PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
Geistesstimme mit seltsamer Verve, du machst den Transit nur noch schlimmer. Ein ganz besonderes Treffen wartet auf dich, und das geht lediglich in einem anderen… Raum. An einem anderen Ort. Zu einer anderen Zeit.
Ellert wollte nicht. Er wusste, wie Horrortrips endeten. Er hatte Freunde gesehen, die sich erbrachen, sich am Boden wanden, die alles kurz und klein schlugen, die sich gegen alles und jeden wandten.
Es ist gleich geschafft, fuhr die Stimme fort. Entspann dich. Das grellrote Licht und der Nebel sind Begleiterscheinungen des Transfers. Sie machen sichtbar, was nicht sichtbar sein darf.
Das blutende Monster löste sich in Luft auf, das Paraffin an seinem Körper verflüssigte sich. Es tropfte von seinem Körper ab, bildete rings um ihn einen glitzerglänzenden See. Die Flüssigkeit wirkte wie… wie… eingefangene, gezähmte Zeit.
Wir haben s fast geschafft!, sagte die Stimme erleichtert. Du birgst erstaunliche Fähigkeiten in dir. Irgendwann werden sie vollends erwachen, und dann… Die Stimme in seinem Kopf zog sich ein Stücken »zurück«. Nach wenigen Augenblicken kehrte sie wieder, wesentlich nüchterner und sachlicher klingend diesmal. Rechts von dir findest du eine Bürste, sagte sie. Nimm sie und schrubbe dir den Rest der Flüssigkeit vom Leib. Mach es so gründlich wie möglich. Du wirst das Tempit benötigen, wenn du… zurückkehrst.
Das Tempit?
Ellert gehorchte ohne Widerspruch, ohne nachzudenken. Er beschloss, die Situation so zu akzeptieren, wie sie sich darstellte. Nichts von dem, was er sah, hörte, roch oder fühlte, durfte wahr sein.
Und dennoch wusste er, dass er keiner Täuschung unterlag. Dafür waren seine Sinneseindrücke zu real, zu unmittelbar.
Sehr gut!, lobte die Stimme, nachdem er seine Arbeit erledigt hatte. Und nun stell dir eine Tür vor. Durchschreite sie, sobald sie Wirklichkeit wird. Achte nicht auf die Geräusche links und rechts von dir. Bleibe stets auf der Brücke, so lang sie dir auch erscheinen mag. Und wenn du ihr Ende erreichst…
»Ja?« Ellert sprach das Wort laut aus. Der dünne, zittrige Klang seiner Stimme erschreckte ihn. »Was dann?«… dann musst du Chahim besiegen.
3
Wiesel
Der Tag war wie geschaffen für gute Geschäfte. Es herrschte prächtiges Herbstwetter, Touristen aus allen Teilen Terras bevölkerten den Markt, der Monatsanfang hatte für volle Konten gesorgt.
Wiesel lächelte in sich hinein. Die offiziellen Buchmacher-Robots waren viel zu schwerfällig, um zu erkennen, dass er ihnen ins Geschäft pfuschte. Und es liefen ausreichend Narren umher, die darauf warteten, von ihm um ihr Geld erleichtert zu werden.
»Mach dein Glück!«, krächzte er, »traumhafte Quoten, Gewinnchancen von über sechzig Prozent. Ich nehme jede Wette an, jede, ich zahle gleich, zahle sofort. Wiesel Enterprises ist offiziell zugelassen, keine Gefahr, kein Risiko, Buchungen für alle Wettereignisse des bekannten Universums.«
Nun ja. Seit einiger Zeit waren seine Geschäfte nur auf das irdische Sonnensystem beschränkt. Die Erde stand unter Belagerung durch die Terminale Kolonne. Doch dieser Ausnahmezustand hatte sich als äußerst einträglich für sein Geschäft erwiesen. Die Terraner flüchteten sich in Träume vom kleinen und großen Geld. Sie gingen mehr Risiken ein, und sie nahmen es nicht mehr so genau mit Gesetzen und Regelungen wie noch vor wenigen Monaten.
»Venusianische Schneckenrennen?«, fragte ihn ein Ertruser, kurz angebunden.
»Selbstverständlich, der Herr! Kommt gleich, kommt sofort.« Wiesel zog die Buchungspositronik aus der Seitentasche und begutachtete die tagesaktuellen Läufe auf der Venus.
Der Renntag in Oprah City begann in wenigen Minuten. Er betrachtete die Quoten, lud sich von anderen Buchmachern, die in das interstellare Informantennetz eingebunden waren, die neuesten Nachrichten herunter und legte dem Ertruser ein Holo mit Erfolgschancen und unterschiedlichsten Setzmöglichkeiten vor die Nase.
»Erstes Rennen«, sagte er und deutete ins Holo. »Running Smurf gilt als haushoher Favorit, steht allerdings unter Dopingverdacht. Die Einlaufwette Running Smurf – Iron Man – Lightning Bolt verspricht großes Geld. Zwanzig zu Eins. Oder aber du wettest auf den Letzten im Ziel. Benchmark gilt – mit Verlaub – als lahme Schnecke. Ha. Ha.«
»Ha.« Der Ertruser beugte sich zu ihm herab. Er stank nach Schweiß und Sex, übertüncht von billigem Parfüm. Die Augen liefen auseinander. »Ich nehme dieses Zwanzigzueins-Dingsbums«,
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