine Reue. Manchmal war da ein Hauch Scham, wenn der Triumph zu einfach gekommen war. Aber dagegen half ein Scham-Etikett, das man sich in den Nacken klebte, wo es wohltuende Wirkung entfaltete.
»Wo bleiben wir über Nacht?«, fragte Sarmotte in die Runde.
»Ich könnte Pazuzu ein Zelt bauen lassen«, schlug Toufec vor. »Oder wir übernachten in der Barkasse.«
Sarmotte spürte die Skepsis bei Choursterc. Sie sagte: »Warum suchen wir uns nichts im örtlichen Hotelbetrieb?«
Sarmotte fragte einige Zopai offen nach einem Gasthaus. Bald darauf folgten sie einer Wegbeschreibung zur Herberge der Pilger auf Gegenseitigkeit.
5.
Die Herberge
Tatsächlich wurde Shanda Sarmotte mit jedem Schritt müder. Der SERUN empfahl ihr, den Helm wieder zu schließen. Der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre lag deutlich unter dem der Erde. Wenn die mangelhafte Sauerstoffkonzentration auch keine direkte Gefahr darstellte – angenehm war sie nicht.
»Sieh dir das an!«, hörte Sarmotte Toufecs Stimme. Sie schüttelte ihre Müdigkeit mit einer Kopfbewegung ab.
Durch die Menge schoben sich zwei Gestalten, die beide einem prall gefüllten, mannsgroßen Sack glichen, der auf vier scherenartigen Beinen schritt. Um das unförmige Körpersegment waren kreuz und quer etliche Gürtel geschlungen, an denen verschieden große Beutel im Takt der Bewegung pendelten.
Die Zopai schenkten den beiden Geschöpfen so wenig Aufmerksamkeit wie Sarmottes Gruppe.
»Touristen«, sagte Sarmotte. »Keine Zopai jedenfalls.« Sie schaute Choursterc an. »Kennst du diese Art?«
»Nein. Kannst du sie erforschen?«, fragte Choursterc.
»Warte.«
Sie öffnete sich den fremden Gedanken. Kristalline Schlieren. Ein pochendes Hörsehen. Ein Karneval von Zahlen, in sich kreisenden Gleichungen, geometrischen Gebeten.
Sie zog sich zurück.
Der SERUN hatte den Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit erkannt und teilte ihr das Ergebnis seiner Analyse mit: Demnach orientierten sich die beiden Fremdwesen via Ultraschall; ein im
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