PR Ara-Toxin 01 - Die Galaktischen Mediziner
Dudelsack herum spazierten vier Wesen: der Spottvogel, ein zorniger Bär, die Personifizierungen von Hochmut und Habgier. An ihrer Hand führten sie Aras, immer um den Dudelhodensack herum. Es war ein ewiger Kreislauf, aus dem es kein Entrinnen gab.
Der ovale Körper des sogenannten Baummenschen erinnerte an ein geborstenes Ei. Im Inneren des Eis tummelte sich eine Reihe absonderlicher Leute. Die Beine des Baummenschen erinnerten an dicke, knorrige Baumstämme, nur dass sie nicht in der Erde wurzelten,
sondern in zwei Booten steckten, die im Eis festgefroren waren.
Wie kam Eis in die Hölle? Aber darüber verwunderte sich Tatarosch nur für einen Moment. Dann wandte er sich wieder dem geheimnisvollen Gesicht zu, das in dieser oder leicht veränderter Form in vielen Gemälden von Hieronymus Bosch auftauchte.
Wer war dieser Mann, den Bosch mit diesem Bild hatte in die Hölle fahren lassen?
Tatarosch sann darüber nach, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Verärgert darüber, wandte er sich jener Szenen zu, die dieser Hölle ihren Namen gegeben hatte: der Instrumentensammlung.
Eine Harfe, eine Flöte und eine Leier. Sie waren der Grund dafür, dass Tatarosch sich sogar mit dem Studium altterranischer Musikinstrumente beschäftigt hatte. In die Saiten der Harfe war bei Hieronymus Bosch ein wehrloser Mensch eingespannt. Vier Aras versuchten, ihn zu befreien, und entlockten der Harfe ganz widersprüchliche Klänge: süß und bitter, schreiend und schläfrig.
Flöte und Leier drückten im Original einen Menschen zu Boden, auf dessen Hinterteil Noten geschrieben waren. Die Hölle des Simusense dagegen zeigte auch hier einen Ara als Opfer. Und so war es hier auch ein Ara, der eine Flöte blies, deren Ende einem anderen Ara im Anus steckte, der sich daraufhin aufblähte, bis er platzte, worauf die Höllenbrut einen neuen Ara vor die Flöte spannte.
Was die Instrumente durch diese perverse Handhabung produzierten, war eine schaurige Kakofonie - von gleichzeitig unerhörtem Liebreiz, gnadenloser Anmut. Musik aus einer anderen Dimension.
Tatarosch hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, doch er bemerkte, dass er seine Hände, seine Ohren, seinen Körper verloren hatte. Er war nur noch Geist.
»Ich sehe dich in faszinierter Betrachtung vertieft, Freund Tatarosch«, hörte er plötzlich eine wohlklingende Stimme neben sich sagen.
Tatarosch wirbelte herum und sah - das geheimnisvolle Gesicht vor sich. Die Kreatur war auf den beiden Booten wie auf Schlittschuhen heran geglitten.
»Wer bist du?«, fragte Tatarosch.
Das Gesicht zeigte die Andeutung eines feinen Lächelns.
»Diese Frage beschäftigte viele, seit die musikalische Hölle in Betrieb genommen worden ist«, sagte der lächelnde Mund. »Folge mir, wenn du die Antwort hören willst.«
Tatarosch hätte, wie er formulierte, seine Seele für die Ergründung dieses Geheimnisses gegeben. Hatte sich Hieronymus Bosch damit in seinem Bild selbst verewigt? War es das Bildnis eines Freundes, vielleicht seines Geliebten? Oder zeigte es den Herrn dieser Unterwelt?
Tatarosch folgte dem Geheimnisvollen, der sich auf das Zentrum der musikalischen Hölle zu bewegte.
Übergangslos fand Tatarosch sich in nüchterner Umgebung wieder. Er kam in einem Lagerraum zu sich, aufgebahrt auf einem harten Tisch. Er spürte das Gewicht des Simusense-Helmes auf dem Kopf, aber er empfing keinerlei Impulse mehr. Er fühlte sich enttäuscht und innerlich leer.
Der Ara setzte den Helm ab, schwenkte die Beine vom Tisch und erhob sich. Die weite Halle stand voller Tische, die seinem gleich waren. Es waren ihrer Hunderte. Er schritt die Reihen ab und sah auf jedem einen Ara unter dem Simusense-Helm liegen.
Einige Gesichter erkannte er: Algomaas, Nonamo, Pestrau, Immingurd, Surram und Winkaorr.
Tatarosch war kein Arzt, aber er war Ara genug, um die Anzeigen der Bioüberwachungsmonitore interpretieren zu können: Die Aras hier lagen im Koma, gehirntot, ohne Hoffnung auf ein Erwachen. Verdammt zu einem Leben in der Hölle, die sich ein Terraner vor Jahrtausenden ausgedacht hatte.
Tatarosch verließ die Halle. Niemand hielt ihn auf. Er ging zum Raumhafen. Wie nicht anders zu erwarten, stand seine Jacht allein auf dem Landequadrat, die HADES war abgeflogen. Von Bord seiner Jacht forderte er über Hyperkom Hilfe an.
Merkwürdigerweise aber waren seine Gedanken nicht in erster Linie bei den Hirntoten. Vielmehr ärgerte er sich darüber, dass er das Geheimnis des rätselhaften Gesichts nicht
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