Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
Situation nicht zulassen konnte. Aus eigener leidvoller Erfahrung wusste er, dass eine solche Gefahr gebannt werden musste, bevor sie mächtig genug wurde, sich zu behaupten.
    Und QIN SHI tat das, was er am besten konnte.
    Er streckte seine Fühler aus, erfasste alle Lebewesen auf und in SHIKAQIN, die fartranischen Wissenschaftler und Techniker. Die alten und jungen Gehirne im Rechnerverbund.
    Und er fraß sie.
    Alle.
     
     
    Intermezzo
    SHIKAQIN
     
    Tausende von Jahren waren seit ihrer Entstehung vergangen.
    Wörgut Gooswart war Teil von QIN SHI. In den Schlaf- und den Wachphasen. Teil seines Hungers, Teil seiner Gier, Teil seiner Macht, Teil seines Triumphs.
    Aber er war nicht Teil seiner Hybris.
    Im Strom der Bewusstseine hielt Wörgut Gooswart tief in sich den Glauben an einen anderen Weg fest. Die Entwicklung der jungen Entität zu einer negativen Superintelligenz war nicht das, wovon der Oraccameo geträumt hatte. Es war die Unsterblichkeit gewesen, die Überwindung der Begrenzung der körperlichen Existenz. Das Weitergehen auf seinem eigenen Weg.
    Er wusste, dass er vor QIN SHI nichts geheim halten konnte. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass der Herr der Gesichter sich nicht um die Bedenken der Milliarden Bewusstseinsinhalte kümmerte.
    Er besaß alle Macht. Er war die Essenz aus allen. Im Ganzen verloren sich die individuellen Zwiespälte. Im Ganzen besaßen nur die Gemeinsamkeiten Kraft. Der Überlebensinstinkt, der Vorwärtsdrang, der Hunger nach mehr.
    Und so hungerte Wörgut Gooswart mit den anderen, gierte genauso wie sie nach Nahrung und empfand das gleiche Gefühl der Lust, wenn ihnen neue Lebensenergie zufloss.
    Als die Bewusstseinsinhalte aus dem SHIKAQIN in sie strömten, fühlte er sich erleichtert und angeekelt zugleich. Der riesige planetarische Rechnerverbund mit den integrierten Gehirnen war eine technologische Leistung gewesen, die sogar die Lebenskraft-Kollektoren der Oraccameo mit Leichtigkeit überragte.
    QIN SHI zerstörte sie aus Furcht vor einer zweiten Entität in der Nähe seines Machtzentrums. Denn ohne das technische Personal, das für den Unterhalt sorgte, und ohne das Leben in den integrierten Gehirnen der Fartranen würde SHIKAQIN nicht weiterexistieren.
    »Ich bin dir weit voraus, Wörgut Gooswart«, vernahm er QIN SHIS Stimme. »Ich habe nicht vor, SHIKAQIN untergehen zu lassen. Im Gegenteil.«
    »Ich verstehe nicht, Herr.«
    »Die Materiebrücke ist ein spannender Teil dieser Doppelgalaxis. Ich werde mir hier einen Anker schaffen, der mich fortan mit der Brücke verbinden wird.«
    »Du hast vor, SHIKAQIN zu bevölkern?«
    »Ein Teil von euch wird in SHIKAQINS neuronales Netz eindringen. Die integrierten Hirne werden eure Hüllen sein, von dort aus werdet ihr SHIKAQIN beherrschen und steuern.«
    »Wir?«
    »Du wirst mir ein guter Statthalter sein, Wörgut Gooswart.«
    Bevor der Oraccameo einen einzigen weiteren Gedankenimpuls von sich geben konnte, wurde er mitsamt einem Teil der anderen Bewusstseine von einem gewaltigen Sog erfasst.
    Er fiel.
    Fiel von einem unwahrscheinlich großen Gebilde in die Enge einer kalten, begrenzten Infrastruktur. Er schrie, wehrte sich mit aller Kraft gegen den Sog. Unerbittlich wurde er weitergerissen, bis er schließlich an seinem Bestimmungsort ankam.
    Dem Gehirn eines Fartranen.
    Kaum größer als jenes eines Oraccameo. Eingeschlossen in ein neuronales Rechnernetz. Zurück in der Körperlichkeit.
    Eine unglaubliche Erleichterung bemächtigte sich seiner. Er war dem Monster entkommen, das er einst selbst geschaffen hatte vor vielen Tausend Jahren.
    Die Verbindung zu QIN SHI blieb weiterhin bestehen. SHIKAQIN gehörte nun ebenso zum Herrn der Gesichter. Er bildete einen Anker, eine feste Größe und einen wichtigen Bezugspunkt einer jungen Superintelligenz.
    Wörgut Gooswart erkundete über die neuronalen Netze die gigantische Rechneranlage. Er machte sich mit deren Arbeitsweise vertraut, verstand seine Aufgabe als Teil des fartranischen Gehirns, das Datencluster zugesandt erhielt, sie analysierte, auswertete und die Ergebnisse an den nächsten Knotenpunkt weiterleitete.
    Eines Tages stieß Gooswart auf die Informationen zur Entstehungsgeschichte des Rechnerplaneten. Sie amüsierten ihn, spiegelten sie doch eine Tragik wider, die seinem eigenen Schicksal nicht ganz unähnlich war.
    »SHIKAQIN« bedeutete in einem alten Dialekt der Fartranen nichts anderes als »Größer als QIN SHI«. Die Fartranen hatten das gigantische Rechengehirn gebaut,

Weitere Kostenlose Bücher