PR 2698 – Die Nekrophore
Weltenschiffs, und der Fluss der Zeit schien einen Herzschlag lang auszusetzen, so stark war die geradezu knisternde Aura, die sie ausstrahlte.
Bislang hatte Rhodan sie nur einmal gesehen, in einem knöchellangen Chiton, und geglaubt, sich im Weltraum zu verlieren, als er auf dessen seidig fließenden Stoff geschaut hatte. Dann hatte sie den Anzug der Universen angelegt, den sie weiterhin trug, und sie machte darin einen noch stärkeren Eindruck.
Rhodan verspürte unwillkürlich Beklemmungen, als er das Kleidungsstück sah, das viel mehr war als nur das. Es hatte ihn monatelang missbraucht, ihn gezwungen, als bloßer Bote zu handeln.
Die Ärmel und Beine des Anzugs reichten der kleinen Frau bis zur Mitte der Unterarme und knapp unter die Knie.
Aus ein paar Metern Entfernung machte das blaue Material einen lackfoliendünnen Eindruck. Von der Höhe der Rippenansätze bis etwa knapp über die Knie hob sich beiderseits eine quer gestreifte, vielleicht fünf Zentimeter breite Bahn ab, die aus fingerbreiten, übereinander angeordneten hellroten Wülsten bestand. Fast genauso dick waren die breiten, halbrund gewölbten Epauletten aus einem grauen Material, die einen roten Kreisring aufwiesen. Grau waren auch die beiden dreieckig geschwungenen Aufsätze, die von den Epauletten in Richtung Brustbein wiesen, und das dazwischen platzierte graue Dreieck mit den abgerundeten Kanten.
Ich weiß, was es bedeutet, diesen Anzug zu tragen, dachte Perry Rhodan. Ich weiß, wie er ganz subtil den Willen seines Trägers unterwirft ...
Aber Rhodan hatte nicht das Gefühl, dass es bei Samburi Yura ebenso war. Natürlich nicht, der Anzug war für sie bestimmt gewesen. Hätte er damals nicht jenen verborgenen Raum in der BASIS betreten und Delorian darin überrascht, wären ihm viele Manipulationen erspart geblieben.
Und ihr Haar ... Es schien sich nach anderen Gesetzen zu bewegen als der Rest ihres Körpers. Es war schulterlang und tiefschwarz, und wenn sie den Kopf drehte, schien es die Bewegung nur zeitverzögert und wie in Zeitlupe nachzuvollziehen.
Sie wirkt fast ... martialisch in dem Anzug, dachte Rhodan, aber sie strahlt etwas ganz Besonderes aus.
Delorian ging zu ihr und umarmte sie kurz in einer fast anrührenden Geste. Rhodan musste an Liebende denken, die sich eine Ewigkeit lang nicht mehr gesehen hatten und nun stumm übereinkamen, die eigentliche Begrüßung zu verschieben, bis sie allein waren.
Aus dem Augenwinkel beobachtete Rhodan Alaska Saedelaere. Die Körpersprache verriet den Mann mit der Maske.
Er stand da, als wisse er nicht, was er nun tun sollte. Es war ihm unangenehm, Samburi Yura wiederzusehen, das spürte Rhodan genau.
Und auch Eroin Blitzer starrte Samburi Yura mit undeutbarer Miene an. Sie schien den treuen Androiden gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, nach allem, was er für sie getan hatte. Er hatte Kontakt mit Saedelaere aufgenommen, damit er sich auf die Suche nach ihr machte, hatte während dieser Suche fast sein Leben gelassen, und nun ignorierte sie Blitzer, als habe er die ihm zugedachte Aufgabe erfüllt und spiele nun keine Rolle mehr. Eroin versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, doch Rhodan vermutete, dass er in der tiefsten Androidenseele getroffen war.
»Samburi war in der Solsystem-Anomalie und hat dort unter anderem das Multiversum-Okular vorbereitet«, erklärte Delorian knapp. »Das Okular und die Versorgungseinheit haben das Totenhirn gefunden und werden sich bald mit ihm vereinigen.«
»Was genau hast du mit dem Multiversum-Okular angestellt?«, wandte er sich stattdessen an die Enthonin.
»Für ausführliche Erklärungen haben wir keine Zeit«, blockte Delorian an ihrer statt die Frage leichthin. »Jedenfalls ist Samburi nun wieder zurück, und wir ...«
»Nein«, unterbrach Rhodan ihn ruhig, aber nachdrücklich. »Du verheimlichst uns für meinen Geschmack zu viel. Ich hätte mich viel wohler in meiner Haut gefühlt, wenn ich gewusst hätte, dass die LEUCHTKRAFT nicht einsatzbereit ist.«
»Ich wusste es selbst nicht, Vater. Jedenfalls nicht mit absoluter Sicherheit.«
»Das ist reine Haarspalterei! Du hast es mir verschwiegen.« Rhodan atmete tief durch, versuchte, sich zu beruhigen. Er wollte nicht schon wieder die Beherrschung verlieren wie schon einmal bei ihrem Gespräch, das dann prompt außer Kontrolle geraten war.
Bei einem Gespräch zwischen Vater und Sohn, dachte er.
Delorian sah ihn gleichmütig an. Nicht trotzig, nicht aufsässig, einfach nur uninteressiert.
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