PR NEO 0042 – Welt aus Seide

bewusstlos gewesen wärst, sagte ihm sein Extrasinn. Er sah nur einen Ausschnitt des Raums, der sich hinter einer Ecke noch fortzusetzen schien, doch schon dieser Bereich war ziemlich vollgestellt. Die meisten Geräte waren abgedeckt und von einer dicken Staubschicht überzogen. Sie wirkten veraltet, selbst verglichen mit der Technik im Shuttle oder im Panoptikum. Ein Versteck. Niemand kommt mehr hierher. Nur vereinzelt glommen ein paar Lichter an den Bildschirmen und Rechnern. Dein Entführer hat sie angeschaltet, vor Kurzem erst.
    Nach und nach kehrte die Erinnerung an die Geschehnisse im Panoptikum zurück. Da war ein Trebolaner gewesen. Er hatte ihn angesprochen, aber sein Arkonidisch war schwer zu verstehen gewesen. Er hatte sich für seinen Aktivator interessiert ...
    Und er hatte ihm etwas gezeigt – eine Aufzeichnung.
    Eine Nachricht von ...
    Nein!, sagte der Logiksektor seines Hirns entschieden und unterband seine Erregung noch im Keim. Das hast du dir wahrscheinlich nur eingebildet! Konzentrier dich lieber darauf, wie du hier rauskommst – danach ist noch genug Zeit für andere Dinge.
    Er gestand es sich nicht gerne ein, aber sein Extrasinn hatte recht. So wie meistens.
    »Hallo?«, rief er nach kurzem Zögern. »Ist da jemand?«
    Statt einer Antwort hörte er das leise Wispern und Knacksen zierlicher Gliedmaßen, dann stakste ein Trebolaner langsam um die Ecke. Er machte einen wachsamen Eindruck und schaute ihn an. Zumindest kam es Crest so vor. Mit Sicherheit war es nicht zu sagen, denn seine Augen waren pupillenlos. Facettenaugen – aber so hochauflösend, dass man nicht das charakteristische Wabenmuster erkennt.
    Der goldbraun glänzenden Montur nach zu urteilen, aus der seine dürren Beine ragten, war es derselbe Trebolaner, der ihn im Panoptikum angesprochen hatte.
    Etwa zwei Meter vor ihm blieb er stehen.
    »Was wollen Sie?«, fragte Crest. »Weshalb haben Sie mich hierher gebracht?«
    Der Trebolaner zögerte kurz, dann verlagerte er sein Gewicht auf die hinteren Beinpaare und legte den Kopf schief. »Ihre Hilfe«, sagte er. Er sprach Arkonidisch, aber es klang im wahrsten Sinne gebrochen – als versuchte man die Worte mithilfe hölzerner Ratschen und Klangstöcke zu imitieren.
    Fast hätte Crest laut gelacht. » Sie wollen meine Hilfe? Und wobei, wenn ich fragen darf?«
    Der Trebolaner griff neben sich und hielt ihm ein flaches Display hin.
    »Was – haben Sie etwa eine Liste erstellt?«
    »Lesen Sie«, sagte der Trebolaner.
    Crest reckte so weit es ging den Hals und warf einen Blick auf das Display. Es war mit mathematischen Formeln überzogen. Die Zeichen waren arkonidisch, aber die meisten Formeln sagten ihm nichts.
    »Ist das fünfdimensionale Physik?«
    »Hyperraumvektoren«, bestätigte der Trebolaner. »Können Sie die Gleichung auflösen?«
    Crest kniff die Augen zusammen. »Bis Sie es mir gesagt haben, fiel mir nicht einmal auf, dass es da etwas zu lösen gibt.«
    »Sie machen sich über mich lustig«, sagte der Trebolaner.
    Crest war sich nicht sicher, ob es eine Feststellung oder eine Frage war, denn die Sprechwerkzeuge der Arachnoiden waren kaum in der Lage, einen Satz korrekt zu intonieren. »Glauben Sie mir, ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt.«
    Der Trebolaner gab ein klackerndes Geräusch von sich und tippte etwas auf das Display. Als er es ihm das nächste Mal hinhielt, zeigte es einen anderen Formelsatz.
    »Das sieht aus wie ... Planetenmechanik?«
    »Antigravitation.« Der Trebolaner klackerte wieder. »Wie kann es sein, dass Sie das nicht erkennen?« Diesmal war es eindeutig eine Frage.
    »Wieso sollte ich?«, gab Crest zurück. »Ich verstehe nichts von solchen Dingen.«
    »Aber Sie sind Arkonide«, stellte der Trebolaner fest.
    »Ja und?«
    Eine lange Pause trat ein, in der der Trebolaner sichtlich mit sich rang. Mehrmals legte er seine vorderen Armpaare zusammen, als sei die Antwort auf seine Fragen in dem verwirrenden Spiel seiner Gliedmaßen zu finden. Es ging zu wie in einem Kaleidoskop. Das Display wechselte dabei wiederholt von einer zierlichen Hand in die andere.
    Das Gespräch verläuft nicht, wie er sich das gewünscht hat, analysierte sein Extrasinn. Und die Situation ist ungewohnt für ihn. Dies ist kein gewöhnlicher Verbrecher.
    »Die Arkoniden, mit denen ich ... zusammengearbeitet habe, verstanden etwas von solchen Dingen«, sagte der Trebolaner. »Sehr viel sogar. Wie wir beide wissen, ist die arkonidische Technik der unseren überlegen. Deshalb ist unser