PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
Chronistengästen die Erklärung dafür.
»Wir sind deshalb nicht schwerelos, weil unser derzeitiges Bewe-gungsmoment nicht annähernd an die Fluchtgeschwindigkeit des Planeten unter uns heranreicht«, sagte er und trat an die Kontrollen neben einem Panoramafenster. »Je höher uns der Astrolift bringt, desto leichter werden wir. Vollkommene Schwerelosigkeit erwartet uns nur an der Endstation des Astrolifts in einer Höhe von etwa sechsunddreißigtausend Kilometern. Die Satelliten und Raumstationen dort draußen sind viel schneller als wir. Seht nur.« Er deutete aus dem Fenster und betätigte ein Schaltelement der Kontrolltafel.
Dicht vor der Scheibe des Panoramafensters bildete sich ein dreidimensionales Projektionsfeld, das wie ein Zoom wirkte. Das komplexe Gebilde von Orbital II wurde sichtbar und zog überraschend schnell an dem Astrolift vorbei.
»Besteht nicht die Gefahr, dass Faserstrang und Transportmodule des Lifts von Satelliten getroffen werden?«, fragte ein Chronist.
»Es gibt hier oben ziemlich viel Platz«, erwiderte Levian Paronn und lächelte. »Und natürlich sind alle Flugbahnen genau berechnet.«
Wie jung er ist, dachte Deshan. So jung wie damals vor fünfzig Jahren. Paronn, der zwölfte Heroe, sah noch immer wie vierzig aus, obwohl er inzwischen über neunzig war.
Paronn sah auf ein Chronometer, nickte sich selbst zu und sagte: »Wir haben noch ein wenig Zeit.« Er betätigte einen anderen Schalter, und das große Fenster wurde dunkel, verwandelte sich in einen Bildschirm.
»Ich habe angekündigt, euch die nächste Phase des Projekts Exodus zu zeigen«, sagte er, und sein Tonfall veränderte sich ein wenig dabei. »Überleben«, betonte er, und wenn er dieses Wort sprach, schien es eine ganz neue Bedeutung zu gewinnen. »Wenn wir überleben wollen, genügt es nicht, einige wenige Menschen zu den Sternen zu schicken. Tausende müssen ferne Welten erreichen, um dort die notwendige genetische Vielfalt zu gewährleisten. Um Tausende von Kolonisten zu befördern, sind sehr große Raumschiffe nötig.«
Auf dem Fensterbildschirm erschienen lange Röhren, bestehend aus einzelnen Segmenten, die sich drehten. Ähnliche Entwürfe hatte Deshan Apian schon einmal gesehen, vor langer Zeit, auf einem Bildschirm in Paronns Impetus-Büro.
Die Chronisten drängten näher; Aufzeichnungssensoren summten.
Deshan Apian blieb sitzen, beobachtete und hörte zu. Seine Chronistenpflichten waren anderer Natur.
»Dies sind die Raumschiffe, die Lemurs Kinder zu den Sternen bringen werden«, sagte Levian Paronn. »Mehrere Kilometer lang, ausgestattet mit autonomen ökologischen Systemen, die die Kolonisten mit Nahrung versorgen.«
»Wie lange werden sie unterwegs sein?«, fragte jemand.
»Viele tausend Jahre unserer Zeit«, antwortete Paronn und lächelte, als er die Verblüffung in den Gesichtern der Männer und Frauen sah. »Die Raumschiffe, die das Raumfahrtsolidar in diesem Jahr zu den äußeren Planeten schickt, wären so lange und noch länger unterwegs, um auch nur den nächsten Stern zu erreichen, von dem uns etwas mehr als vier Lichtjahre trennen. Sie sind einfach zu langsam. Nun, wir arbeiten seit vielen Jahren an neuen Antriebssystemen, die weitaus höhere Geschwindigkeiten erlauben. Unser Plan besteht darin, die Exodus-Schiffe auf fast Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Dadurch kommt es zu dem Phänomen der Zeitdilatation, was bedeutet: Die Zeit an Bord vergeht wesentlich langsam als außerhalb davon.«
»Mit anderen Worten...«, sagte die junge Frau, die sich schon einmal zu Wort gemeldet hatte. »Die Kolonistenschiffe sind wie... Zeitmaschinen, die den Personen an Bord eine Reise in die Zukunft ermöglichen.«
Levian Paronn nickte langsam. »So könnte man es ausdrücken. Und die Reise in die Zukunft ist gleichzeitig eine Reise zu den Sternen. Die Exodus-Schiffe brauchen nur wenige Jahrzehnte oder Jahrhunderte, um viele Lichtjahre entfernte Welten zu erreichen.«
»Jahrzehnte oder Jahrhunderte«, wiederholte ein Mann in mittleren Jahren und richtete seinen Aufzeichnungssensor auf Paronn. »Es sind also Generationenschiffe?«
»Ja.« Besonderer Ernst erklang jetzt in Paronns Stimme. Dies war die Summe des Heroen Vehraato. »Der Feind, der dort draußen im All lauert und der versuchen wird, die ganze Menschheit zu vernichten... Er wird nicht nur hier nach uns suchen, sondern auch in den nahen Sonnensystemen. Wir müssen Lemurs Kinder so weit wie möglich fortbringen, um das Überleben des
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