PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
beschloss, sich an die Fersen Rhodans und seines Begleiters zu heften. Seine Nase juckte. Ein deutliches Zeichen dafür, dass er einer bedeutenden Sache auf der Spur war. Eine Verfolgung des Residenten zahlte sich auf jeden Fall aus. Schlechtesten falls verkaufte er seine Neuigkeiten über den Verbleib Rhodans ans Informantennetz der Buchmacher und kassierte für etwaig anfallende Wetten kleine Provisionen, die in der Masse der Spieler einen feinen Batzen Geld auf sein Konto spülen würden. Bestenfalls war er an einer bedeutenden Entdeckung beteiligt, die er gewinnbringend an Nachrichtenagenturen verkaufen konnte. Oder aber…
Wiesel spann den Gedanken nicht weiter. Perry Rhodan verließ soeben den Viktualienmarkt durch jenen Ausgang, der ihn zum Gleiterdeck brachte. Dort wartete wahrscheinlich Blas, der stinkende Epsaler, mit dem Wiesel so seine Problemchen hatte. Dieser unverschämte Kerl würde ihn unter keinen Umständen zu den Privatgleitern lassen, und für eine Improvisation war keine Zeit.
Wiesel verscheuchte ein paar marsianische Touristen, die seine Holo-Wettgrafiken neugierig begutachteten. Er tat dies mit großem Bedauern. Marsianer, die erst seit einigen Jahren auf dem Roten Planeten siedelten, galten branchenintern als äußerst risikobereit. Mit ein wenig Geschick hätte er ihnen zumindest ein gutes Wochensalär aus den Kreditchips abgesaugt.
Wiesel fluchte. Warum ließ er es nicht einfach bleiben? Warum fand er nicht zur Ruhe? Er hatte genug Geld angespart, um sich zur Ruhe zu setzen und auf irgendeinem Ferienplaneten die Puppen für sich tanzen zu lassen. Terminale Kolonne hin, TERRANOVA-Schirm her – es fanden sich immer Mittel und Wege, sich zu arrangieren. Der Klang des Geldes vereinnahmte jedermann. Stattdessen stiefelte er wie schon seit 20 Jahren durch seine Münchner Heimatstadt, suchte das Risiko, ließ sich auf gefährliche Spielchen ein…
Apropos Spielchen.
War das nicht Ernest von Kraft, der Oberste Bayrische Gildemeister? – Natürlich! – Der Dicke schob seine mächtige Bierwampe vor sich her, teilte mit ihr die Menschenmenge wie das Meer, kam schnaufend und stampfend auf Wiesel zu.
»Die Mitgliedsgebühr für die Gilde, du nichtsnutziger Hurensohn!«, dröhnte von Kraft mit hochrotem Kopf. »Du schuldest sie uns seit mehr als einem Jahrzehnt! Haltet ihn fest, legt ihn in Fesseln, zerteilt und zerlegt ihn!« Links und rechts von ihm tauchten bärbeißige Bodyguards auf, denen der Stumpfsinn aus den Augen leuchtete. Bedauerlicherweise schleppten sie aber auch gewaltige Berge an Muskelmassen mit sich, und Humor zählte gewiss nicht zu ihren Stärken.
Damit war die Sache klar. Es war an der Zeit, einen Tapetenwechsel zu vollziehen. Wiesel drängte sich zwischen die matronenhaften Mitglieder der Gruppe »Kränzchen Ehemaliger Isländischer Schönheitsköniginnen«, kroch »Gunkels Laden für Liebeselixiere« entlang, schloss zur allgemeinen Verwirrung die drei anwesenden Wettroboter kurz, sodass Hunderte Hologramme wie Irrwische durch die Marktreihen tobten, und nutzte schließlich den eigens für einen derartigen Abgang präparierten Antigravschacht hinab in den »Bauch« Münchens.
Wiesel schloss, kaum in der Unterstadt angekommen, deren vielfältigen Einrichtungen vor allem der Versorgung seiner Einwohner diente, die Steuerung des Antigravs mit der vorbereiteten Sprengladung kurz. Ein leiser Knall, ein Zischeln – und ein Teil der Wartungsaggregate des Viktualienmarkts gaben ihren Geist auf. Wiesel hörte Fluchen und Ächzen.
Eine winzige Spioneinheit, die er ausgesetzt hatte, lieferte ihm Bilder von »oben«. Eine Frau schrie empört auf, als eine robotische Serviereinheit aus der dritten Ebene willkürlich mit sämigem Orangensaft um sich spritzte. Eine weitere Maschine, ein Spinnenwärter, torkelte die Standreihen entlang und schleuderte Früchte nach links und rechts.
Wiesel setzte sich in Bewegung, befriedigt über das Chaos, das er zurückließ und das etwaige Verfolger abschreckte. Es ging nichts über eine sorgfältige Planung.
Er wählte willkürlich den Gang zur Linken, lief kreuz und quer durch das Labyrinth, das er schon vor vielen Jahren erkundet hatte. Containerstraßen kreuzten sich mit Restmüll-Sammelwegen, neben unterirdischen Notquartieren fanden sich kommunale Lagerplätze, weitere städtische Wartungs-Knotenpunkte sowie unterirdische Wasserreservoirs. Er war in seinem Reich. Niemand kannte den Bauch Münchens so gut wie er.
Nach einigen Minuten hielt
Weitere Kostenlose Bücher