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PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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selbst betroffen war. Aber genau so sollte es nicht sein.
    Die Frage nach einem tieferen Sinn wurde zum Stochern in offenen Wunden. Das Schicksal kannte keinen Sinn, bestenfalls eine Abfolge von Zufällen, die von namhaften Kosmopsychologen neuerdings als »das Leben an sich« bezeichnet wurden. Mir behagten solche Äußerungen nicht. Trotzdem mußte ich genau daran denken, als ich vor Michaels Sarg stand. Einer von acht... Im Logbuch waren die Namen der Toten verzeichnet, und wenn ich mir vorzustellen versuchte, daß sie noch leben könnten, wären wir allein eine Stunde eher gekommen, spürte ich unbändigen Zorn in mir aufsteigen.
    Wir hatten nur vier Überlebende der EX-411 geborgen, unter ihnen die Kommandantin Major Hannah Angel, eine überaus attraktive Frau Ende Dreißig. Als erste hatte sie mir ihr Mitgefühl ausgesprochen, vor allem ihr Bedauern darüber, daß sie sich mir nicht massiv widersetzt hatte.
    »Michael Slovan war ein patenter junger Mann, der geborene Raumfahrer«, hatte sie gesagt. »Ich glaube, er war mit Leib und Seele den Sternen verschrieben — wie man es von Ihnen auch hin und wieder hört, Solarmarschall.« Ich hatte abgewinkt, aber sie hatte mich nachdenklich angeschaut, und der Blick ihrer tiefgründigen grünen Augen war mir durch und durch gegangen. »Michael glaubte wohl, daß er sich revanchieren mußte, dafür, daß ich ihm vor zehn Tagen das Leben gerettet habe. Ihm und zwei anderen, die inzwischen ebenfalls tot sind. Unser Flug stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Der Explorer wurde vom Strahlungsausbruch eines Zwergsterns überrascht und manövrierunfähig. Obwohl wir mit allen Mitteln versuchten, die zerstörten Wandlerbänke und Kompensatoren wenigstens provisorisch wiederherzustellen, gelang es nicht, den Sturz in die Sonne aufzuhalten. Letztlich blieb uns keine andere Wahl, als allein mit den Kaulquappen den Rückflug zu versuchen.« Sie hatte mich durchdringend angeschaut. »Was ist mit den anderen? Haben sie es wenigstens geschafft?«
    »Es ist noch zu früh, die Hoffnung aufzugeben. Obwohl uns ausgerechnet die Wrackteile einer Kaulquappe auf Ihre Spur geführt haben.«
    Daran dachte ich, während ich stumm die Särge betrachtete und spürte, daß Major
    Angel neben mich trat. Flüchtig wandte ich den Kopf, unsere Blicke trafen sich erneut, ruhten sekundenlang ineinander und lösten sich wieder. Hannah Angels Miene wirkte verhärtet, als scheue sie davor zurück, Gefühle zu zeigen. Aber wenn ich ehrlich war, mir erging es keinen Deut besser. Ich bis die Zähne aufeinander und versuchte, der Beklemmung zu trotzen, die mir das Wasser in die Augen trieb.
    Neben jedem Sarg nahmen sechs Männer und Frauen des Landungstrupps Aufstellung. Ich war kein Freund übertriebenen militärischen Zeremoniells, doch der Anblick hatte zumindest für den Augenblick etwas Versöhnliches. Wie erstarrt standen sie da in ihren Borduniformen, die Augen geradeaus und die rechte Hand auf die linke Brustseite gelegt, während Oberst Nisset die Zeremonie mit einer Würdigung der Verstorbenen begann.
    Meine Gedanken schweiften ab. Hannah Angel hatte mir vor Stunden das Logbuch der Mission übergeben. Demnach war die Kaulquappe infolge eines Konverterschadens für längere Zeit am Überlichtflug gehindert worden, und sogar nach durchgeführter Reparatur war nur eine einzige Transition möglich gewesen. Major Angel hatte entschieden, Kurs auf das Sonnensechseck zu nehmen, weil eine derart extreme Konstellation die Aufmerksamkeit eventueller Suchmannschaften wecken mußte. Alles Weitere ließ sich mit knappen Worten zusammenfassen: Rücksturz schon nach einem Teil der programmierten Etappe; Notlandung auf einem Planeten, der erträgliche Bedingungen bot; Verlust der Kaulquappe in der ersten Nacht, die Überlebenden zogen sich in den Bereich der Felsnadeln zurück. Anfangs hatten sie sich mit ihren Waffen und Energieschirmen die Tiere vom Hals halten können, aber die Energien waren bald aufgezehrt gewesen, ebenso die spärlichen Wasservorräte und die Konzentratnahrung.
    Major Angel hatte den letzten Strahlschuß abgegeben, als unser Beiboot erschienen war Zu dem Zeitpunkt hatte keiner der Schiffbrüchigen mehr an Rettung geglaubt.
    » … darum sollen wir erkennen, daß unser Leben vergänglich ist und nichts für die Ewigkeit geschaffen wurde. Wie die Sonnen eines Tages verglühen und erlöschen, so verweht auch der menschliche Geist, zerfällt der Körper in die Materie, aus der er geboren

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