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PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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ovalen Kopf wuchsen verschiedene Tasthaare, Antennen, zwei algenartige Ohren und ein Aufsatz, der entfernt an einen zweiten, kleineren Kopf erinnerte.
    Behutsam näherte er sich einem von ihnen, drang in seine Gedanken ein. Eine Frau. Sie nannte sich Bol'anaq und war eine Fartranin.
    Sie arbeitete als Neuronetzwerk-Spezialistin und beschäftigte sich gerade mit der Messung von neuronalen Strömen. Dazwischen glitten ihre Gedanken immer wieder ab zu den Erlebnissen ihrer letzten Schlafphase.
    Wie QIN SHI ihren Erinnerungen entnahm, handelte es sich bei dem kopfartigen Aufsatz am obersten Teil des Schädels um das sogenannte Traumorgan.
    Während die Körper der Fartranen schliefen, kommunizierten ihre Unterbewusstseine über die Traumorgane miteinander. Je nachdem, wie intensiv die Kommunikation gewesen war, erinnerten sich die Fartranen nach dem Schlaf daran.
    Offenbar hatte die Fartranin dabei etwas über einen Fartranen namens Xhakar erfahren, was sie lieber nicht gewusst hätte.
    Bol'anaq schob den Gedanken energisch beiseite und konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Ein Begriff geisterte immer wieder durch ihre Überlegungen.
    SHIKAQIN.
    Der Herr der Gesichter folgte dem Gedankenfaden zu seinem Ursprung. Ein seltenes Gefühl der Faszination ergriff ihn.
    Bei SHIKAQIN handelte es sich um ein gigantisches Rechengehirn, das die gesamte Oberfläche des Planeten einnahm – gebaut von den Fartranen.
    War es Zufall, dass der Name SHIKAQIN nahe an seinem eigenen Namen lag? Die Sprache der Fartranen unterschied sich grundlegend von jener der Oraccameo.
    Er forschte tiefer in ihren Gedanken, fand aber keine Hinweise auf die Namensgebung. Dafür rechnete Bol'anaq im Kopf überschlagsmäßig die Anzahl der Datencluster durch, die in diesem Augenblick innerhalb dieser Anlage und über den gesamten Planeten verkehrten.
    Kein Rechnerverbund der Oraccameo hatte je auch nur annähernd eine solche Rechenkapazität besessen. Wahrscheinlich hätte es nicht einmal gereicht, wenn sie alle Großrechner ihres Reiches miteinander vernetzt hätten.
     



 
    QIN SHIS Respekt vor der Leistung der Fartranen stieg. Aus den Gedanken seiner Gesichter wusste er, dass solche Bauvorhaben nur gelangen, wenn sich ein ganzes Volk damit identifizierte. Nur gemeinsame Kraft und Konzentration führten letztlich zu einem Bau wie diesem.
    Ohne dass er sich zu erkennen gab, blieb QIN SHI in Bol'anaqs Gedanken.
    Sie nahm ein Messinstrument aus einer Tasche ihrer weiten Kutte und öffnete eine Verschalung. Grünblau leuchtende Leitungen kamen zum Vorschein. Die Fartranin strich mit dem Gerät über die Leitungen.
    »Wo machen wir den Fehler?«, murmelte Bol'anaq. »Wo verlieren wir die Gedanken?«
    Sie ging an der Wand entlang, klappte dabei mit routinierten Handgriffen die Wandverschalung herunter, unter der sich die Leitungen dahinzogen.
    »Soll ich dir beistehen, Bol'anaq?«, fragte ein Fartrane, der in ihrer Nähe stehen geblieben war. »Xhakar soll heute wieder einmal besonders übel gelaunt sein.«
    »Danke, aber nein«, gab sie zurück, ohne den Mann anzusehen. »Ich werde mit ihm allein fertig.«
    »Aber er hat es auf dich abgesehen, nicht wahr?«
    Bol'anaq blieb stehen, wandte sich um. »Xhakar hat ein Problem«, sagte sie widerwillig. »Aber das bin nicht ich. Er projiziert es nur auf mich.«
    Der Fartrane hob beide Mitteltentakel. Es wirkte ein wenig hilflos.
    Bol'anaq drehte sich um und schritt weiter an der Leitungsverschalung entlang. Zehn Schritte weiter blieb sie vor einem größeren Kasten stehen. Sie zögerte kurz, dann riss sie ruckartig die Rollverschalung nach oben.
    QIN SHI, der aus ihren Gedanken gelesen hatte, wer oder was Xhakar war, blickte gespannt durch ihre Augen in das Innere des neuronalen Knotens.
    In einer Art Schublade lag der Kopf eines Fartranen. Silbrige Kontaktstellen glänzten entlang der Stirn und an den Schläfen. Wo der Hals in den Oberkörper übergehen sollte, endete er in einem Becken, in dem eine glitzernde und irisierende Flüssigkeit schwamm.
    Rechts neben dem Kopf glommen ein Bildschirm und eine Multimediaeinheit.
    »Bol'anaq«, schnarrte es daraus hervor. »Wer hätte gedacht, dass du ausgerechnet heute zu mir kommst?«
    Die Fartranin rang mit sich, ob sie Xhakar überhaupt antworten sollte. »Ich bin nicht deinetwegen hier«, sagte sie schließlich. »Ich bin hier, weil es immer wieder zu unerklärlichen Fluktuationen in der Datentransferrate kommt. Ein Datencluster scheint komplett verloren

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