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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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gefährlich!«, unterbreche ich ihn. »Wir könnten auf dieser kleinen Welt niemals ohne Schutz leben. Du nicht, Irp, und ich ebenfalls nicht.«
    »Warum sind wir dann hier?«
    »Weil ...« Ja, das frage ich mich selbst. »Terra ist keine Welt, auf der du existieren könntest, Irp. Es gibt Menschen, die würden dich sofort untersuchen wollen und jede Menge Versuche mit dir anstellen. Wahrscheinlich würden sie dich für immer in einen Käfig sperren. Willst du das?«
    »Hier bin ich auch ... eingesperrt.«
    »Das sind wir beide«, berichtige ich ihn. »Ohne dich könnte ich längst wieder in einem Atelier auf der Erde arbeiten. Ich müsste nicht hier auf Triton sein und mich halb vor dem Gesetz verstecken. Andererseits ...«
    Irgendwie passt der Neptunmond zu mir. Oder ich zu ihm, das ist Ansichtssache. Triton ist anders als die übrigen Monde. Eigensinnig. Als einziger größerer Trabant im Solsystem bewegt er sich retrograd, also entgegengesetzt zur Rotation seines Mutterplaneten.
    Eigensinnig und kalt ist er. Eiskalt. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurde Triton von der Erde aus schon zu einem Zeitpunkt entdeckt, als die Menschen noch mit Pferdekutschen unterwegs waren. Ein Bierbrauer spürte den Mond des äußeren Planeten mit dem Teleskop auf. William Lassell, kommt mir sein Name in den Sinn. Keine Ahnung, ob über drei Jahrtausende später noch Nachfahren des Mannes leben. Mir jedenfalls ist nie ein Lassell über den Weg gelaufen.
    In irgendeiner historischen Datei habe ich gesehen, dass Bierbrauer seinerzeit extrem auf Eis angewiesen waren. Ob Lassell auch nur entfernt ahnte, dass Tritons Oberfläche unter einer dicken Kruste aus Wasser- und Stickstoffeis liegt?
    Irps Unruhe greift auf mich über. Das Holofenster zeigt die bei 37 Kelvin erstarrte bizarre Landschaft. In einigen Kilometern Entfernung ist ein Geysir ausgebrochen, vage zeichnet sich vor der Schwärze des Firmaments eine hoch aufsteigende Fontäne ab. Flüssiger Stickstoff und ein Hagel von Eisbrocken und Gesteinsstaub werden in die dünne Atmosphäre aus Stickstoff und Methan emporgewirbelt.
    »Nicht gut.« Irp streckt die Schwingen und zieht sie wie abwehrend vor seinen Leib. »Trivid ist interessanter. – Trivid einschalten!«
    Einen Augenblick lang bin ich verblüfft. Irp blafft in Richtung des Servos, hat also längst bemerkt, wo die positronische Schalteinheit installiert ist. Aber das allein ist es nicht. Er ahmt meine Stimme nach. Nicht besonders gut, doch die Klangfarbe ist unverkennbar. Den Servo kann er damit nicht übertölpeln. Jedenfalls bislang nicht, fürchte ich.
    Andere Mütter wären stolz darauf, dass sich ihr Kind so entwickelt. Ich hingegen sehe mich schon peinlichen Verhören ausgesetzt, wenn der ganze Sachverhalt herauskommt. Verstoß gegen jede ethische Auflage, verbotene genetische Experimente. In dem Fall werden sogar Mutanten in meinem Gehirn herumwühlen. Sie werden erkennen, dass ich das nicht wollte. Ich bin das Opfer einer unvorhersehbaren Entwicklung geworden.
    Ist es wirklich so?
    Ich wünschte, ich könnte mir dessen sicher sein. Aber meine Zweifel lassen sich nicht vertreiben. Wollte ich mir beweisen, dass es möglich ist, Intelligenz zu züchten?
    Ich weiß es nicht.
    Verdammt, ich bin mir nicht schlüssig ...
    »Servo! Trivid einschalten!«
    Diese Stimme – sie klingt bereits wie eine nur leicht verzerrte Aufzeichnung meiner Anordnungen.
    »Nein!«, entfährt es mir. »Befehl widerrufen!«
    Irp grinst mich an. In dem Moment wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass der Arkonide das manipulierte Drachenei wenigstens vier Tage eher benötigt hätte. Dann wären einige Probleme an mir vorbeigegangen.
    Der Drache hockt noch auf dem Bioresonator. Jetzt streckt er sich, tappt auf mich zu und spuckt mir eine Stichflamme entgegen. »Ich will ...«
    Er verstummt. Gedankenschnell habe ich nach dem vollen Wasserglas gegriffen und ihm den Inhalt ins Gesicht geschüttet. Das wirkt. Zumindest konnte ich ihn damit überraschen. Irp schüttelt sich und schnappt nach Luft. Wasser mag er nicht.
    Schweigend verfolgt er, wie ich das leere Glas zurückstelle. Ich werfe einen Blick auf die Zeitanzeige: 18.10 Uhr. Das Wasser habe ich mir zwar eingeschenkt, aber nicht davon getrunken. Okta einzufangen war mir wichtiger erschienen, deshalb ist sogar die Trivid-Projektion abgeschaltet.
    Wichtige Informationen? Zugegeben, darauf habe ich kaum mehr geachtet. Zu oft wurde in letzter Zeit von nahezu allen Sendern zur Flotte

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