PR Andromeda 01 - Die brennenden Schiffe
ausgeprägte Gefühle hegte, weder positive noch negative. Eine Mitarbeiterin der Bibliothek des Terrania Institutes of Technology ... Er wusste gar nicht, weshalb sie dort in diesem riesigen Saal saß. Wer irgendwelche Fragen hatte, konnte sich direkt an die Syntronik der Bibliothek wenden ...
Möge sie glücklich und zufrieden leben.
Bi seufzte.
Der Zeiger der Uhr sprang vor. Und wieder zurück.
Dann konzentrierte er sich auf eine schwierige, ja gar feindselige Person. Physikprofessor Lernet Pranka. Er war damals um die achtzig Jahre alt gewesen, groß und schlank, und hatte unter seiner hohen Stirn eine strenge Miene zur Schau getragen. Und genau so autoritär und unerbittlich, wie er wirkte, war er auch gewesen. Er hatte einst als Student unzählige Semester Hyperphysik absolviert, ohne je einen Abschluss zu schaffen, hatten sie damals gemunkelt, aber das konnte nicht stimmen. Sonst hätte er als Professor am Terrania Institute of Technology Bi nicht das Leben zur Hölle machen können.
Möge er glücklich und zufrieden leben.
Vor und zurück. Und wieder vor und zurück.
Bi stellte sich nun alle vier Personen, sich selbst und die drei anderen, in einem Kreis um sich herum vor und versuchte, für alle in gleicher Weise metta zu entwickeln, sodass er für keine weniger liebende Güte, Wohlwollen und Freundlichkeit empfand als für eine andere. Und er erlaubte der metta, sich immer mehr und in alle Richtungen auszudehnen, bis sie die gesamte Welt umfasste: die kleinen Tiere auf seiner Haut und in seiner Bettäwsche, die Terraner und Epsaler und Arkoniden und all die anderen Lebewesen sonst, welche die JOURNEE mit ihm teilten, große und kleine, gute und weniger gute, sämtliche Wesen in sämtlichen Raumschiffen, die gerade den Hyperraum durcheilten, sämtliche Wesen in sämtlichen Galaxien dieses Universums.
Mögen alle Wesen glücklich sein!
Und die Uhr tickte und tickte, mit einem altmodischen, anachronistischen Zeiger, und der Zeiger sprang in einem asynchronen Rhythmus immer wieder vor und zurück ...
Bi atmete tief aus, öffnete die Augen und erhob sich aus dem Lotussitz.
Normalerweise saß er auf einem Stuhl vor dem Schrein. Meditierende mussten auf ihre Kniegelenke achten, aufpassen, dass sie keine Krampfadern bekamen, und mit fast sechzig Jahren spürte Bi Natham Sariocc die ersten Folgen seiner langjährigen Meditationspraxis bereits, obwohl er nebenbei noch Yoga betrieb.
Aber heute hatte er sich besonders viel abverlangen wollen.
Er hatte bereits vor Beginn der Meditation geahnt, ja befürchtet, dass es ihm schwer fallen würde, sich zu konzentrieren.
Bei der fünften Phase hatte er völlig versagt. Es lag an der Uhr.
An der Uhr, die vor seinem inneren Augen unentwegt tickte, deren altmodischer Zeiger immer wieder vor und zurück sprang.
Lag es wirklich an der Uhr? Was sie nicht nur ein Bild für etwas, das er noch nicht entschlüsselt hatte? Das in seinem Unterbewusstsein darauf wartete, endlich freigelegt und vom Licht der Erkenntnis erhellt zu werden ?
Und wieso sah er sie ständig vor seinem geistigen Auge? Aber es half alles nichts, er hatte metta nicht entwickeln können, jenes starke Gefühl der Zuneigung oder Liebe, wie man es für einen sehr guten Freund empfand. Doch der Bewusstseinszustand, den er durch die Meditation erreichen wollte, ging weit darüber hinaus und beschränkte sich nicht nur auf einen oder wenige Menschen, sondern schloss alle Menschen, ja sogar alle Lebewesen in einem machtvollen Gefühl umfassender, starker Freundlichkeit und Liebe ein.
Bi Natham Sariocc war praktizierender Buddhist. In jungen Jahren hatte er einmal über eine Ordination nachgedacht, sich sogar danach erkundigt, doch dann war er auf der weltlichen Seite geblieben.
Sariocc lächelte leicht. Praktizierender Buddhist. Damit drückte er aus, dass der Buddhismus nicht nur der religiöse Glaube war, in den er hineingeboren war, sondern er versuchte, Dharma zu befolgen, die Lehren des Buddha, das Leben eines Menschen zu führen, der sich von diesen Lehren angesprochen fühlte.
Der Sinn meines Lebens, dachte Bi. Die Überwindung des Leidens und damit auch der Wiedergeburt - die er allerdings keineswegs für tröstlich hielt - durch die fortwährende Entwicklung von Achtsamkeit und Mitgefühl, also durch die Übung von Meditation, Reflexion und rechtem Handeln.
Er wollte liebende Güte, Wohlwollen und Freundlichkeit für seine gesamte Umwelt, doch er war Realist genug, um zu wissen, dass sein
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