PR NEO 0041 – Zu den Sternen
›genossen‹ mit dieser seltsamen Betonung ausgesprochen? Willst du mir damit zu verstehen geben, dass du die Ausbildung nicht wirklich genossen hast?«
Hollander hielt dem Blick drei Atemzüge lang stand, dann rieb er sich ächzend über das Gesicht. »Ach, ich mag nicht darüber sprechen.«
»Aber wir sind doch Freunde«, sagte Sid eindringlich. »Du kannst mir erzählen, was dich hier so nervt. Vielleicht kann ich dir helfen. Und sonst werde ich versuchen, einfach ein guter Zuhörer zu sein.«
Hollander zog eine Augenbraue nach oben. »Ich mag dich, de Vivar«, sagte er. »Aber wir kennen uns erst eine Woche. Ich gehöre nicht zu denjenigen Menschen, die den Titel Freund leichtfertig vergeben.«
Sid war, als legte sich eine kalte Hand um sein Herz. »Sicher«, murmelte er. »Das handhabe ich genauso.«
Hollander seufzte. »Schau, wir sind doch auf dem besten Weg, Freunde zu werden«, sagte er mit leiser Stimme. »Aber du solltest wirklich nicht solchen Schlagworten nachrennen. Freundschaft ist ein großes Wort. Viel wichtiger ist doch, dass wir füreinander einstehen und uns gegenseitig dabei helfen, diesen Irrsinn hier mit heilem Geist zu überstehen.«
Sid atmete einmal tief ein und aus. »Ich sehe zwar nicht, von was für einem Irrsinn du sprichst, aber für mich ist es selbstverständlich, dass ich dir helfen und für dich einstehen würde, wenn du es brauchtest.«
Hollander feixte, dann spuckte er sich in seine rechte Handfläche und hielt sie Sid hin. Der blickte von der Hand zu Hollander, zuckte mit den Schultern, spuckte ebenfalls in die Hand und schlug ein.
»Wrinkle hat uns im Blizzard nicht unterkriegen können, er wird es auch in Zukunft nicht schaffen«, flüsterte Hollander feierlich.
»Selbstredend«, bestätigte Sid.
Drei Tage später.
Sid saß im Schalensessel und gab sich Mühe, keine negativen Gedanken aufkommen zu lassen. Die Ärzte hatten ihm gesagt, dass es bei seinem ersten Ritt in der Salatschleuder von Vorteil sei, wenn sein Körper und sein Geist eine Einheit bilden würden, die einander unterstützten.
Unweigerlich kamen seine Gedanken auf die Worte zurück, die Wrinkle ihnen an den Kopf geworfen hatte, als Hollander darauf hingewiesen hatte, dass das Training in der Zentrifuge im Zeitalter von Andruckabsorbern eigentlich Geschichte sein müsste.
»Ach ja?«, hatte der Ferrone mit scharfer Hautfalte an der Stirn gemeint. »Und was macht ein Kadett, wenn die ach so zuverlässige Technik einmal doch ausfallen sollte? Wie kann er in seinem abschmierenden, sich überschlagenden und um die eigene Achse rotierenden Fluggerät lange genug bei Bewusstsein bleiben, um sich einen letzten Rest Überlebenschance zu lassen – ohne vorhergehendes Training in einer Zentrifuge?«
»Noch zwei Minuten bis zum Start«, erklang die Stimme von Dr. Krikaljow über Funk. »Wie fühlst du dich?«
Sid blickte direkt in die Kameralinse, die vor ihm an der Tür der Kapsel befestigt war. »Gut«, antwortete Sid.
»Hier ist jemand, der dir Glück wünschen will.«
»Hallo, Ruy«, erklang gleich darauf die Stimme von Juri. »Alles klar bei dir?«
»Selbstverständlich. Bisher musste ich auch nichts tun außer mich hinsetzen und darauf warten, dass es losgeht.«
»Es ist nicht so schlimm, wie Adham es beschrieben hat«, erklärte Juri. Er redete die anderen Kadetten meist mit dem Vornamen an; auf den Overalls war lediglich der Nachname aufgebügelt.
»Du hast leicht reden«, antwortete Sid. »Du bist auch ein physiologisches Wunderwerk, wie die Ärzte gesagt haben.«
Tatsächlich hatte Juris Körper die Belastungen der Zentrifuge bisher am besten weggesteckt. Nicht einmal Maurice S. Hollander, der bereits in seiner Jugend Flugtraining erhalten hatte, konnte mit dem jungen Kasachen mithalten. Obwohl Juri geschworen hatte, dass er vor Baikonur nie schneller unterwegs gewesen war als beim Ausritt mit dem Pferd seines Nachbarn, hatte sich sein Blutdruck selbst bei der Höchstgeschwindigkeit von der dreifachen Erdbeschleunigung kaum merklich erhöht.
Die Ärzte hatten beeindruckt reagiert und ihm die Freigabe für den nächsten Zentrifugeneinsatz bis zu 6 g erteilt.
»Was ich kann, kannst du schon längst«, sagte Juri bescheiden. »Denk an was Schönes, und du wirst die Beschleunigung gar nicht spüren.«
»Woran hast du gedacht?«
Als Juri mit der Antwort zögerte, sagte Sid lächelnd: »Du musst nichts sagen, ich weiß schon.«
Juri hatte ihm am Vorabend gestanden, dass er sich in Dahlin
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