Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

Titel: PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
waren dankbare Aufmacher für das nächstwöchige Sonntags-Feuilleton der Abendpost.
    Ellert klopfte an den im Wind klappernden Verschlag. Fast erwartungsgemäß antwortete niemand. Er schob einen rostigen, viel zu langen Haken beiseite und trat ein.
    Nichts.
    Nur ständig verwirbelnder Nebel, der seine Fantasie weiter anfachte, der seltsame Figuren und Bilder ausformte.
    Gab es eine Leiter oder Treppe, die in den Hochstand führte?
    Nein. Die Wände wirkten im Inneren ebenso verwahrlost wie im Freien. Als hätte ein Betrunkener wahllos und ohne nachzudenken, Bretter aneinander genagelt. Nach wie vor konnte er nicht länger als für ein oder zwei Sekunden fokussieren. Dann verschwamm der Blick, dann fühlte er stechende Kopfschmerzen.
    Ellert tastete vorsichtig eines der Bretter ab. Er wirkte grob, unbehauen – und glühend heiß. Erschrocken löste er die Finger und schüttelte sie aus. Es war fast so, als hätte er eine Herdplatte berührt. Eigentlich hätte das Holz bei derartigen Temperaturen in Flammen stehen müssen!
    Er wich einen Schritt zurück, hin zur Türe. Sein Herzschlag beschleunigte, er fühlte kreatürliche Angst.
    Merkwürdig. Die Hitze des Holzes strahlte kaum ab. Stattdessen roch Ellert nun blühenden Flieder, stechend scharfen Anis, verbrennenden Gummi. Alles Dinge, die es hier nicht gab – oder nicht geben konnte.
    Er musste den Raum verlassen. Rasch, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an das Rätsel, das sich vor ihm auftat. Er hatte hier nichts verloren.
    Ernst Ellert fluchte. Laut und ausgiebig. Er konnte, er durfte nicht gehen! Er schaffte es nicht, sich umzudrehen und den Raum zu verlassen. Neugierde war eine seiner größten Untugenden. Oftmals steckte er seine Nase in Dinge, die ihn nichts angingen. Seine Wissbegier hatte ihm bereits die Hälfte eines Schneidezahns, eine gebrochene Nase und ein geplatztes Trommelfell gekostet.
    Mit ausgestreckten Händen drang Ellert weiter ins Innere des Raumes vor. Die Hütte war maximal fünf Meter tief und breit. Bereits nach wenigen Schritten musste er gegen die gegenüberliegende Bretterwand stoßen.
    Der Nebel umfing ihn, packte ihn ein, entwickelte unangenehmen Druck. Seinem Gefühl nach befand er sich nun im Zentrum der Hütte.
    Er fühlte sich einsam. Traurig. Niedergeschlagen. Am liebsten hätte er sich fallen gelassen, hätte geweint und seinem elenden, langweiligen Leben ein Ende bereitet…
    Ellert schüttelte seinen Kopf, vertrieb die trüben – und trügerischen – Gedanken. Irgendein Wahnsinniger hauste hier, zugedröhnt von einer wilden Mischung aus Pilzen, chemischen Drogen, Haschisch und Früchten, die er über einem offenen Feuer aufkochte und deren Dämpfe er dann inhalierte.
    Er zog sein Taschentuch aus der Brusttasche und hielt es vor die Nase. Er musste so flach wie möglich atmen, nur ja nicht zu viel von dem Teufelszeug einatmen.
    Ellert wich zurück – zumindest wollte er das. Seine Beine gehorchten ihm nicht mehr. Sie fühlten sich an, als wären sie in Beton gegossen. Nein: Es war anders. Flüssigkeit träufelte auf ihn herab und bedeckte ihn. Sie ähnelte Paraffin, ließ sich nur unter größten Mühen von der Haut abkratzen. Schicht für Schicht packte ihn ein, schränkte sowohl Willenskraft als auch Bewegungsfähigkeit immer weiter ein.
    Keine Angst!, wisperte eine Stimme wie aus weiter Ferne, es passiert dir nichts. Ich muss dich vor den Wirkungen des Übertritts schützen. Die Anpassung wird ein wenig dauern.
    Ellert verfluchte seine Unvorsichtigkeit. Er hatte viel zu spät reagiert. Die Drogen nahmen Besitz von seinem Geist, zogen ihn tiefer in einen Bereich, den er nicht mehr kontrollieren konnte.
    Der Schriftsteller hatte wie jedermann in seinem persönlichen Umfeld einschlägige Erfahrungen mit LSD und Hasch gemacht, und er wusste über Bewusstseinserweiterung Bescheid. Er kannte seinen Timothy Leary, er hatte »Lucy in the Sky with Diamonds« gesungen und ganz genau gewusst, was die Beatles damit meinten. Aber diese Erfahrung hier – sie war neu, sie war überaus gefährlich, denn sie vermittelte ihm das hässliche Gefühl, keine Kontrolle mehr über sein Leben zu besitzen.
    Alles verwirbelte rings um ihn. Nebel und Paraffin machten lebendem, blutrotem Schleim Platz, der sich zu einer Monsterfigur aufrichtete und dann gierig auf ihn stürzte. Sie wirkte wie der Bestandteil einer monströs großen, blutigen Plazenta… »Nein!«, schrie Ellert, »neinneinnein…«
    Wehr dich bitte nicht, flehte die

Weitere Kostenlose Bücher