PR Action 32 Eismond Iridul
hätte, mit ihnen einen Dialog zu führen. Weil er nicht gewusst hätte, wie man mit solchen Männern einen Dialog führte.
Saquola musste ihn befreien kommen. Vladimir Iljakin blieb keine andere Hoffnung.
6. Saquola
14. Juli 2169
Saquola liebte perfekte Auftritte.
Schon vor Wochen hatte er eine riesige Kaverne in das ewige Eis von Iridul schmelzen lassen. Nun standen alle darin versammelt, umgeben von gewaltigen, dunkelblau schimmernden Eismassen. Schutzschirme und Generatoren sorgten dafür, dass seine alten und neuen Verbündeten nicht froren und ihnen genügend Luft zum Atmen zur Verfügung stand.
Der 7500 Kilometer durchmessende Fels- und Eisbrocken besaß seit Urzeiten keine Atmosphäre mehr. Forscher gingen davon aus, dass sie sich damals niedergeschlagen und den kleinen Planeten in eine Eiswüste mit riesigen, scharfkantigen Gebirgen verwandelt hatte. Die Schwerkraft betrug erstaunlich hohe 0,95 Gravos.
Alles war vorbereitet. Seine dunkle Garde stand v-förmig aufgestellt hinter der kleinen Bühne, die aus zwei Anti-gravplattformen und einem Verbindungselement bestand. Davor scharten sich die befreiten Häftlinge. Einige standen in kleinen Gruppen zusammen und diskutierten, andere hielten sich im Hintergrund auf und machten sich keine Mühe, ihr Misstrauen zu verbergen.
Der ehemalige ferronische Spitzendiplomat lächelte.
Es waren genau 97 Verurteilte, die während der fast perfekt abgelaufenen Kommandoaktion aus Chrek-Torn befreit worden waren.
Einzig der Verlust des Telekineten und Teleporters Vladimir Iljakin trübte die positive Bilanz. Saquola wusste, dass er in dieser Angelegenheit aktiv werden musste. Nicht nur war ihm der Marsgeborene ausgesprochen sympathisch gewesen; es galt auch zu verhindern, dass er Rhodan Dinge verriet, die seinen Gegenspieler nichts angingen.
Saquola betätigte ein Sensorfeld an seinem Multifunktionsarmband. Darauf wurde das Licht aus den starken Schein-wer fern gedämpft, und aus den zwei Dutzend Lautsprechern erklangen die ersten Takte des ferronischen Heldenepos Der Unsterblichkeit blauer Quell des legendären Komponisten Kardoleon. Der erste Tfeil der Oper drehte sich um einen einfachen ferronischen Bauern, der ausgezogen war, die Antwort auf eine Frage seines Sohnes zu finden, die er nicht beantworten konnte: Gibt es Wesen, die länger leben als die Sonne?
Es handelte sich um eine Aufnahme der terranischen Staatsoper, die es nach Saquolas Meinung am besten geschafft hatte, mit ihren Streichern den melancholisch-optimistischen Grundtenor wiederzugeben, wie er von Kardoleon einst gefordert worden war.
Saquola berührte mit einer Fingerkuppe erneut das Sensorfeld. Der Reihe nach glühten mehr als 700 Leuchtstäbchen auf, die er tief in die Wände des Eisdomes hatte treiben lassen.
Einen Moment lang gab sich Saquola selbst dem Staunen hin. Sich eine solche Szenerie auszudenken war das eine, sie zu erleben etwas ganz anderes. Saquola hatte den Eindruck, inmitten eines Sternhaufens zu schweben und zu erleben, wie Sonnen entstanden und wieder vergingen. Ein Wesen, das sich daran erfreute, die Zeit zu beobachten, wie sie dahin-glitt.
Tränen traten in seine Augen. Sein Publikum mochte aus Verbrechern bestehen, darunter ruchlose Mörder, Vergewaltiger, Räuber, Verräter. Personen, denen man gemeinhin die Fähigkeit ab sprach, Gefühle zu empfinden und Freude zu haben an den schönen Seiten des Lebens.
Saquola wusste nur zu gut, dass dem nicht so war. Er zählte darauf, dass seine Zuhörer zumindest etwas gemeinsam hatten: die Sehnsucht nach der Feme, seien es nun die Sterne oder die Jahre nach ihrer natürlichen Lebensdauer. Bei dieser Sehnsucht wollte er sie packen.
Ein Scheinwerfer entflammte und tauchte die kleine Bühne in goldenes Licht.
Saquola wischte sich kurz das Tränensekret von den Wangen und ging dann mit weit ausholenden Schritten auf die Bühne zu, die in der Mitte des Domes wartete. Er betrat das Verbindungselement, auf dem ein halbkreisförmiges, hüfthohes Gitter montiert war. Automatisch erhob sich die Bühne in zehn Meter Höhe.
Die letzten Gespräche verstummten. Saquola spürte den Blick aus zehn Dutzend Augenpaaren auf sich. Ferronen, Menschen und andere warteten auf das, was er ihnen zu sagen hatte.
»Freunde!«, begann er. Seine Stimme füllte den gesamten Dom aus, klang warm und kräftig, wie er es beabsichtigt hatte. »Ich wollte Sie hier und heute als Freunde begrüßen. Dann ging ich nochmals in mich und erkannte, dass dieses Wort
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