PR NEO 0044 – Countdown für Siron
war eine Sache, von Außerirdischen zu lesen oder sich gut gemachte Kinofilme mit ihnen anzusehen. Ihnen tatsächlich zu begegnen, war dagegen eine gänzlich andere, eine lebensverändernde Erfahrung.
Nach Rhodans Einschätzung verkraftete Stynn die Wahrheit erstaunlich gut. Allerdings mochte er sich irren, war er doch kein Kenner der sironischen Psyche. Er bat Atlan, ihren nicht ganz freiwilligen Gastgeber im Auge zu behalten, was dieser mit einem stummen Nicken zusicherte.
Matsu hatte inzwischen vor dem klobigen Bildschirm eines antik wirkenden Computers Platz genommen. Der schmale Tisch, auf dem das Gerät stand, sah aus, als würde er jeden Moment unter seiner Last zusammenbrechen.
Mit Crests Hilfe hatte sie eine Verbindung zu einem an das frühere irdische Internet erinnernden Informationssystem hergestellt und sah sich Luftaufnahmen der Stadt und der näheren Umgebung des Wracks an. Um ihre erstaunlichen Paragaben zu aktivieren, benötigte sie zumindest eine ungefähre Vorstellung des Ortes, nach dem sie Ausschau halten sollte. Nach einer Weile lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und faltete die Hände wie eine Schale in ihren Schoß. Iwan Goratschin trat hinter sie und legte seine Pranken auf die Schultern der zierlichen Frau.
Über den Handflächen der Mutantin flimmerte die Luft. Was zunächst wie eine optische Täuschung anmutete, gewann schnell an Kontur. Rhodan erkannte einen langen dunklen Schacht, dann eine Art Keller. Schließlich entstand das verschwommene Bild eines kuppelartigen Gebäudes. Es blieb noch einige Sekunden bestehen, dann sank Matsu mit einem herzzerreißenden Seufzer in sich zusammen. Sie drohte vom Stuhl zu rutschen, doch Goratschin fing sie auf, nahm sie in die Arme und bettete ihren Kopf an seine Brust.
»Das ... das Depot«, flüsterte die Asiatin erschöpft. »Es ist ... getarnt. Aber ich ... ich habe es gesehen. Es ... existiert tatsächlich.«
»Wo, Ishy?«, fragte Rhodan eindringlich. »Kannst du uns einen Hinweis geben, wo wir mit unserer Suche beginnen sollen?«
»Das Gebäude ...« Die Stimme Stynn Jariharatans, der wie ein Häufchen Elend in einem abgewetzten Sessel hockte, klang unsicher, aber gefasst. Rhodan sah den Sironer an, und der wich seinem Blick nicht aus. Wenn er bislang noch Zweifel an der Identität seiner Besucher gehabt hatte, so hatte Matsus kleine Vorführung diese offenbar vollständig zerstreut.
»Ich kenne das Gebäude, das ... das die Frau ... das sie mit ihren Händen ...«, stammelte er.
Rhodan ging in die Knie und lächelte. »Schon gut, Stynn«, sagte er sanft. »Ishy ist eine Mutantin. Sie hat die Gabe, Bilder von entfernten Orten zu empfangen und für andere sichtbar zu machen. Sie kennen das Kuppelgebäude, das sie uns gezeigt hat?«
»Jeder in Keless kennt es«, antwortete Stynn Jariharatan. »Es ist das Ornomeon, die Halle, in der der Rat seine Sitzungen abhält.«
16.
Die Kuppel des Ornomeons leuchtete in hellem Blau. Perry Rhodan machte keine Scheinwerfer aus, mittels derer dieser Effekt erreicht wurde, bis ihm Stynn Jariharatan erklärte, dass die Kuppeloberfläche mit einem speziellen, elektrisch leitfähigen Material überzogen war. Je nach Stromzufuhr gab das Gebäude demnach Licht in unterschiedlicher Färbung ab. Ein helles Blau, so der Sironer weiter, signalisierte den Stadtbewohnern, dass der Rat gerade tagte oder kurz davor stand, eine Sitzung abzuhalten. Dunkelblau bedeutete hingegen keine laufende Zusammenkunft.
Trotz der späten Stunde war das Ornomeon nicht nur für Besucher geöffnet, sondern sogar stark frequentiert. Auch hier konnte ihr Führer Aufklärung leisten. Die Kuppelkonstruktion war streng genommen immer und für jedermann zugänglich. Sie wurde lediglich gesperrt, wenn Wartungsarbeiten nötig wurden oder sich die Ratsmitglieder zu einer der seltenen internen Versammlungen zusammenfanden. Der Umstand, dass für den späten Abend eine Sitzung anberaumt worden war, erklärte die hohe Besucherzahl.
»Der Rat von Keless steht für Offenheit und die Freiheit des Wortes«, sagte Stynn, als sie das Ornomeon gemeinsam mit Dutzenden anderer Sironer durch eine breite Flügeltür betraten. »Alle Sitzungen sind öffentlich und werden per Bildfunk übertragen. Lediglich für die Abstimmungen werden der Große Saal geschlossen und die Sichtfenster abgedunkelt. Die Ergebnisse der Wahlgänge können allerdings sofort nach Stimmabgabe an den Informationstafeln im Ehrenkreis eingesehen werden.«
Besagter
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