PR NEO 0044 – Countdown für Siron

Ehrenkreis war ein breiter Rundgang, der sich einmal um den kompletten Kuppelbau zog und den ihre Gruppe nun erreichte. Ishy Matsu und Iwan Goratschin zeigten sich sichtlich beeindruckt und nickten anerkennend, während sie die Blicke schweifen ließen. Belinkhar hatte sich bei Rhodan eingehakt. Als sie kurz stehen blieben, um sich zu orientieren, lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. Ihr zufriedenes Lächeln deutete darauf hin, dass sie die Situation trotz des ernsten Hintergrunds genoss – und es wäre eine Lüge gewesen, wenn Rhodan von sich selbst das Gegenteil behauptet hätte. Je mehr Zeit er mit dieser Frau verbrachte, desto intensiver schätzte er ihre Gesellschaft.
    Crest und Atlan blieben zumindest äußerlich gelassen. Rhodan hatte den Eindruck, dass ihre Haut heller geworden war. Entweder ließen die eingenommenen Medikamente in ihrer Wirkung bereits nach, oder das Licht im Ornomeon erzeugte einen besonderen Widerschein.
    Der Einzige, den die Umgebung nicht im Geringsten zu interessieren schien, war Chabalh. Der Purrer hockte auf seinen Hinterbeinen und beobachtete die an ihrer Gruppe vorbeiflanierenden Sironer. Diejenigen, die Rhodan seiner Meinung nach zu nahe kamen, bedachte er mit einem warnenden Knurren. Dass er dabei wieder einmal zahlreiche Blicke auf sich zog, störte ihn offenbar nicht.
    An den sich sanft nach innen neigenden Wänden der Kuppel waren unzählige silberne Täfelchen angebracht. Viele davon waren mit sironischen Schriftzeichen beschrieben, die stark an das Arkonidische erinnerten. An in regelmäßigen Abständen im Boden verankerten Säulen konnte man als Besucher auf einem großen Mosaik jede einzelne Tafel per Fingerdruck aktivieren und weitere Informationen zu ihrer Bedeutung abrufen.
    »Die Ehrentafeln sind herausragenden Persönlichkeiten der sironischen Geschichte gewidmet«, erläuterte Stynn Jariharatan. »Wer einen Platz im Ehrenkreis erhält, hat Überdurchschnittliches geleistet und sich um das gesamte sironische Volk verdient gemacht.«
    Ishy Matsu war währenddessen an eine Glasvitrine getreten und musterte angestrengt ein maßstabsgetreues Modell des Ornomeons. Es zeigte das Gebäude im Aufschnitt. Der im Zentrum der Konstruktion liegende Sitzungssaal und die umgebenden Konferenz- und Tagungsräume waren gut sichtbar. In einem zweistöckigen Kellergeschoss waren die Versorgungsanlagen, Energieerzeuger und Materiallager untergebracht.
    Ein weiteres Kellerstockwerk war zur Tiefgarage für die Fahrzeuge der Räte, ihrer Entourage und der im Haus angestellten Bediensteten ausgebaut.
    Auf Matsus Stirn erschienen winzige Schweißperlen. Sofort war Goratschin an ihrer Seite. Rhodan gesellte sich zu ihnen.
    »Kannst du etwas erkennen?«, fragte er und biss sich im selben Moment auf die Lippen. Seine Bemerkung war ebenso dumm wie unnötig gewesen und würde die Mutantin schlimmstenfalls aus ihrer Konzentration reißen. Wenn Matsu etwas sah, würde sie es ihm ohne Nachfrage mitteilen.
    Nach einer Weile entspannte sich die zierliche Asiatin. Ihre Stimme klang kraftlos.
    »Wir müssen nach unten«, hauchte sie. »Wenn uns unser Freund in die Tiefgarage bringen kann, finde ich den Eingang zum Depot. Dort unten gibt es einen versteckten Antigravschacht.«
    Rhodan winkte Stynn zu sich und erklärte ihm, was sie von ihm brauchten.
    Der Sironer schüttelte beide Hände vor der Brust, als wolle er die Gelenke lockern – offenbar eine auf Siron übliche Geste der Verneinung oder des starken Zweifels. »Das dürfte schwierig bis unmöglich sein. Die Zugänge über die Büros der Räte sind verschlossen und werden zudem von Kameras überwacht. Wahrscheinlich existiert auch eine Alarmanlage. Im Ornomeon gibt es eine eigene Polizeieinheit, die hervorragend ausgebildet ist und in dem Ruf steht, nicht zimperlich zu sein, wenn es um den Schutz der Ratsmitglieder geht.«
    »Was ist mit der Einfahrt in die Tiefgarage?«, wollte Rhodan wissen.
    »Die meisten Räte kommen in ihren Dienstlimousinen über die Rampe auf der Rückseite des Gebäudes, aber auch die ist bewacht.«
    Rhodan nickte nachdenklich. Er hatte zwar nicht erwartet, dass es einfach werden würde, aber mit so vielen Schwierigkeiten hatte er nicht gerechnet. In seinem Hinterkopf begann sich dennoch ein vager Plan zu formen, riskant und ohne Erfolgsgarantie, aber was hatten sie in ihrer Lage noch zu verlieren?
    Als er seinen Begleitern die Idee leise vortrug, sah er allenthalben skeptische Mienen. Lediglich Atlan lächelte