PR 2690 – Der fünfte Akt
Im rechten Gehirn, das durch die Knochenplatte vom linken abgetrennt war, wurden die Informationen gespeichert.
»Mmmh«, machte sie.
Riftia Juntos fühlte sich eins mit der Pflanze – mit allen Pflanzen in ihrer Hydroponikanlage.
Die Pflanzen gaben ihr ein Gefühl von Liebe und Geborgenheit. Ganz besonders der Kontakt mit der Triffida. Eine innere Ausgeglichenheit, ähnlich den Minuten der Ruhe und Entspannung nach einem erotischen Renkontre mit ihrem Mann, Hurku.
»Wir verstehen uns«, sagte sie sanft. »Du und ich. Ist der Weltraum noch so kalt und der Palast inmitten von Krieg und Zerstörung – wir wissen, was wir aneinander haben.«
Riftia öffnete ihr drittes Auge. Sie sah die Energie, die durch das feine Aderwerk floss. Die Unterschiede in der Wärme waren zwar nur minimal, aber das Bild verschlug ihr immer wieder den Atem.
Die Triffida lebte.
Riftia Juntos hatte im Fliegenden Palast nicht immer einen leichten Stand. Im Gegensatz zu den Technokraten, den Militaristen, den Organisatoren, Administratoren und Befehlshabenden hatte sie mit der Betreuung der ausgedehnten Hydroponikanlage keine überlebenswichtige Aufgabe.
Sie hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass der Energieverbrauch der Anlage gedrosselt wurde. Riftia hatte nicht verstanden, dass Besatzungsmitglieder, die noch nie einen Fuß in die Hydroponikanlage gesetzt hatten, diese töten wollten.
Die Anlage verschaffte dem Fliegenden Palast nicht nur einen wichtigen Anteil an natürlicher Nahrung, sie unterstützte auch die Luftaufbereitungsanlagen in einem nicht unerheblichen Maße. Dazu kamen die vielen regelmäßigen Besucher, die unter den Bäumen, zwischen den Blumen und anderen Pflanzen ihren Ausgleich vom vielfach frustrierenden Bordalltag erhielten.
Die verstockte Haltung mancher Entscheidungsträger machte Riftia Juntos wütend. Selbst nachdem sie sich gegen alle Manipulationsversuche erfolgreich durchgesetzt hatte, fühlte sie die Frustration nachhallen, die durch die stundenlangen ermüdenden Verhandlungen in ihr ausgelöst worden war.
Weshalb ...
Riftia stutzte.
Woher kamen plötzlich die dunklen Gedanken und Gefühle? Verwirrt öffnete sie ihre Normalaugen und blickte sich um.
Sie war allein in der Anlage. Kein Wunder – der Fliegende Palast musste längst Teil der Schlacht sein. Riftia interessierte sich nicht für die Schlacht. Sie wusste, dass sie an ihrem Ausgang nichts ändern konnte.
Ihr Mann Hurku hatte sie zwar gebeten, bei ihm in der Kabine zu bleiben, aber Riftia hatte nicht eingesehen, weshalb sie ihre Arbeit niederlegen sollte, nur weil der Fliegende Palast in Kampfhandlungen verwickelt war.
Die Hydroponikerin holte ihr Analysegerät hervor und hielt es der Triffida an den Blütenkelch.
Es erstaunte sie kaum, dass sie den Stoff Mytoscaterin in der Liste der von der Pflanze freigesetzten Duftstoffe fand. Mytoscaterin verwendete die Triffida, um sich gegen Feinde zur Wehr zu setzen. Bei Rombina und anderen Hominiden löste eine größere Konzentration dieses psychoaktiven Stoffes leichte Panikzustände aus.
»Was willst du mir sagen?«, fragte sie sanft. »Ist Gefahr im Anmarsch?«
Riftia Juntos löste den Kontakt mit der Pflanze. Sie schraubte den Filter ihres Masken-Riechnetzes hoch, zog das Medizinalgerät von ihrem Gürtel und injizierte sich eine hohe Dosis Bioblocker. Das Medikament unterstützte ihren Körper dabei, die von der Pflanze freigesetzten Stoffe zu neutralisieren.
War es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen, Hurku in der Kabine allein zu lassen? Sie wusste, dass während Kampfhandlungen alle nicht relevanten Tätigkeiten ausgesetzt wurden. Zudem taten in der Hydroponikanlage genügend Bioroboter Dienst, sodass sie nicht hätte fürchten müssen, dass ihre Abwesenheit zu irgendwelchen Komplikationen geführt hätte.
Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Riftia sagte sich, dass es einzig und allein die psychoaktiven Stoffe der Triffida waren, die ihr zu schaffen machten. Aber was waren schon nüchterne Gedanken gegen Gefühle?
Ein lautes Jaulen ließ sie zusammenzucken.
Der nervtötende Ton schwang auf und ab ... Riftia benötigte einige Atemzüge, um zu erkennen, dass es sich um das Jaulen von Alarmsirenen handelte.
Die Angst brach wie eine Welle über ihr zusammen. Mit fahrigen Bewegungen zerrte sie das Komgerät aus seiner Gurthalterung. Sie drückte auf die Kurzwahltaste und blickte drei Atemzüge später auf Hurkus Maske.
»Was ist geschehen?«,
Weitere Kostenlose Bücher