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PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

Titel: PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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seinem Gesicht eine unglaubliche Bedrohung darstellte. Mit einem Mal war alles anders. Keiner seiner hochfliegenden Pläne hatte noch Sinn. Er dachte an Liv, ihre gemeinsame Zeit und die Jahre, die sie noch miteinander hatten verbringen wollen.
    Sein Gesicht pulsierte und schien aufzuplatzen wie eine dünne Membran unter Überdruck.
    »Sie stehen unter Quarantäne, Sir!«, sagte einer der Roboter. »Die Mediziner werden alles Weitere entscheiden.«
    »Ich brauche keinen Arzt. Was soll der tun? Das herausschneiden, was in mir zuckt? Es verändern? Offenbar verliert jeder den Verstand, der mich anschaut — oder er stirbt.«
    »Die Ursache wird erforscht werden.«
    »Ich muss zurück, den Transmittersprung wiederholen und ... «
    Alaska riss sich los. Er handelte instinktiv und ohne nachzudenken.
    Er hatte ein Problem, und der Transmitter erschien ihm als die einzig mögliche Lösung. Noch einmal entstofflichen und abstrahlen. Irgendwohin. Darauf hoffen, dass das, was sich in ihm eingenistet hatte, die Verbindung verlor. Eine vage Hoffnung, aber die einzige überhaupt.
    Zwei, drei weit ausgreifende Sätze. Alles um ihn her verwischte zur Bedeutungslosigkeit, er sah nur noch den Transmitter vor sich.
    Das Gerät war abgeschaltet, und ohne Justierung auf eine Gegenstation baute sich das Entstofflichungsfeld nicht auf. Als Techniker beherrschte Saedelaere die erforderlichen Handgriffe im Schlaf. Wenige Sekunden würden ihm genügen, die Verbindung wieder aufzubauen.
    Aber was kam danach?
    Egal.
    Nur dieses verfluchte Ding wieder loswerden, das sich in ihm eingenistet hatte. Es war fremd. Und es lebte. Das spürte Alaska überdeutlich.
    Ein Schlag zwischen die Schulterblätter ließ ihn taumeln. Er biss sich die Lippe auf, und der warme Blutgeschmack würgte ihn erneut.
    Weiter!
    Er spürte seinen Rücken nicht mehr. Das Gefühl der Taubheit griff auf die Arme über und breitete sich weiter aus.
    Alaskas Schritte wurden langsamer. Der Transmitter, fast schon zum Greifen nahe, begann vor seinen Augen zu verschwimmen.
    Die Luft erschien ihm plötzlich zähflüssig wie Sirup. Sie dämpfte jedes Geräusch; nicht einmal den eigenen keuchenden Atem hörte er noch. Mühsam kämpfte Saedelaere sich vorwärts, zeitlupenhaft, unwirklich.
    Dann stürzte er, kippte einfach vornüber und hatte nicht einmal mehr die Kraft, die Arme auszubreiten. Eine endlose, düstere Tiefe empfing ihn.
    Es war ein eigenartiges Empfinden, wahrzunehmen, wie die eigenen Gedanken verwehten, sich in hauchzarte Nebelschleier auflösten ...
    ... und eine rasch um sich greifende Leere zurückließen.
    Der Lähmschuss aus der Roboterwaffe hätte nur seine bewussten Körperreaktionen ausschalten sollen, nicht auch den Geist. Halbherzig fragte sich Alaska Saedelaere, was mit ihm geschah. Nie hatte er über sein Ende nachgedacht. Bis dahin, hatte er immer geglaubt, lagen noch hundert lange Jahre vor ihm — und die Medizin machte rasante Fortschritte. Mit künstlichen Ersatzteilen im Körper zu leben, mit einem geklonten Herzen, Biofiltern oder Knochen aus Terkonit, erschien ihm keineswegs unmenschlich. Als Techniker mit Leib und Seele schreckte er nicht vor solchen Gedanken zurück, sondern betrachtete sie eher als persönliche Herausforderung.
    Die Schwärze raubte ihm den Atem. War das der Tod? Es hieß, man sehe sein Leben in diesem Moment noch einmal vor sich vorbeiziehen — die Wahrheit war anders. Einige wenige zusammenhängende Gedanken konnten unmöglich sein ganzes Leben gewesen sein.
    Eine friedvolle Stille umfing ihn. Selbst das unheimliche Zucken im Gesicht ebbte ab.
    Der Sturz schien unaufhaltsam ...
    ... die Unendlichkeit verschluckte ihn. Zugleich erlosch seine letzte Wahrnehmung.

2.
     
     
    Erinnerung.
    Innerhalb von Minuten schlug das Wetter um. Düstere Gewitterwolken beherrschten den bis eben türkisfarbenen Himmel, und nur hie und da geisterten noch die Strahlenfinger beider Sonnen durch Wolkenlöcher
    Erstes Donnergrollen zwang die Männer und Frauen des Demontagetrupps, im Eilschritt die verfallene Piste zu überqueren. Eine üppige Pflanzenwelt hatte den Betonplast aufgesprengt. Die Gebäude am Rand der Piste waren ebenfalls baufällig; zu akzeptieren, dass sie erst vor wenig mehr als dreißig Jahren errichtet worden waren, fiel schwer.
    Trotz des aufkommenden Sprühregens hielt Alaska Saedelaere einen Augenblick lang inne. Der dampfende Dschungel erschien ihm wie ein monströses Lebewesen, fremd und mit menschlichen Sinnen nicht zu

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