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PR 2694 – Todeslabyrinth

PR 2694 – Todeslabyrinth

Titel: PR 2694 – Todeslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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gemacht.«
    »Er hat auch auf dich gewartet.«
    »Aber nein, Ani. Er wusste, dass ich in Gedanken bei ihm war. Viel wichtiger ist, dass du bei ihm warst. Ich war einmal seine Frau, aber du wirst immer seine Tochter bleiben.«
    Sie hätte ihre Tochter gern in die Arme geschlossen, wagte es aber nicht. Sie hatten sich nicht als Mutter und Tochter begrüßt, ja nicht einmal als Fremde. Henrike hatte ihre Tochter schon lange verloren, allein durch ihre eigene Schuld. Und nun war sie auch noch ... fremd geworden. Sie war schön, sie wirkte selbstbewusst, sie sah gesund aus – doch diese Augen. Diese Haltung. Diese ... Reglosigkeit in der Miene. Sie erkannte ihr Kind nicht mehr.
    Der Konsul der Sayporaner hatte die Augen auf sie gerichtet, aus dem milchigen linken trat eine zähe, kupferfarbene Träne. Er weinte doch nicht etwa um Shamsur? Das konnte Henrike nicht glauben.
    Während sie näher an die Bahre trat, sah sie flüchtig, wie Chourtaird mit einer beiläufigen, fließenden Bewegung einen etwa eineinhalb Meter langen und ungefähr zehn Zentimeter durchmessenden, mattblauen Stab in einen gleichfarbigen Köcher schob und diesen auf den Rücken schwang.
    Unwillkürlich erinnerte sich die Erste Terranerin, dass Marrghiz und andere Sayporaner ebensolche Pfähle und Köcher getragen hatten.
    Sie schob den Gedanken als unpassend beiseite und wandte sich dem Toten auf der Bahre zu.
    Obwohl sie seit Wochen mit dieser Nachricht gerechnet hatte, fühlte sie sich keineswegs gefasst. Sie hatte ihn vermisst. Sie hätte viel früher kommen müssen.
    Zu spät. Immer zu spät. Ihre Schuld.
    »Hat er lange leiden müssen?«, fragte sie leise.
    »Nein«, antwortete Anicee. Sie klang weiterhin so kühl und distanziert wie eine Fremde. Inzwischen schien sie ihre Mutter nicht einmal mehr zu hassen. Sie war ihr ... gleichgültig geworden. »Sein Verstand war klar, als ich ihn besuchte ... letzte Nacht. Wir haben geredet. Er nahm Abschied, und dann ließ er los.«
    »Ja.« Henrike glaubte ihr.
    Shamsur sah so friedlich und entspannt aus, als schliefe er. Nur die wächserne Blässe, die feine Kälte, die er verströmte, und seine völlige Reglosigkeit zeigten, dass kein Leben mehr in ihm war. Zu spät, sich Vorwürfe zu machen. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen, mit allen Konsequenzen. Dazu musste sie nun stehen. Doch sie war froh, dass sie sich wenigstens diesen Moment genommen hatte.
    Zeit für den Abschied. Henrike beugte sich über Shamsurs Leichnam, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. Da stutzte sie. Dort, unter dem Haaransatz, verlief eine hauchfeine rote Linie.
    Schlagartig überfiel sie die Erinnerung an den Pfahl und den Köcher, die sie vorhin beiseitegeschoben hatte. Es handelte sich um Geräte, mit denen die von den polysymbiotischen Sayporanern benötigten Fremdorgane ausgetauscht und mit dem eigenen Körper verschmolzen wurden.
    Henrike fuhr zurück, erfüllt von Grauen.
    »Was habt ihr getan?«
     
    *
     
    Zeit, nach Hause zu gehen. Aber der Chefmediker wollte noch warten, bis alles ... vorbei war. Erst dann wollte er sich eine Ruhepause gestatten.
    Er war froh, dass es vorbei war. Und trotzdem würde er Shamsur Routh vermissen, sosehr er sich auch einreden mochte, dass er ein Patient gewesen war – nur ein Patient.
    Palko war bereits gegangen, er hatte die ganze Nacht Wache gehalten und war bis zur Aufbahrung geblieben. Dann konnte er sich kaum mehr aufrecht halten, und Saram hatte ihn gezwungen zu gehen.
    »Er hatte tolle Geschichten auf Lager«, murmelte er beim Weggang. »Ich hab eine Menge von ihm gelernt.«
    Dem konnte Saram nur zustimmen.
    Und nun blieb nicht mehr viel. Die Zeit bis zum endgültigen Abschied würde er mit ein wenig Arbeit ausfüllen.
    Saram Ialtek ging die aktuellen Berichte der Besatzungsmitglieder der BOMBAY durch. Sie konnten vermutlich morgen entlassen werden, alle Werte sahen sehr gut aus.
    Und dann stolperte er wieder über den Namen. Aiden Cranstoun.
    Das ging ihm jetzt nicht mehr aus dem Kopf. Cranstoun ... Cranstoun ... woher kannte er diesen Namen nur?
    Nicht persönlich, dessen war er sicher, aber er hatte ihn schon einmal gehört. Es konnte nicht einmal lange her sein. Doch wann genau und wo? Er grübelte und zerbrach sich den Kopf. Zwang sich, rational vorzugehen, die Erinnerungen des letzten Tages abzurufen, dann des Tages davor.
    Und auf einmal hatte er es. Er öffnete die betreffende Akte als Holo und gab den Namen als Suchwort ein. Und da war er auch schon, in einem

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