PR TB 073 Aktion Alpha 1
sechstausend Jahre alte Töchter der Ersten Göttin, ihn massierten. Raviganor und Kasheida planschten unterdessen in einem Weinbrunnen, wie sie überall in den Boden eingelassen waren. Der alte Mushanor legte sich auf den Bauch, beugte sich über den Brunnenrand und schlürfte, als wollte er den Brunnen Leertrinken. Kasheida vertrieb ihn, indem sie sein flechtenbewachsenes Haupt vollspritzte. Der hunderttausendjährige Greis zog sich murrend zurück und versuchte, Hashudi, die Urenkelin der Neunzehnten Göttin, einzufangen. Tollpatschig lief er hinter ihr her, stolperte und begann leise zu weinen. „Bitte, Demjurg!" sagte die Erste Göttin schneidend. „Sage mir, wie du die Kopie wieder unter deine Kontrolle zu bringen gedenkst! Wie konnte sie dir überhaupt entgleiten?" Der Gott der Spiele rülpste.
„Wahrscheinlich brach seine Originalerinnerung durch, wenn ich mir auch nicht erklären kann, wieso das möglich war. An den Geräten liegt es jedenfalls nicht. Ich werde versuchen, ihn in ein besonders spannendes Spiel einzubauen." „Du solltest ihn lieber töten lassen!" „Warum, Sashri? Dazu müßte ich das Advaita-Orakel zu sehr strapazieren. Du weißt, daß jeder Glaube seine Grenzen hat, auch der Glaube an das Advaita. Das Spielmaterial muß ahnungslos bleiben." Er schob sich eine Handvoll Prikusha-Beeren in den Mund, erhob sich und ging würdevoll davon. „Nicht jetzt", flüsterte Raviganor im Weinbrunnen. „Demjurg ist gegangen. Gleich beginnt das nächste Spiel. Das dürfen wir nicht versäumen, Kasheida. Eine außer Kontrolle geratene Vitalkopie - das ist beinahe so, als besäße sie einen eigenen Willen. Ich bin gespannt, wie Demjurg diesen Faktor verarbeitet." „Ich ebenfalls!" rief Sashri. Aber die Stimme der Ersten Göttin zeugte gar nicht von Spannung, eher von zurückgedrängter Angst.
Melcap Nelson erwachte. Sein Körper zitterte vor Erschöpfung.
Ihn fror. Mit bebenden Fingern riß er die Packung der ersten Eisernen Ration auf und schlang den Inhalt hinunter. Bei der zweiten Packung zwang er sich dazu, gründlich zu kauen. Zwischendurch trank er kalten Kaffee aus der Feldflasche, die wie die Rationen aus dem Hubschrauber stammte. Anschließend kroch er aus seinem Versteck, sah sich wachsam um und schlich dann auf den Helikopter zu, der unberührt dort stand, wo er ihn vierundzwanzig Stunden zuvor abgesetzt hatte. Er nahm eine MPi aus dem Pilotenstand an sich und schlich hinaus aus der Höhlung, in die Helligkeit des Vormittags hinein. Die glasierten Flächen spiegelten das Sonnenlicht so stark, daß man nur kurz hinsehen konnte. Aber ringsum war alles ruhig, und das war die Hauptsache. Nelson rechnete damit, daß seine Verfolger ihn längst viel weiter weg wähnten. Sie wußten nicht, daß er zwanzig Minuten nach dem Beginn seiner Eigenzeitbeschleunigung vierundzwanzig Stunden Ruhe benötigte, folglich mußten sie annehmen, daß er sich soweit wie möglich vom Stützpunkt entfernt hatte. Ohne die erzwungene Ruhepause hätte er das wahrscheinlich auch getan. Er durfte also damit rechnen, daß man ihn in der Nähe des Stützpunktes nicht mehr suchte. Sein Ziel stand fest: das Marut-Advaita. Es lag etwa hundertsechzig Kilometer nördlich von Altopente im Yiri-Gebirge. Mit dem Hubschrauber knapp dreißig Minuten Flug.
Aber er durfte natürlich nicht hoffen, einfach das Gebiet des Advaita und seines Orakels überfliegen zu können. Zum Schutz vor Angriffen der vayutischen Luftwaffe und der Vayut-Rangers waren dort Luftabwehrraketenstellungen und Flak-Batterien massiert Außerdem gab es drei Sperrzonen, in denen es von Soldaten, Panzern und motorisierten Einheiten wimmelte. Wenn er es recht betrachtete, hatte kein normaler Mensch eine Chance, diese drei Sperrzonen zu durchbrechen. Doch er war in gewisser Hinsicht kein normaler Mensch. Wenn es ihm gelang, mit cbm Hubschrauber bis dicht an den äußeren Sperrgürtel heranzukommen, konnte er mit Hilfe seiner Eigenzeitbeschleunigung die Sperren zu Fuß überwinden. Niemand würde ihn sehen, und keine Mine explodierte schnell genug, um ihm schaden zu können. Dennoch: Zwanzig Minuten waren sehr knapp. Er mußte innerhalb dieser Maximalspanne nicht nur durch die Sperrzonen kommen, sondern sich ganz in der Nähe des Orakels ein Versteck suchen, wo er vierundzwanzig Stunden lang ungestört blieb. Schaffte er das, dann allerdings lag das Advaita so gut wie offen vor ihm. „Ich muß es schaffen!" murmelte Melcap. Er überprüfte die Vorräte im
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