PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
Touristen kümmerten.
„Ja?“
„Entschuldige die Frage, aber … was eigentlich findest
du an Sandia?“
Er wandte ihr sein Gesicht zu; die dünnen Ränder der
heilenden Schnitte wirkten wie eine exotische Verzierung.
„Da ich nicht genau weiß, was ich suche“, begann
er, „kann ich keine befriedigende Antwort geben. Neugierde oder
Eifersucht?“
„Letzteres“, erwiderte Satya und ließ seine Hand
los, die ihr in den Antigravschacht geholfen hatte. In der leeren
Stahlröhre klangen die Worte seltsam hohl und hallend.
„Sandia ist ein hübsches, nettes, junges Mädchen“,
sagte er. „Und vermutlich suche ich bei ihr etwas, das
heutzutage selten geworden ist. Natürlichkeit, Jugendfrische und
Normalität. Das, fand ich, mangelt den meisten Frauen, die sich
>in deinen Kreisen< bewegen. Natürlich kann ich mich
irren.“
Satya lächelte maliziös und schwang sich aus dem
Schacht.
„Ich kenne unzählige Mitglieder der
Raumfluggesellschaften, Rogier. Und ich prophezeie dir die
Enttäuschung deines Daseins. Die einzigen, die etwas taugen,
sind die Kapitäne. Die Verantwortung hat sie geprägt. Der
Rest ist zweifelhaftes Material in todschicken Uniformen.“
„Deine Fürsorge ist rührend“, sagte er knapp.
„Ich habe mich nicht festgelegt. Noch ist Hoffnung.“
„Reale Chancen, Rogier?“ fragte sie ruhig.
Er blieb dicht vor der Tür von Lees Büros stehen und
legte seine Finger um den kurzen Zopf der Reporterin. Dann nahm er
die Brille von ihren Augen und küßte sie hart. Sie
erwiderte den Kuß und ließ beinahe die Kamera fallen.
„Das ist unfair“, sagte sie dann.
Lee riß die Tür auf, entdeckte Rogier und Satya und
sagte:
„Verzeihung — Meinungsverschiedenheiten?“
Rogier faßte Satya an beiden Schultern und schob sie vor
sich in das Büro hinein. „Werbevorspann“, erläuterte
er trocken. „Die Stunde der Wahrheit.“
„Olè!“ sagte Lee. „Ich habe einen offenen
Kanal zu Lano Dorian.“
Er deutete auf den Schirm, der das Büro des Direktors zeigte.
„Sie versuchen gerade, Nguyen hinauszulocken. “
Er deutete auf einen Tisch, auf dem sechs Waffen lagen; drei
Paralysatoren und drei kleine, gedrungen wirkende Strahler. Rogier
suchte sich eine der drei Strahlwaffen aus, sah die Ladung nach und
kontrollierte die Einstellung. Er sicherte die Pistole und schob sie
unter die Schulter. Einen Paralysator steckte er über dem linken
Oberschenkel in den breiten Gurt.
Dorian erschien auf dem Schirm, grüßte kurz und sagte:
„Er fährt jetzt los. Ich habe zwanzig Männer
bewaffnet. Kinkardine ist unter ihnen. Er kennt die Story
inzwischen.“
„Wir gehen“, sagte Lee und schlüpfte in eine
leichte Jacke aus exotischem Wildleder. „Danke, Dorian. Wir
melden uns bei Chicopee, wenn es vorbei ist.“
Drei hohe zylindrische Gläser waren mit einer
grünschillernden Flüssigkeit gefüllt, und Lee bot sie
an. Sie waren schnell leer.
„Gehen wir“, sagte Lee und rammte seine Hand in einen
Handschuh. „Übrigens — es waren einige Ingredienzien
im Brandy. Adrenalinpräparate und etwas, das uns
schmerzunempfindlich macht. Ein Geheimrezept.“
*
Lee Finesilver hantierte wie ein Risikopilot mit dem schweren
Gästegleiter des Starmont. Er fuhr schnell und überholte
mit brutaler Rücksichtslosigkeit. Zehn Minuten später schoß
der schwarze Gleiter mit abgeblendeten Lichtern auf eine
Parkplattform, die auf einer mächtigen Stahlbetonsäule über
dem Hafenwasser schwebte. Die Prallfelder gaben nach; der Kiel
schrammte auf den Plastikbelag.
„Sie halten sich heraus“, ordnete Lee an und tippte
Satya auf die Schulter. „Wie nahe müssen Sie herangehen,
um filmen zu können?“
„Ich kann mich nicht weiter als fünfzehn Meter
entfernen.“
„Also — fünfzehn Meter Fluchtdistanz. Bleiben
Sie, falls geschossen wird, in Deckung.“
Sie nickte. „Ich werde versuchen, mein Bestes zu tun.“
„Dort drüben“, knurrte Lee und wies mit dem Kinn auf
die erleuchteten Bullaugen einer Luxusjacht, die träge in den
ausrollenden Wellen schaukelte. Es roch, wie ein jeder Hafen roch:
Nach Öl, Wasser und Schmutz, nach totem Fisch und Sonnencreme.
Vor ihnen federte ein schnelles Gleitboot über die Wellen und
verschwand um den aufragenden Felsen.
Das Mädchen in der Mitte, gingen sie langsam näher. Die
drei schwarzen Gestalten waren auf dem matterleuchteten Kai allein.
Die Schritte waren lautlos. Die Hände der Männer lagen auf
den Kolben der Paralysatoren. Sie bogen nach rechts ab
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