PR TB 013 Sternkolonie Troja
mehr ertragen konnte.
Wäre es irgendwo auf einem fremden Planeten der Besatzung
eines Forschungsschiffes in die Hand gefallen, die Forscher hätten
es neugierig betrachtet, ihm einen lateinischen Namen gegeben und es
als einheimische Tierform klassifiziert. Niemand wäre auf die
Idee gekommen, es handele sich um den Abkömmling einer
menschlichen Mutter und eines menschlichen Vaters. Das Ding war etwa
einen halben Meter lang und, wie George es richtig beschrieben hatte,
eiförmig. Ein dichter, langhaariger Pelz bedeckte den Körper.
Es gab keinen Kopf, keine Arme, keine Beine - überhaupt nichts,
wodurch sich ein Teil des eiförmigen Gebildes vom anderen hätte
unterscheiden lassen. Tiff studierte das Ding eine Weile, sah, wie es
sich unruhig hin und her wälzte, sich aufblähte und
anschwoll und wieder in sich zusammensank. Er überwand
schließlich seine Abneigung, langte in das Gestell hinein und
versuchte, das pelzige Riesenei aufzuheben.
Im nächsten Augenblick schrie er auf. Die feinen Haare des
Pelzes brannten ihm auf den Fingern. Es war ein Gefühl wie von
Brennesseln, nur zehnmal stärker. Das Ei fiel wieder in sein
Gestell zurück und lag ein paar Sekunden lang ruhig, als
erforsche es seine Umgebung. Dann begann es wieder zu zucken, sich
umherzuwälzen und sich aufzublähen.
Tiff besah die Hände. Da, wo sie den Pelz berührt
hatten, waren sie hellrot verfärbt. Er würde sich von
George untersuchen lassen müssen. Das Pelzgift konnte gefährlich
sein.
Er ging zum Fenster und sah hinaus auf die braune Grasfläche,
die der Rand der Stadt vom Wald trennte. Er versuchte sich
auszumalen, was die Leute auf der Erde sagen würden, wenn sie
seinen Bericht von TROJA zu hören bekamen. Die Folgen waren
unabsehbar, wenigstens für die Bemühungen des
Kolonisationsamtes. Terranische Siedler waren nicht leicht zu
erschrek-ken. Sie ertrugen Durchschnittstemperaturen von minus zehn
Grad mit dem gleichen Stoizismus, mit der sie sich über solche
von plus vierzig hinwegsetzten. Sie rückten einem Planeten zu
Leib, dessen unfruchtbarer Boden einen Höchstertrag von einem
Halm Weizen pro Quadratmeter erzielte, und verwandelten ihn in ein
blühendes Paradies. Sie rotteten ganze Armeen gefährlicher
Tiere aus, lebten im Licht einer kurzzeitig Veränderlichen, wo
Sommer und Winter in Vierzehn-tage-Intervallen aufeinander folgten.
Sie lebten auf Welten, die so weit von TERRA entfernt waren, daß
die Erde es sich nicht leisten konnte, öfter als einmal alle
zwei Jahre ein Versorgungsschiff zu schicken. Sie bezwangen
Felsbrocken, auf denen nur ein Zehntel der Normalschwerkraft
herrschte, und fanden sich auf Welten zurecht, auf denen jeder
zweimal sein ursprüngliches Körpergewicht zu tragen hatte.
Sie waren nicht aufzuhalten. Sie waren eine stolze Rasse, und
überall in der Galaxis hißten sie die blaue Flagge mit dem
von zwei Händen gehaltenen Spiralnebel der Milchstraße,
die Flagge des Solaren Imperiums.
Nur eines würden sie nicht ertragen. Sie wollten, daß
ihre Kinder genauso aussähen wie sie selbst, und sie würden
jeden Planeten wie die Pest meiden, von dem sie befürchteten,
daß seine Einflüsse ihre Frauen Mißgeburten
hervorbringen ließen.
Wie TROJA zum Beispiel. Man würde ihnen nicht
rasch genug klarmachen können, daß es sich hier nicht
um natürliche Geschehnisse handelte, sondern um den bewußten
Eingriff eines hinterhältigen Gegners. Die Leute verstanden
nichts von der Biologie der Mutationen. Sie wußten nicht, daß
die Toleranz des Menschen gegenüber Änderungen seines
Erbbildes so klein war, daß sie fast nicht zu existieren
schien. Wahllose Eingriffe der Umwelt führten nur in einem von
einer Million Fällen zu einem lebensfähigen Produkt, die
anderen besaßen nicht die Fähigkeiten, die das Leben
erforderte, und die meisten vergingen, ohne daß selbst die
Eltern von ihrer Existenz wußten. Um das Produkt zweier völlig
normaler, menschlicher Eltern in ein pelzbedecktes Riesenei zu
verwandeln, bedurfte es ungezählter Veränderungen der
Erbmerkmale, und jede
einzelne Veränderung stellte die Lebensfähigkeit des
Produktes in Frage. Unter den fast unendlich vielen
Veränderungskombinationen, die zum äußeren
Erscheinungsbild des Pelzeis führten, gab es nur eine, die
Erscheinungsbild und Lebensfähigkeit hervorbrachte.
Die Wahrscheinlichkeit, daß die Natur ein solches Ergebnis
durch wahllosen Eingriff hervorbrachte, war bis auf einen winzigen
Rest gleich Null. Mit anderen Worten: Ein
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