PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
»Sicherheitsalarm...«
Die Worte verloren sich im Gebrüll des Haluters, der voller Zerstörungswut heranstürmte.
Denetree stand mit dem Rücken an der Tür, die geschlossen blieb, obwohl sie das Sensorfeld daneben mehrmals berührt hatte. Der Haluter kam heran, ein galoppierender Koloss, und die junge Lemurerin ging in die Hocke, kniff die Augen zu und hielt ihr Ende für gekommen.
Doch es hämmerten keine Fäuste auf sie herab. Plötzlich herrschte Stille, und zwei oder drei absurde Sekunden lang fragte sich Denet-ree, ob sie gestorben war, ohne es zu merken.
Dann erklang eine grollende Stimme, und der Translator übersetzte sofort. »Du musst eine Terranerin sein.«
Etwas berührte Denetree am Arm, und sie wagte es, die Augen wieder zu öffnen. Eine geradezu riesige schwarze Hand zog sie überraschend sanft auf die Beine. Das Hüter-Wesen, der Haluter, stand direkt vor ihr, ein dunkler Berg, und in seinen drei großen Augen brannte nicht mehr der Zorn der Zerstörung.
»Tolotos hat mir von euch erzählt«, sagte der Haluter. »Er hat vor Kurzem Kontakt mit dem Solaren Imperium aufgenommen.«
Denetree verstand die Worte, nicht aber ihren Sinn. Bis auf...
»Tolotos? Meinst du Icho Tolot?«
»Ja. Ich heiße Torg Kaltem und bin auf der Suche nach ihm auf diese Station gestoßen. Als ich die toten Haluter fand...« Der Gigant knurrte und ballte kurz die Fäuste.
Denetree versuchte noch immer, damit fertig zu werden, dass sie einem zweiten lebenden Hüter gegenüberstand und mit ihm sprach, mit einem Wesen, das sie an Bord der Arche NETHACK ACHTON für gottartig gehalten hatte. Plötzlich sah sie die Chance, einen mächtigen Verbündeten zu gewinnen und mit seiner Hilfe zu Solina und den anderen zurückkehren zu können.
»Icho Tolot ist hier, in dieser Station.«
»Wo?«, stieß Torg Kaltem hervor. »Ich habe eine Mitteilung für ihn.«
»Irgendwo über uns«, erwiderte Denetree. »Wir befinden uns in den unteren Bereichen der Station.« Sie berichtete von der Gruppe, zu der sie gehörte, von den Transmitterfeldern und ihrer Flucht.
»Machen wir uns sofort auf den Weg.«
Denetree wich zur Seite. »Ich bin von dort gekommen. Aber die Tür öffnet sich nicht.«
»Das ist kein Problem«, sagte Torg Kaltem und gab der Tür einen Tritt, der sie aus der Wand riss und fortschleuderte.
»Sicherheitsalarm«, erklang die aufgezeichnete Stimme erneut. »Elimination des Testobjekts erforderlich.«
In der Decke entstand eine Öffnung, und etwas schob sich daraus hervor. Weder Denetree noch Torg Kaltem konnten rechtzeitig reagieren - ein gelber Energieblitz raste ihnen entgegen und erfasste sie beide.
Die junge Frau rechnete mit dem Schlimmsten, spürte zu ihrer großen Verwunderung aber nur ein kurzes Prickeln, mehr nicht. Auf den Haluter wirkte die gelbe Energie ganz anders. Torg Kaltem gab ein röchelndes Geräusch von sich, kippte zur Seite und fiel. Er zuckte mehrmals, versuchte aufzustehen, kam halb in die Höhe, griff nach einem in der Nähe liegenden Trümmerstück und warf es mit der ihm noch verbliebenen Kraft. Mit der Wucht eines Geschosses traf es den aus der Decke ragenden Projektor und zertrümmerte ihn.
Torg Kaltem atmete schwer und kam wieder auf die Beine. »Wir... müssen uns beeilen«, brachte er hervor und wankte durch das zerstörte Laboratorium, die vermeintliche Terranerin an seiner Seite. »Eine Waffe speziell gegen Haluter. Ich... muss zu Tolotos. Bevor ich... sterbe.«
Deshan Apian - Lemuria 4552 dT (51848 v. Chr.)
An der letzten Ruhestätte der Kuraten schwieg selbst der Wind. Deshan Apian blickte, Miras Hand in der seinen, auf das Grab hinab, in dem der frühere Erste Kurat Dauzart seit vielen Jahren ruhte.
»Wie kurz das Leben doch ist«, sagte er leise.
»Fürchtest du den Tod?«, fragte Mira.
»Die Schwächen und Gebrechen des Alters fürchte und hasse ich mehr als das Ende.« Mit dem Gehstock in der anderen Hand deutete er zu einer der Bänke am Rand des Friedhofs. Langsam gingen sie an den Gräbern vorbei, im Schatten der Bäume, und als sie Platz nahmen, regte sich der Wind wieder und seufzte in den Wipfeln.
Auf der rechten Seite, ein ganzes Stück entfernt, ragte der graue Granit der Bastion Tuamar auf. Unten im Tal glitzerte Sonnenschein auf dem türkisfarbenen See, und am südlichen Ufer boten die tempelartigen Bauten des Zentrums mnemonischer Beschaulichkeit einen vertrauten Anblick.
Deshan streckte die Beine und versuchte, den Schmerz im Rücken zu ignorieren.
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