PR NEO 0041 – Zu den Sternen
Kloß. Es gefiel ihm gar nicht, dass Wrinkle ihm derart viel Aufmerksamkeit schenkte.
»Geht deine Ahnenlinie auf Rodrigo de Vivar zurück?«, fragte der Ferrone.
»Nein, Major!«, brachte Sid heraus. »Es ist reiner Zufall.«
»Zufall, soso.« Wrinkle blickte an Sid vorbei und sagte scharf: »Mardam Saripov, genannt ›Juri‹! Ich sehe von hier aus, dass dein Allzweckwerkzeug fehlt. Du hast zehn Minuten Zeit, es zu holen und es am Ende der Reihe zu präsentieren!«
Von Juri kam zuerst ein erstickter Laut, dann hörte Sid »Verstanden, Major!« und die Stiefelsohlen des jungen Kasachen, der davonrannte.
Rinkhel blickte Sid tief in die Augen. »Ahnenreihen sind das eine«, erklärte er. »Man bildet sich viel zu viel darauf ein. Die genetischen Informationen werden von Generation zu Generation vermischt und verwässert. Sich aber mit einem berühmten Kämpfer zu identifizieren kann ein junges Leben viel stärker prägen als ein aufwendig gepinselter Stammbaum.«
»Es ist ... wirklich nur ein Zufall, Major«, stotterte Sid.
»Deine Eltern werden sich etwas gedacht haben, als sie dir den Vornamen von El Cid gegeben haben«, flüsterte Rinkhel. »Du wirst dir etwas gedacht haben, als du erfahren hast, wer dein berühmter Namensvetter war und was er für die Menschen damals bedeutet hat.«
»Major, ich ...«
»Ich werde dich von nun an an El Cid messen. Enttäusche mich nicht, de Vivar.«
Damit ließ er Sid stehen und setzte die Kontrollen fort. Noch dreimal blieb er stehen und sprach zu den jeweiligen Kadetten. Sid blieb zitternd und bebend an seinem Platz. Weshalb hatte ihm Wrinkle diese Ansprache gehalten? Hatte er ihm und den danebenstehenden Kadetten zeigen wollen, wie gut er sich bereits in der Menschheitsgeschichte auskannte? Oder hatte er Sid nur verunsichern und prüfen wollen, wie er mit der unerwarteten Situation umging?
Sid atmete tief ein. Wie auch immer es gemeint gewesen war – Wrinkle hatte ihn aus der Anonymität der vierzig Kadetten ihrer Kompanie in die erste Reihe gezerrt. Sid wusste nun, dass Wrinkle ein Auge auf ihn geworfen hatte. Würde ihm von nun an ein Fehler unterlaufen, konnte er nicht damit rechnen, dass er ihrem ferronischen Ausbilder nicht auffallen würde.
Noch bevor Wrinkle das Ende der Reihe erreicht hatte, kam Juri zurückgerannt; in der Hand hielt er das Allzweckwerkzeug.
Zwanzig Minuten später saßen sie in den beiden Supercoptern und verdrehten die Hälse, um aus den Fenstern zu schauen. Dicht gedrängt fanden auf jeder Seite des Copters je zehn Kadetten Platz. Von der Decke hingen die Kopfhörer, die sie aufgesetzt hatten, um untereinander kommunizieren zu können.
Sid blickte nach links, wo Maurice S. Hollander so gerade saß, als wären seine Schulterblätter an der Sitzlehne festgeklebt.
Anna Dahlin saß zwischen dem Kalifornier und Adham Hammadi. Konzentriert betrachtete sie das kleine schwarze Kästchen, mit dem man zwischen dem Piloten- und dem Passagierkanal wechseln konnte.
Juri saß rechts neben Sid. Er hatte kaum drei Worte gesprochen, nachdem Wrinkle ihnen das weitere Prozedere erklärt hatte.
Auf Sids Rückfrage hatte er bloß geantwortet, dass es ihm gut ginge und ihm ab sofort keine Fehler mehr unterlaufen würden.
Die Rotoren des Copters begannen sich schneller zu drehen. Ein tiefes Brummen erfüllte die Kabine.
»Okay«, sagte Hollander über Funk. »Major Rinkhel hat mich zu einem der Gruppenführer bestimmt. Ich wähle Dahlin, de Vivar, Hammadi und Brubaker.«
Sid schielte zu Juri hinüber. Wrinkle hatte ihn ebenfalls zu einem der vier Gruppenführer ihres Copters bestimmt.
Ausgerechnet ihn.
Der junge Kasache wartete ab, bis die anderen beiden Gruppenführer ihre Auswahl getroffen hatten, und begrüßte dann die vier übrig gebliebenen Kadetten in seiner Gruppe.
Sid hatte Hollander vor dem Einsteigen kurz zur Seite genommen und ihn gebeten, mit ihm zusammen zu Wrinkle zu gehen, um Juri in ihre Gruppe zu nehmen. Aber Hollander hatte ihm erklärt, dass sich der Ferrone nicht umstimmen lassen würde.
»Du hast nur Angst, dass er unsere Gruppe schwächen würde«, hatte Sid gesagt, worauf der Kalifornier nur gemeint hatte, dass er Juri nicht unterschätzen sollte.
Sid seufzte. Langsam verstand er die Skepsis, die Hollander dem Projekt Juri von Anfang an entgegengebracht hatte. Sid fühlte sich für den jungen Kasachen verantwortlich. Es würde schon schwer genug werden, auf sich selbst aufzupassen – wenn er sich nun auch noch um Juri
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