PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
gewesen waren. Im Nachhinein betrachtet, erschienen mir diese Spaße derb. Doch einen wahren Kern hatten sie. Angenommen, die Aktivatorträger schafften das Kunststuck, die fünfzigtausend Jahre zu überdauern.
Dann hatte Atlan seit dem Untergang des sagenumwobenen Kontinents Atlantis doppelt existiert, und der Perry, mit dem ich zum Mond geflogen war, war nur einer von zweien gewesen. Aber warum hatte der andere, der aus Zukunft und Vergangenheit gleichzeitig, uns nicht wenigstens im »White Horse House« besucht und uns darauf vorbereitet, was wir auf dem Mond entdecken wurden? Wir hätten manches anders machen können.
Hatten wir das wirklich? — Ich zwickte mich in die Wange, um endlich aus diesem Alptraum aufzuwachen.
»Hören Sie mir überhaupt zu, Reginald Bull?«, fragte Mory ärgerlich. Mit missionarischem Eifer hatte sie eine halbe Stunde lang geredet, und keiner in der Messe hatte es gewagt, sie zu unterbrechen. Flüchtig fragte ich mich, ob sie das Perry Rhodans wegen tat, oder um sich zu profilieren.
»Ihre Theorie ist unsinnig, Mory.« Ich seufzte gequält, doch sie lächelte nur.
»Das ist nicht meine Theorie, Solarmarschall, sondern das Ergebnis einer positronischen Berechnung. Und Positroniken machen eigentlich selten Fehler, oder?«
» ... Fehler«, murmele ich gedankenverloren und reibe mir die brennenden Augen. Ungläubig starre ich auf die holographische Wiedergabe der Nachricht, die ein metallener Arm in den Boden geritzt hat:
STARKE TEFRODISCHE FLOTTE GREIFT AN UND VERNICHTET SCHROTSCHUSS. RHODAN NOCH AUF GLEAM. BENZ. 32.475 ...
Die Hiobsbotschaft ist ebenso unbegreiflich wie der verbogene Schrotthaufen als Überbringer. Leutnant Timo Benz war Navigationsoffizier an Bord des als Kurierschiff zwischen dem Tri-System in Andro-Beta und dem Schrotschuß-Transmitter eingesetzten Schweren Kreuzers HELIPON. So lautet meine letzte Information. Vermutlich lebt er nicht mehr. Falls doch, schwindet seine Hoffnung auf eine Rückkehr in die Milchstraße mit jeder Minute. Gleiches gilt für Perry Rhodan. Tragisch ist, daß er selbst den Befehl zur Vernichtung des Sonnensechseck-Transmitters im Zentrum von Andromeda gegeben hat. Die Bedrohung der Milchstraße durch die Duploflotten der Mdl ist zu groß geworden.
Am 16. August 2405, also erst vor wenigen Tagen, hat Mory Rhodan-Abro ein Zwillingspärchen zur Welt gebracht. Mutter und Kinder sind wohlauf. Die Nachricht habe ich, zusammen mit Fotos, über Kahalo nach Andromeda weitergegeben. Ich nehme an, daß Perry mittlerweile davon weiß.
Die Zerstörung des Schrotschuß-Transmitters wird ihm den Rückweg abschneiden. Plötzlich sehe ich mich völlig neuen Aufgaben gegenüber, einer Verpflichtung, der ich mich im Moment denkbar wenig gewachsen fühle.
»Michael«, soll der Sohn meines besten Freundes heißen. »Michael Reginald Rhodan.« Die Eltern haben mir frühzeitig zu verstehen gegeben, daß allein ich für das Paten-Amt in Betracht komme. Daß mir die Vorstellung ein wenig Schwierigkeiten bereitet, einen gerade mal fünfzig Zentimeter großen Säugling in meinen Pranken zu halten und ihm dabei nicht alle Knochen zu verbiegen, ignorierten sie mit einem amüsierten Lächeln.
»Ich vertraue dir, Dicker.« Perrys wohlmeinender Spott klingt mir noch in den Ohren. »Notfalls wird Mory einen Prallschirmprojektor in das Taufkissen einbauen lassen.«
Nun sieht es danach aus, altmodisch wie ich mich gebe, als würde ich die Vaterstelle einnehmen müssen. Zumindest für geraume Zeit. Natürlich habe ich Kinder gern. Aber was fangt ein Reginald Bull mit einem schreienden Säugling und verdreckten Windeln an? Mit Michael den Extraterrestrischen Zoo in Terrania besuchen oder vom Garten meines Bungalows aus ferngesteuerte Raumschiffsmodelle über dem Goshun-See kreisen lassen, dazu ist er leider noch zu jung.
Mit einem unwilligen Kopfschütteln versuche ich mich zu konzentrieren. Trotzdem spuken Mory und ihre Babys mir im Kopf herum.
Sie war seinerzeit nicht nur nach Andro-Beta und auf die GENERAL DERINGHOUSE gekommen, um nach Barkon zu fliegen. Wir hatten ohnehin ein Desaster erlebt, weil die Meister der Insel versucht hatten, den Planeten in der sternenlosen Weite als Waffe gegen die Menschheit zu mißbrauchen. Die Barkoniden hatten den hinterhaltigen Plan vereitelt, indem sie sich und ihre Welt opferten.
Ich glaube immer noch, daß Mory Rhodan-Abro damals beabsichtigte, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit von Perry schwanger zu werden.
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