PR 2690 – Der fünfte Akt
fragte sie.
»Riftia, bist du etwa immer noch in der Anlage?«, fragte ihr Mann. Die feinen Härchen an seiner Maske kräuselten sich nervös. »Komm zu mir, bitte!«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet! Was ist geschehen?«
»Der ... der Schirm ist zusammengebrochen. Wir sind ohne Schutz! Der Feind kann uns jederzeit ...« Er schluchzte. »Riftia, bitte, komm zu mir!«
Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Der Schirm ist zusammengebrochen? Aber wie kann das sein? Und weshalb leben wir dann überhaupt noch?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht wollen sie ... Weshalb bist du nicht bei mir?«
Sie blickte stumm auf seine Maske. Die beiden zinnoberroten Normalaugen blickten ihr voller Angst entgegen. Das milchig weiße dritte Auge war sekretverklebt.
»Ich komme, Hurku«, versprach sie. »Ich komme zu dir.«
»Beeil dich, bitte.«
Riftia Juntos wollte die Verbindung gerade unterbrechen, als etwas in ihrer Nähe explodierte. Die Druckwelle riss ihr die Beine unter dem Körper weg. Es gelang ihr gerade noch, schützend die Arme vor das Gesicht zu legen, bevor sie auf den mit Kies ausgelegten Gehweg schlug. Humus, Steine und Pflanzenreste prasselten auf sie nieder.
Sekundenlang hörte sie gar nichts, dann begann etwas zu fiepen, und irgendwann verstand sie, dass es ihr Blut war, das in den Ohren pochte.
Blut ... Sie schmeckte es auch auf ihrer Zunge. Ihr ganzer Mund füllte sich mit süßlichem Blut.
Erschrocken fuhr sie über ihre Maske. Die linke Seite war zersplittert. Ein Bruchstück hatte sich in ihre Wange gebohrt.
»Oh nein, bitte nicht!«, murmelte sie. »Nicht die Maske!«
Mit spitzen Fingern hob sie die Maske an und, tastete nach dem Bruchstück und zog es ruckartig heraus.
Der Schmerz, den sie zuvor nur als fernes Echo wahrgenommen hatte, explodierte in ihrer linken Wange, strahlte über das ganze Gesicht aus.
Sie warf den Kopf herum, spuckte Blut aus und merkte zu spät, dass sie die Essöffnung an der Mundpartie der Maske nicht geöffnet hatte.
Das Blut rann innerhalb der Maske über ihr Gesicht, vermischte sich mit dem Schweiß, der ihr in Strömen aus den Poren schoss.
Sie riss sich die Maske vom Gesicht, spuckte Blut, bis keines mehr kam, und setzte sie sich sofort wieder auf. Dann zog sie das Medizinalgerät vom Gürtel und injizierte sich eine doppelte Dosis Schmerzmittel.
Dann endete die Kette der logischen Handlungen.
Was kam nun? Was musste sie tun?
Schluchzend blieb sie liegen, versuchte irgendwie einen logischen Ablauf der Ereignisse zu finden. Was bei allen Sternenteufeln war geschehen? Dann erinnerte sie sich an ...
»Hurku«, flüsterte sie.
In wilder Panik tastete sie über den Boden, bis ihre Fingerspitzen endlich die spiegelglatte Oberfläche des Komgeräts ertasteten.
Sie hob es hoch – und sah, dass die Verbindung zu Hurku unterbrochen war. In fieberhafter Eile versuchte sie ihn erneut anzurufen, aber der palastinterne Komkanal funktionierte nicht mehr.
Erneut krachte etwas ohrenbetäubend laut.
Sie blickte auf.
Riftia sah den Weltraum. Und Sterne. Über ihr klaffte ein riesiger Riss in der Decke der Hydroponikanlage. Die Katastrophenautomatik hatte sofort Prallschirme aktiviert, die ein Entweichen der Atmosphäre verhindert hatten.
Die Sterne bewegten sich, schoben sich näher an den Riss heran. Raumschiffe.
»Ich muss hier raus«, murmelte sie. »Ich muss zu ... Hurku.«
Riftia Juntos wälzte sich herum. Erst im zweiten Anlauf schaffte sie es, sich hochzustemmen. Die Explosion, die Druckwelle oder der Sturz hatten ihrem Gleichgewichtsorgan nicht gutgetan.
Schwankend kam sie hoch.
Erst in diesem Moment gewahrte sie die immensen Verwüstungen in der Hydroponikanlage. Die Dornbüsche standen in Flammen. Durch die Rauchschwaden hindurch sah sie die stattlichen Bäume von ihrem Heimatplaneten. Sie ragten wie zersplitterte Skelette in die Höhe. Die Bomben – oder was die Explosionen auch immer ausgelöst haben mochte – hatten direkt im Erinnerungswald eingeschlagen.
Nur die sprichwörtliche Zähigkeit der Stämme hatte verhindert, dass Riftia umgekommen war.
Alles war dahin. Jahrelange liebevolle Arbeit war innerhalb von Sekundenbruchteilen zerstört worden.
Vor ihren Füßen lag die Triffida. Die Druckwelle hatte den Blütenkelch abgetrennt. Er zuckte leicht.
Riftia bückte sich und hob ihn hoch, presste ihn wie ein Kleinkind an ihre Brust.
»Hurku, mein Schatz«, murmelte sie. »Ich komme zu dir. Warte auf mich!«
Sie sah sich um. Zwei der drei
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