PR Action 07 Aufstand Der Grall
wieder der lebensbedrohlichen Situation stellte.
Ebenso schnell wie ihn die bedenkliche Anwandlung überkommen hatte, reagierte er dann auch. Wie von einer Stahlfeder getrieben, schnellte er vom Boden hoch und schnarrte: »Was ist mit dieser Stabwaffe?«
»Wurde zerstört - von Ihnen.«
»Gut so.«
»Gut so?« In Zhous Blick lag Zweifel, und er wusste, warum. Inzwischen schien auch ihr zu dämmern, dass sie das selbstzerstörerische Verhalten der Wächterroboter dem fremden Waffenprinzip zu verdanken hatten - ebenso wie die eigene vorübergehende geistige Beeinträchtigung.
»Das Ding hätte uns alle umgebracht.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Er blieb ihr die Antwort schuldig. Seiner Vermutung nach handelte es sich bei dem Segmentstab möglicherweise gar nicht um eine Waffe im eigentlichen Sinn, sondern um ein »Instrument«, mit dem die Regenten der Energie sich die Grall gefügig machen konnten, um sie entführen und »operieren« zu können. Zur Waffe wurde das Ding vielleicht nur in den falschen Händen.
Aber warum sollte er diesen Gedanken mit Zhou teilen?
Mit einem Blick in die Runde machte er sich ein Bild der Situation. »Warten Sie!«, rief er zischend.
Die junge Medikerin schüttelte den Kopf. »Was haben Sie vor? Wir müssen so schnell wie möglich von hier .«
Er wischte ihren Einwand mit einer barschen Geste beiseite, noch bevor sie ihn überhaupt vorbring en konnte. Ohne seine Hilfe würde Dr. Jiang Zhou es wohl nie begreifen: Die gegenwärtige Lage war unter Kontrolle! Die Gefahr durch die Wächterroboter war zumindest vorübergehend zum Erliegen gekommen. Momentan bot sich ihnen - ihm! - dadurch eine große Chance, die er nicht ungenutzt verstreichen lassen konnte.
Bevor dieses Chaos ausgebrochen war, hatte er ganz dicht vor
einer bahnbrechenden Entdeckung gestanden. Hätte Zhou die Waffe nicht gefunden .
... wäre ich längst dort, wo ich jetzt hinwill!
Doch hätten sie dann auch den konzentrierten Wächterangriff überlebt? Diese Frage erlaubte sich Noarto im Moment nicht. Wie sagten die Terraner:
Über vergossene Milch muss man nicht reden. Und überhaupt waren die Nachwirkungen der Waffe, die sowohl ihm als auch Dr. Zhou - am stärksten aber den positronisch gesteuerten Robotern - zugesetzt hatte, restlos verflogen.
Noarto kam bei der Konsole in der Raummitte an. Gern hätte er sich die Akribie und Leidenschaft, mit welcher sich die Roboter ihrer Selbstzerstörung gewidmet hatten, noch einmal aus sicherer Position angeschaut. Jetzt aber galt es erst einmal, den zwischenzeitlich aus den Augen verlorenen und außer Reichweite geratenen Schatz zu bergen!
Hinter sich hörte er Jiang Zhou fluchen, wie diese zarte Person vermutlich noch niemals zuvor geflucht hatte. Sah sie neue Gefahren heraufziehen? Es interessierte ihn nicht; er ließ es nicht an sich heran. Er musste seine leistungsstarke Kleinpo-sitronik, die sich in seiner künstlichen Schädelplatte verbarg, drahtlos mit der Fremdpositronik der Konsolenschnittstelle koppeln - und noch einmal würde ihn die Asiatin nicht daran hindern.
Noarto wiederholte das Prozedere, das schon einmal zum Erfolg geführt hatte. Diesmal wollte er sich nicht mit zweit- oder gar drittrangigen Informationen abspeisen lassen. Diesmal suchte er von Anfang an jene Dateien, die in einem gesonderten Ordner mit speziellem Prioritätsvermerk abgelegt waren.
Fremd war die Technik, in die er eintauchte, immer noch, aber die Kybernetik hatte ihre universell gültigen Gesetze. Und Daten wurden im Allgemeinen nach einer universell gültigen Logik abgelegt, gesichert .
Da!
Noarto hätte nicht sagen können, wie lange er bereits in raubvogelartiger Haltung über der Konsole stand; seine Arme wie Schwingen und sein Kopf ein tödlicher Schnabel, der jederzeit zustoßen konnte. Für die Dauer der Aktion vergaß er Zeit und Raum völlig. Dann fand er ihn, den Datencluster! Und sein Bauchgefühl sagte dem Ara sofort, dass er all die Mühen, all die Gefahren und Risiken, die er just auf sich nahm, wert war.
Fast mühelos erlangte Noarto Zugang, dann stand er staunend vor einem Wust von aberwitzigen Klonierungs-Ergebnissen, genetischen Experimentanalysen und Entwicklungsstudien. Datenströme eröffneten ihm binnen Sekunden eine ganz neue Sicht der Dinge, als sei ein Vorhang in seinem Kopf gefallen, der bisher sein Sehvermögen behindert hatte. Ein Berg von Informationen, klar strukturiert und von einem wissenschaftlich geschulten Verstand wie dem seinen
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