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PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Fingerspitzengefühl.
    »Sie sind überrascht, Solarmarschall? Oder enttäuscht. Das macht nichts. Ich habe mich daran gewöhnt, daß die meisten Leute, mit denen ich für kurze Zeit zusammenarbeite, in mir eine knöcherne alte Jungfer vermuten.«
    Ihr Mund lächelte gar nicht leichenblaß. Der leicht rosa Schimmer, der ihre hoch angesetzten Wangenknochen betonte, schien weniger mit Make-up unterstützt, als vielmehr einer spürbaren Nervosität zuzuschreiben zu sein.
    »Ich bin ganz und gar nicht enttäuscht«, gestand ich. Ohnehin war ich für sie nicht viel mehr als andere »Leute«, zumindest entnahm ich das ihren Worten.
    »Und ich bin wirklich keine alte Jungfer. Mit zwei Fingern dirigierte sie ihr antigravgestütztes Gepäck neben sich her.
    »Sie haben vier Tage veranschlagt, Mrs. Mellham ... «
    »Miss«, protestierte sie sofort.
    »Soviel Zeit habe ich noch keinem Reporter gewidmet.«
    »Ich interviewe Sie auch nicht für ein x-beliebiges Nachrichtenmagazin, Sir. Die Enzyclopaedia Terrania setzt sehr hohe Maßstäbe, sowohl was die Art der Wiedergabe als auch die Güte der Recherchen anbelangt, vor allem erhebt die Agentur den Anspruch, das führende Werk in der Geschichtsschreibung seit der ersten Mondlandung zu sein, und ... «
    »Ich weiß, Miss Mellham«, unterbrach ich ihren Wortschwall. »Ich war dabei.«
    Sie starrte mich an. Sekundenlang konnte ich in ihrem Blick jeden ihrer Gedanken lesen. Für sie war ich vergleichbar einer neu entdeckten Mumie für den Ägyptologen. Schicht für Schicht wickelte sie die verklebten Binden von mir ab, um zum konservierten Kern vorzustoßen. Auf gewisse Weise war ich selbst gespannt, was die kommenden Tage bringen würden. Eine Entdeckungsreise in mein eigenes Ich? Ich hatte nicht vor, mein Herz vor dieser jungen Frau auszuschütten. Fakten zählten, sonst nichts. Aus diesem Grund hatten wir uns weder in der Solar Hall, noch in meinem Büro verabredet, sondern im Hilton Terrania als neutralem Ort, obwohl auch hier die Geschichte in vielerlei Weise lebendig schien.
    lonka Mellham hatte mich in der Lobby angesprochen, diesem beeindruckenden Gebilde aus Glas und Terkonit, das allen Gesetzen der Schwerkraft widersprechend eine unbeschreibliche Faszination ausübte. Ohne energetische Prallfelder und Antigravitation wäre diese moderne Architektur niemals möglich gewesen. Transportbänder schlängelten sich in transparente Hohe, dazwischen hingen exotische Blumeninseln scheinbar im Nichts, und sogar ein halbes Dutzend kleiner Flugsaurier, Echsen mit nur einem Meter Spannweite, zogen in einem unsichtbaren Korridor ihre Bahn. Die Echsen als Leihgabe des ebenfalls wiederaufgebauten Zoos von Terrania wurden in wenigen Wochen von einer neuen Attraktion abgelöst werden.
    »Sir, ich meine natürlich, Solarmarschall, ich werde mich beeilen«, versprach die Frau. »Ist es Ihnen recht, wenn wir uns in ... « Ein Dienstroboter schwebte heran und übernahm ihr Gepäck, » ... wenn wir uns in dreißig Minuten für die erste Sitzung treffen?«
     
     
    Der Raum war nicht größer als fünfzig Quadratmeter und lag in der 184. Etage des neuen Hilton Terrania. Von hier aus bot sich ein imposanter Blick nicht nur über die ringförmig angeordneten Bauten der Crest Plaza Apartments, sondern weit nach Süden, über das Regierungsviertel hinweg bis zum ausgedehnten Gelände des Zoos von Terrania und den nahezu anschließenden Gobi-Park, beide etwa vierzig Kilometer Luftlinie entfernt.
    Im Südwesten und noch ein Stück weiter entfernt, lag der Flottenraumhafen mit seinen vierzig Kilometern Durchmesser und dem zur Stadt hin errichteten Sichelwall, der an seiner höchsten Stelle über zwei Kilometer maß. Schon vor der Dolan-Attacke auf das Solsystem hatte dieser Emissionsschutz bestanden, beim Wiederaufbau der Hauptstadt war er durch aufgeschüttetes Trümmermaterial noch wuchtiger geworden.
    Sinnend blickte ich zwei startenden großen Kugelraumern nach. Fast siebzig Jahre des Wiederaufbaus lagen hinter uns, wir hatten uns wie der Phönix aus der Asche erhoben, und alles war heute schöner, großzügiger und bombastischer als vor der Zerstörung. Trotzdem wühlten noch immer Zorn und Verbitterung in mir. Alle bewohnten Welten des Solsystems verwüstet, die Erde gerade noch vor der Vernichtung gerettet, Terrania ein schwelender Trümmerhaufen ... Zwei neue Generationen waren herangewachsen, denen die Schrecken des Dolan-Krieges fremd waren. Für sie war die neue Welt ein Paradies, und ich

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