Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
zerbrach, der Rest der goldgelben Flüssigkeit und die Eiswürfel verteilten sich über den ohnehin schäbigen Teppich. Ein paar Flecken mehr oder weniger, was machte das schon?
    Jacky verstellte ihrem Bruder den Fluchtweg, deshalb bekam ich John am Arm zu fassen und zerrte ihn herum. »Laß mich los, Dad!«, kreischte er. »Ich habe nichts getan, das war Jacky!« Ich schlug zu. Wahrscheinlich schmerzte mich der Schlag mehr als den kleinen Rabauken, aber das hatte ich schon lange tun sollen, anstatt alles in mich hineinzufressen. John schrie und brüllte wie am Spieß. Mir rutschte die Hand ein zweites Mal aus. Danach war Stille, ich konnte es selbst nicht fassen. John lag reglos am Boden, alle viere von sich gestreckt. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, aber vermutlich feixte er hämisch und heckte schon den nächsten Streich aus. Diese Stille war ungewöhnlich.
    »Reginald« Tess erschien unter der Tür. Wie eine Walküre stand sie da und hielt Jack Daniel nackt im Arm, sein Hintern war verschmiert, und zu allem Überfluß begann er auch noch zu pinkeln »Mußt du den Whisky über den Teppich kippen? Du säufst zuviel, Dickwanst. Ich frage mich, wie ich so blöd sein konnte, dich zu heiraten.«
    »Du … « Entgeistert starrte ich sie an und registrierte nur am Rande, daß William zwischen ihren Beinen hindurchrobbte und gleich darauf mit Jacky und John zusammen durchs Zimmer tobte. »Du fragst dich … ?« Meine Stimme kippte, ich konnte nur noch Luft holen, und plötzlich war da der unwiderstehliche Wunsch, die nächste Flasche Whisky in einem Zug hinunterzukippen, um diesem Drama ein Ende zu bereiten.
    Etwas klirrte ohrenbetäubend. Jacky begann wie am Spieß zu schreien. Das war einer ihrer grundlosen Tobsuchtsanfälle. Sie konnte das perfekt, sich minutenlang am Boden walzen und brüllen. Meist standen dann unsere Nachbarn auf der Matte, und wenn ich an den muskelbepackten Kiffer von nebenan dachte. »Hört endlich auf damit«, keuchte ich. »Ich hab's satt, endgültig satt. Ist das klar?«
    »Schrei die Kinder nicht an!« schnappte Tess. Damit kam sie mir gerade recht, ich dachte nicht daran, wieder klein beizugeben.
    »Es schneit«, jubelte John gleichzeitig und meinte die alte Galaxy-Ausgabe, die bis heute alle Höhen und Tiefen überlebt hatte, nun aber in tausend Fetzen durch den Raum wirbelte.
    Meine Faust donnerte auf die Kommode neben mir. Das Holz knirschte verdächtig, die beiden verstaubten Bilderrahmen mit den Porträts von Tess' lausiger Verwandtschaft kippten und zerschellten auf dem Boden. »Ruhe!«, brüllte ich, daß die Wände wackelten. Genau das hatte ich schon lange tun sollen, ich war viel zu gutmütig, aber irgendwann reichten auch meine Nerven nicht mehr aus, um das Chaos länger zu ertragen. »Wer noch einen Mucks von sich gibt, den klatsche ich an die Wand und lasse ihn dort kleben.«
    »Hä?«, machte John überrascht. Zwei, drei endlos lang anmutende Sekunden hielt er inne, dann zerrte er Jacky an den Haaren, und seine Zwillingsschwester begann hemmungslos zu heulen.
    »Ruhe!«, schrie ich außer mir. Ich dachte an Jack the Ripper.
    Mit den Fingern wischte Tess über Jack Daniels Hintern, rümpfte angewidert die Nase und versuchte prompt, ihre Hand am Türrahmen zu säubern. »Da siehst du, was du in deinem Jähzorn wieder angerichtet hast«, warf sie mir vor. »Damals in der Schule dachte ich, du könntest kein Wässerchen trüben.«
    »Damals warst du auch ganz nett«, konterte ich.
    Wütendes Hämmern an der Eingangstür ließ mich herumfahren. Es klang, als dresche Fred Feuerstein höchstpersönlich mit beiden Fäusten dagegen. Nur brüllte ein dumpfer Baß nicht »Wiiilllmaaa!«, sondern schlicht und einfach »Bull!«
    »Wir sind nicht da«, ächzte ich. »William, bleib weg von der Tür! Hörst du nicht?«
    Zu spät. Unser Ältester hatte wieder einmal nichts eiliger zu tun, als die Tür weit aufzureißen. Der Kiffer von nebenan paßte gerade hindurch. Zwei Meter groß war er allemal, und was ihm an Hirnmasse fehlte, steckte im Bizeps und den Oberschenkeln — die Natur sorgte eben immer für einen Ausgleich.
    »Was soll der Lärm, he?« Er schob Tess zur Seite und massierte demonstrativ seine Pranken. »Du weißt, Nachbar, daß ich tagsüber meinen Schlaf brauche. Oder hast du das vergessen? Ich helfe deinem Gedächtnis gern auf die Sprünge.«
    Schönheitsschlaf? schoß es mir durch den Sinn. Mit seinem gelben Pferdegebiß hätte er gut daran getan, vierundzwanzig Stunden

Weitere Kostenlose Bücher