PR TB 073 Aktion Alpha 1
hinüber. Es wäre ein leichtes gewesen, ihn zu überrumpeln. Doch sein Tod hätte die Anwesenheit der Vayuts verraten. Nur wenige Meter an ihm schoben sich die Rangers vorbei, sammelten sich schweigend bei der geschwärzten Ruine eines Hauses, über deren Trümmer bereits das Unkraut wucherte. Fünfzehn Minuten später folgte ihnen programmgemäß die Nachhut. Sergeant Kaslick berichtete dem Anführer der Rangers flüsternd, daß die Boote wie erwartet in einer schwachen Strömung wieder aufs Meer hinaustrieben. Afan Murow atmete auf. Die erste Hürde war genommen. Er vergegenwärtigte sich die Karte mit den eingezeichneten feindlichen Militärlagern und der Straße nach Lubrowo, einer kleinen Stadt an der einzigen Verbindungsstraße zur Front. Dort befand sich nach Gefangenenaussagen das Hauptquartier der 9. marutischen Armee, deren Befehlshaber den vayutischen Verbänden zweimal eine schwere Niederlage beigebracht hatte. Feldmarschall Winkommer war ein genialer Stratege, zu genial für die vayutischen Armeen. Deshalb sollte Murow mit seinen Rangers ihn ausschalten. Im Gänsemarsch setzten sich die Rangers erneut in Bewegung. Geführt von Afan Murow, umgingen sie feindliche Stellungen und Sicherungsposten, wichen von der Straße, sobald Nachschubkolonnen heranrollten, und setzten danach ihren Weg unbeirrt fort. Zweiunddreißig Kilometer! Bei Tagesanbruch krochen sie in ein bewaldetes Moor, aßen ihre kalten Rationen, wachten und schliefen abwechselnd. Noch immer dröhnte von der Craika -Bucht der Lärm der Bomber herüber, wummerten die Abschüsse der Artillerie und donnerten die Einschläge. Dazwischen hämmerten Maschinengewehre. Gegen Mittag erlosch der Kampflärm. Afan erwachte von der plötzlichen Stille. Er richtete sich auf und sah, wie Ninas Schultern zuckten.
Zögernd hob er die Hand und strich ihr über das dunkelblonde Haar. Aber er sagte nichts. Er wußte auch nicht, was er hätte sagen sollen. Sicher, in der Craika-Bucht und am Strand war der Angriff der Marineinfanteristen nun endgültig zusammengebrochen, unter blutigen Opfern wahrscheinlich, aber der Tod einiger hundert Soldaten war der einkalkulierte Preis für die Liquidierung Feldmarschall Winkommers. Als es Nacht wurde, marschierten die Vayut-Rangers weiter nach Osten. Kurz vor Mitternacht erreichten sie den Stadtrand von Lubrowo.
Durch verwahrloste und geplünderte Gärten hindurch schlichen sie durch den westlichen Vorort, vorbei an Häuserruinen und eingesunkenen Massengräbern. Vor sechs Wochen hatte Feldmarschall Winkommers 9. Armee die vayutische Ortschaft genommen.
Panzerwracks und aufgefüllte Trichter zeugten von der Heftigkeit des Kampfes. Drei vayutische Infanteriedivisionen und vier Panzerbrigaden waren hier zerschlagen worden. Heute sollte ihr Untergang gerächt werden. Sergeant Kaslick robbte auf einen Wink Afans nach vorn, den Nahkampfdolch zwischen den Zähnen. Die Silhouette eines Postens hob sich gegen das Morgenrot ab. Dahinter stand die Rückfront des einstöckigen Hauses, in dem das Hauptquartier Winkommers lag. Neben dem marutischen Posten wuchs Kaslicks Gestalt lautlos empor, dann sanken beide Gestalten zu Boden.
Unterdessen hatte Leutnant Murow seine Leute für den Angriff eingeteilt. Eine Gruppe kroch zwischen den Büschen und Obstbäumen des Nachbargrundstücks hindurch; sie sollte den Vordereingang des Gebäudes stürmen, sobald Murow den Hauptstoß gegen die Rückfront begonnen hatte. Hoffentlich war der Feldmarschall im Haus! Ein Kübelwagen näherte sich auf der Straße, bremste scharf vor dem Haupteingang ab. Zwei hohe Offiziere der 9. marutischen Armee stiegen aus. Der Posten vor dem Eingang salutierte. Ein zweiter Kübelwagen erschien. Auch ihm entstiegen zwei hohe Offiziere. Afan Murow frohlockte.
Feldmarschall Winkommer hielt offenbar eine Lagebesprechung ab.
Günstiger hätte man es nicht treffen können. Der Leutnant wartete noch eine Weile, ob etwa weitere Offiziere einträfen. Als niemand mehr kam, stieß er den linken Arm dreimal in die Luft. Angriff! Geduckt huschten die Rangers der zweiten Gruppe auf die Rückfront des Hauses zu. Handgranaten flogen durch die Fenster. Explosionen krachten. Schreie und Stöhnen ertönten. Bei der ersten Gruppe ratterte das MG, begleitet vom hellen Belfern der MPis. Der Posten und die Fahrer der Kübelwagen hatten keine Chance. Afan schwang sich durch ein Fenster, stürmte durch die offene Tür in den benachbarten Raum. Fünf Offiziere warfen sich ihm und seinen
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