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PR NEO 0042 – Welt aus Seide

PR NEO 0042 – Welt aus Seide

Titel: PR NEO 0042 – Welt aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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beiläufigen Geste über den Kommunikator hinter dem Ohr. Wie vermutet, hatte er keinen Empfang.
    Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Zylinder, der noch immer vor ihm am Boden lag.
    Was für eine Geschichte hatte dieser unscheinbare Gegenstand zu erzählen?
    Crest kämpfte seine Aufregung nieder und streckte die Hand danach aus.
    Das Artefakt erwachte zum Leben.
    Crest keuchte auf.
    Sein Herz klopfte freudig in der Brust – er hatte recht behalten!
    Vor ihm, fast lebensgroß, schwebte das Gesicht seiner Ziehtochter im Raum.
    Zuletzt hatte er Thora vor fast fünf Monaten gesehen. Sie hatte mit der TOSOMA vom Gespinst abgelegt, während er selbst auf der Station der Mehandor zurückgeblieben war. Sie hatte versucht, einem Verband der Imperiumsflotte zu entkommen. Die Aktion war im Geschützfeuer gescheitert. Die TOSOMA war über der Eiswelt Snowman abgestürzt, ein brennendes Wrack. Thora, Rhodan und einigen anderen Menschen sowie Gucky war es gelungen, den Suchtrupps der Naats zu entkommen, die das Eis nach Überlebenden durchkämmt hatten. Doch Thora war einer anderen Gefahr zum Opfer gefallen: einem Bleichsauger, einem einheimischen Raubtier. Sein Gift hatte sie gelähmt, sie zum Tode verurteilt. Doch da war unverhofft Ernst Ellert auf den Plan getreten, der kein Mensch aus Fleisch und Blut mehr war. Mit einem Raumschiff unbekannter Herkunft hatte er Thora und ihre Begleiter an einen ebenso unbekannten Ort gebracht – in der Hoffnung, seine Ziehtochter dort retten zu können.
    Seitdem hatte Crest nicht mehr von Thora gehört.
    Sie nun so unverhofft wiederzusehen ... Was ist nur mit ihr?
    Thora war verschwitzt. Sie trug dunkle Ringe unter den Augen, und Blut rann von einer Stirnwunde die linke Seite ihres Gesichts hinab. Sie beachtete es nicht. Im Hintergrund war ein grauer, verhangener Himmel zu sehen.
    Ihre Stimme war verzweifelt.
    »Wer immer meine Worte hören mag – helfen Sie uns! Wir können nicht mehr lange durchhalten. Diese verfluchten Puppen sind in der Übermacht. Orlgans ist tot. Er hat sich für uns geopfert. Gucky ist am Ende seiner Kräfte. Ihrem nächsten Ansturm haben wir nichts entgegenzusetzen. Callibso ...«
    Die Aufnahme brach ab.
    »Nein!«, schrie Crest. Sein Herz raste. »Das kann noch nicht alles sein!«
    Verzweifelt hantierte er an dem Zylinder mit den sanften Unebenheiten auf seiner Oberfläche, bei denen es sich vielleicht um Schalter handeln mochte. Ein leichtes Summen schien aus dem Inneren auszugehen. Ohne zu wissen, was er eigentlich tat, drückte er darauf herum, bis die Botschaft ein zweites Mal abgespielt wurde.
    »Wer immer meine Worte hören mag ...«
    Die Aufnahme brach an derselben Stelle ab wie zuvor.
    Thora!
    Es war vergebens.
    Wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte, sackte Crest in sich zusammen.

12.
    Quetain Oktor
     
    Das Licht in der Leitzentrale war gedämpft und gab Quetain Oktor das unwirkliche Gefühl, Zeuge einer Vorführung, nicht Leiter einer der größten bewaffneten Einsätze in der jüngeren Geschichte des Planeten zu sein.
    Die Zentrale befand sich im einundsechzigsten Stockwerk des Turms. Unter ihnen lag die Verladeplattform des Lifts, von deren Rand sich der Halbkreis der obersten drei Stockwerke erhob. Ihnen gegenüber gähnte die Rampe zum Frachtterminal und den Lagerhallen, die Großteile der zehn darunter liegenden Stockwerke einnahmen. Der zentrale Schacht mit dem Anker aus Arkonstahl, der Turm und Orbitalstation an den Boden kettete, zog sich bis tief ins Fundament. Manchmal konnten sie ein leichtes Zittern des Bodens spüren, wenn einer der großen Frachtcontainer in Position gebracht und eingeklinkt wurde, doch das war alles, was sie hinter ihren gepanzerten und abgedunkelten Scheiben vom Verkehrsbetrieb mitbekamen.
    Oktor wusste, dass ein an die Antigravgeneratoren gekoppeltes Notfallsystem jede unvorhergesehene Belastung der Verankerung bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren vermochte. Wenn gar nichts mehr half, musste der Anker abgesprengt und eine spezielle Chemikalie im Seil des Lifts freigesetzt werden, welche die ersten zweitausend Meter des Webstahls in Sekundenschnelle zersetzen würde, sodass keine Gefahr von ihm für die Stadt ausging.
    Dennoch fühlte er sich wie zwischen zwei Wagen gespannt, die in verschiedene Richtungen zogen: an seine Füße gekettet Trebola, jene Welt, die ihn ebenso wenig wollte wie er sie – und über ihm die Garnison, die mit aller Macht des arkonidischen Imperiums an ihm

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