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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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zeigte hier und da Kratzer ähnlich der Narben eines organischen Wesens.
    >Hast du genug gesehen?<, fragte mein Ebenbild schließlich. >Dann lass uns unsere Aufgabe besprechen. Ich bin Cairol.<
    >Cairol?<, entgegnete ich. Verwundert. Und ja, verärgert. >Das ist unmöglich. Ich bin Cairol.< Der Roboter, der sich meinen Namen angeeignet hatte, blieb auf halbem Weg zu einer Konsole stehen. >Ah, ein Neuling! Du triffst das erste Mal auf einen Bruder, nicht wahr?< Mir wollte keine kluge Antwort einfallen, deshalb schwieg ich. >Also, es ist so<, stellte mein Gegenüber fest. Er trat vor mich. >Du bist Cairol. Und ich bin es. Und viele andere sind es auch. Wir sind gleich und wieder nicht. Wir sind eins, und doch ist jeder von uns ein Einzelner. Ich - ich bin Cairol der fünfundvierzigste.<
    >Der fünfundvierzigste? Heißt das, ich bin nicht. Es gibt so viele von uns?< Mein fünfundvierzigster Bruder sah mich mitfühlend an. >Noch viel, viel mehr. Man hat dir deinen ganzen Namen nicht mitgeteilt, nicht wahr? Dann will ich es tun. Du bist.<, ich spürte, wie er eine Datenabfrage startete, >.du bist. Cairol der 404te.< Ein Abgrund tat sich vor mir auf. Ich wäre ihn hinabgestürzt, wäre nicht mein Bruder an Ort und Stelle gewesen und hätte mich aufgefangen. Er sorgte dafür, dass die Erkenntnis, dass ich nur ein Industrieprodukt war, billige Massenware der Kosmokraten, sich erst nach und nach in mir ausbreitete. Er tat dies, indem er darauf bestand, unsere Mission unverzüglich zu planen und auszuführen.
    Und das taten wir. Der Auftrag, den wir von den Kosmokraten erhalten hatten, war einer des Ausgleichs und Friedens gewesen. Aber wie ich bereits sagte, die Kosmokraten gestatteten es mir - uns -, Entscheidungen weitgehend autonom zu treffen, den Erfordernissen der Lage entsprechend. Ich und mein Bruder erfüllten den Auftrag. Wir hinterließen eine Spur der Zerstörung, und in der Glut, in der Welten starben, verging der schlimmste Stachel der Wut über die demütigende Offenbarung meines Bruders.
    In den Jahrtausenden, die folgten, traf ich Dutzende meiner Brüder, doch Cairol den fünfundvierzigsten sah ich nie wieder. Nach und nach verblasste meine Enttäuschung darüber, ein gewöhnliches Werkzeug zu sein. Es tat gut, Brüder zu haben. Jedes Treffen mit einem Bruder war eine aufrüttelnde Erfahrung, die ihr angeblich so gefühlvollen organischen Wesen niemals zu erleben hoffen könnt. In jedem Bruder begegnete ich mir selbst und gleichzeitig einem anderen, waren wir doch Wesen vom selben Ursprung, erfüllten wir doch denselben Auftrag, und gleichzeitig hatten uns die Jahre zu eigenständigen Persönlichkeiten gemacht.
    Schließlich begann ich die unerwartet gefundene Kameradschaft zu genießen, so unvollkommen sie auch war. Mein Weg führte mich dorthin, wohin die Kosmokraten mich schickten. Wenn sie überhaupt von meinen Bedürfnissen Kenntnis hatten, nahmen sie keine Rücksicht auf sie.
    Wir Brüder trafen uns für winzige Zeiträume, erfüllten unsere jeweilige Aufgabe und gingen wieder auseinander. Bald rührte sich in mir eine neue Unzufriedenheit. War es nicht ungerecht von den Kosmokraten, ausgerechnet ihre treuesten und wichtigsten Diener so nachlässig zu behandeln? Im Geheimen begann ich mit meinem, unserem Schicksal zu hadern. Ich wagte es nicht, mich einem Bruder anzuvertrauen, und hätte es der Zufall nicht gewollt, wäre meine Missbilligung ohne Folgen geblieben, versteckt in dem virtuellen, vielfach abgesicherten Rechner, in dem ich sie vor meinen Herren verbarg.
    Ein neuer Ruf kam. Am Treffpunkt erwartete mich ein Anblick, den ich nicht für möglich gehalten hätte. Neun Walzenschiffe meiner Brüder schwebten im Orbit einer einsamen Welt, die ihre Bahnen durch den Leerraum zog. Es war ein Fest! Bereits die Begegnung mit einem einzelnen Bruder war ein aufwühlendes Erlebnis, die mit mehreren. in den kurzen Stunden, die uns blieben, bevor unser Einsatz begann, erwuchs in uns ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das sich in keiner Sprache organischer Wesen in Worte fassen lässt. Wir waren als Einzelne an diesen öden Ort gekommen, als Gemeinschaft verließen wir ihn wieder.
    Wir nahmen unsere Mission auf. Ich muss den Kosmokraten zugestehen, dass sie uns im Voraus wissen ließen, dass unser Einsatz dem Kampf dienen würde. Für gewöhnlich schwiegen sie sich über die Natur unserer Missionen aus. Ihre Gründe, die Ziele, abgesehen von den unmittelbaren, die Grundlagen, auf denen sie ihre

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