PR TB 073 Aktion Alpha 1
Wollten die Unbekannten wissen, wie Menschen im Urzustand handelten, ohne die Tünche der Zivilisation? Melcap Nelson gab es vorläufig auf. Er wußte noch viel zu wenig, um Spekulationen über das Motiv der Fremden anzustellen. Er stieg aus, warf die Zigarette fort und stellte sich hinter das Panzerwrack. Als er gerade zum Hubschrauber zurückgehen wollte, hörte er ein Geräusch.
Ganz in der Nähe war ein Stein in einen Trichter gerollt. Nelson überlegte nur einen Augenblick lang. Dann rannte er hinter dem Wrack hervor, auf den Hubschrauber zu. Maschinengewehrfeuer zerriß die Stille. Rings um Nelson spritzte Dreck hoch. Er war mitten in die Garbe geraten und mußte jeden Moment durchsiebt werden. Da wurde aus dem tödlichen Hämmern ein langgezogenes Brummen.
Die Geschosse schienen in der Luft anzuhalten und sich dann gleich Seifenblasen schwebend weiterzubewegen. Melcap begriff, daß sich sein Überschaltkreis im Augenblick höchster Todesnähe automatisch aktiviert hatte. Er wollte sich zur Flucht wenden, überlegte es sich aber anders. Sein ebenfalls um das dreihundertfache beschleunigter Denkprozeß führte zu dem Resultat, daß es sich bei dem MG-Schützen niemals um einen marutischen Soldaten handeln konnte. Es sei denn, er hätte ihm auf dem ehemaligen Schlachtfeld aufgelauert. Aber dann hätte er früher als Nelson selbst wissen müssen, daß der Flüchtling hier landen würde. Da das unmöglich war, konnte der Schütze nur ein vayutischer Soldat sein. In dem Fall war er kaum allein. Vayut-Rangers! Potentielle Bundesgenossen für einen entflohenen Gefangenen des marutischen Tribunals. Doch sie würden nicht abwarten, bis er ihnen das erklärt hatte. Also mußte er sie dazu zwingen, abzuwarten. Er lief zu dem MG
hinüber, das er leicht am Mündungsfeuer ausmachen konnte, und fesselte die beiden Schützen. Sie begriffen überhaupt nicht, was ihnen geschah. Nelson brauchte sie nicht niederzuschlagen, denn bevor sie auch nur mit dem Lid zucken konnten, waren sie gefesselt. Danach suchte er die Umgebung nach weiteren vayutischen Rangers ab. Er fand weitere zehn und fesselte sie ebenfalls. Aber er fand noch etwas anderes, das ihm verriet, was die Vayuts in diesem Trichtergelände suchten: die Bauteile einer primitiven kleinen Abschußrampe und acht Raketen mit eindeutiger Beschriftung.
Atomraketen ...! Melcap vermutete, daß die Rangers während des Angriffs auf das Marut-Advaita abgesetzt worden waren. Ihre Atomraketen waren ganz sicher nicht für das Advaita bestimmt.
Aber in der Nähe lag der Fliegerhorst Banjo-Kane mit mindestens dreihundert Düsenjägern und achthundert Jagdbombern - und außerdem das marutische Luftwaffenoberkommando Heimat. Bestimmt lagerten dort auch Wasserstoffbomben. Ein Luftangriff auf Banjo-Kane würde zerschlagen werden, denn der Fliegerhorst war fast ebensogut abgesichert wie das Advaita. Aber gegen einige Atomraketen, die aus geringer Entfernung vom Boden aus abgeschossen wurden, gab es keine wirksame Verteidigung. Wahrscheinlich wären sie im Ziel, bevor man dort erfassen konnte, was da herangefaucht kam. Acht Atomraketen! Von Banjo-Kane würde nichts übrig bleiben.
Aber auch vom Advaita nicht, wenn er den Werfer aufbaute und die Raketen ins Yiri-Gebirge schickte. Doch woher wollte er wissen, daß mit dem Marut-Advaita zugleich die Macht der Unbekannten vernichtet wurde? Es gab ja außerdem noch das vayutische Advaita. Nein, bevor er sich zu einer Vernichtungsaktion entschloß, mußte er herauszubekommen versuchen, welche Aufgabe das Advaita erfüllte und in was für einer Beziehung es zu den Unbekannten stand. Die zwölf gefangenen Rangers konnten ihm dabei eine wertvolle Hilfe sein - wenn es ihm gelang, sie auf seine Seite zu ziehen. Ein Flimmern vor den Augen erinnerte ihn daran, daß die erste Phase der Zeitbeschleunigung sich ihrem Ende näherte. Melcap beschloß, auf die zweite Phase zu verzichten. Er sparte dadurch zwölf Stunden Zeit. Aber zwölf Stunden lang würde er dennoch aktionsunfähig sein. Nun, das war nicht zu ändern. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, daß niemand während der kommenden zwölf Stunden den einsamen Hubschrauber bemerkte und Verdacht schöpfte. Die Rangers waren gefesselt und würden ebenfalls zwölf Stunden tatenlos aushalten müssen. Er kroch in den Hubschrauber, legte sich in den Laderaum und sank Sekunden später in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Als Melcap Allan Nelson erwachte, war es dunkel. Eine
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