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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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besprochenen Bahnen verlief.
    Eigentlich hätte er dank der Translatoren alles verstehen müssen; aber sein Gerät litt seit einigen Stunden unter einer Fehlfunktion. Wieder einmal. Das vergrößerte seine ohnehin vorhandene Skepsis sämtlicher Wundertechnologie gegenüber noch mehr. Gerade hatte er sich an die Funktionsweise der Translatoren gewöhnt und war in der Lage, jede beliebige Sprache zu verstehen und zu sprechen, und schon versagten sie. Es waren eben fehleranfällige Prototypen wie so vieles in dieser schönen neuen Zeit voller außerirdischer Wundertechnologie ...
    »Kein Interesse«, wies Olf Stagge die beiden Frauen barsch ab. »Wir suchen etwas Besonderes.«
    Er erhielt eine Antwort mit heller und überraschend freundlicher Stimme. »Und wonach verlangt es unsere verehrte Gäste?« Der Tonfall und die ausgesuchte Höflichkeit wollten so gar nicht in diese Umgebung passen. Tschubai verstand die Worte nur, weil sein Begleiter sie rasch übersetzte.
    »Wir suchen ... die Frau wie Glas«, sagte Stagge zögernd; eine blumige Umschreibung für das, was unter der Hand die Runde durch Jakarta machte, wenn man wusste, auf welche Stichworte man lauschen musste. Eine poetische Bezeichnung, die die Gerüchte der Unbekannten verliehen hatten.
    Beide Prostituierten antworteten mit einem ebenso reizenden wie undurchschaubaren Lächeln. Eine zog sich zurück, die andere zupfte eine der Stoffbahnen über der Schulter zurecht, was den überaus gewagten Ausschnitt noch vergrößerte. »Ihr seid also wegen Ailin gekommen«, stellte sie fest.
    Den Namen hörten die Mutanten zum ersten Mal. Eines bemerkte Tschubai sofort: Er klang chinesisch. Gehörte die Gesuchte der chinesischen Minderheit auf Java an? Aber kaum ein Chinese war außerhalb der Wehrdörfer zu finden, denn ...
    »Leider ist sie nicht mehr Teil unseres Hauses«, riss ihn die Hure aus den Überlegungen.
    »Ailin«, sagte Olf Stagge. »So ist es, sie suchen wir, und es ist wichtig, dass wir sie und nur sie zu einem ...«
    In diesem Moment zerbarsten die Spiegel an der Wand.
     
    Scherben zischten durch die Luft, und die Augen der Prostituierten vor ihnen bluteten. Sie schrie, und Ras Tschubai spürte, wie ihm etwas gegen den Rücken schlug. Ein reißendes Geräusch und ein scharfer Schmerz: Das alte Hemd hing in Fetzen über der Schulter.
    Der Teleporter wirbelte herum, sah noch, wie Olf Stagge schützend die Arme vor den Kopf riss. Ein bizarrer Anblick nahm ihn gefangen: Der dürre Mann lag zur Hälfte skalpiert auf dem Tresen in einer Blutlache. Das Pod, auf das er vorhin noch gestarrt hatte, war halb unter dem bebenden Oberkörper begraben.
    Ein Dutzend Gläser zischten auf Tschubai zu. Sie platzten in der Luft, ein Scherbenhagel schoss auf den Afrikaner zu, würde ihm im nächsten Moment das Gesicht zerfetzen, das Fleisch von den Knochen schälen und ...
    Dass er instinktiv seine Teleportergabe genutzt hatte und gesprungen war, begriff Tschubai erst, als er wieder im Freien stand und der Mynah flatternd über seinem Kopf davonflog. Stagge war neben ihm, hielt die Arme nach wie vor zum Schutz erhoben. Offenbar hatte er ihn im Sprung mitgenommen, aus reinem Reflex.
    Im Bordell krachte es, ein Mann brüllte wütend, und eine schlanke, geradezu ausgezehrte Frau hetzte ins Freie, rannte in dem heruntergekommenen Innenhof auf sie zu. Sie entdeckte die beiden Mutanten, erschrak, stolperte mitten im Lauf. Dabei geriet sie ins Straucheln und stürzte. Sie trug einen nur handspannenlangen Rock; der Stoff zerriss.
    Das musste sie sein: Ailin. Die gesuchte Telekinetin, die Frau wie Glas. Ihr Gesicht war weiß, die Haare lang, voll und lichtlos schwarz.
    Sie rollte sich auf die Seite und stemmte sich hoch. Sie schrie den beiden Männern irgendetwas zu, wohl auf Chinesisch; Tschubai verstand sie nicht. Er streckte ihr die leeren Hände entgegen, ein Zeichen dafür, dass er unbewaffnet war und keinen Streit suchte, wie man es auf der ganzen Welt kannte.
    Wahrscheinlich war es für eine solche Geste längst zu spät. Ailin befand sich in nackter Panik, hatte die Fremden nicht umsonst im Bordell derart rigoros angegriffen. Oder hatte das alles gar nichts mit ihnen zu tun? Waren Tschubai und Stagge einfach nur zur falschen Zeit gekommen, im Moment eines ohnehin eskalierenden Konflikts?
    Die Gedanken des Teleporters stockten, als es erneut klirrte.
    Überall.
    Und überlaut.
    Sämtliche Scheiben in den Häusern rundum platzten. Das Inferno brach los, und Ras Tschubai sah den

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