PR TB 073 Aktion Alpha 1
lief auf den am nächsten stehenden Hubschrauber zu, kletterte in die Pilotenkanzel und nahm eine Handgranate aus dem Tragebeutel, der neben dem Beobachtersitz hing. Er stellte den Sprengkörper auf das Instrumentenbrett neben dem Funkgerät, schärfte ihn und zog den Zünder an. Dann lief er zum zweiten Hubschrauber hinüber. Die Luft schien sich ihm entgegenzustemmen; er kam nur deshalb gegen die Massenträgheit ihrer Moleküle an, weil die Umstrukturierung ihm zusätzliche Kräfte verlieh. Auf den Pilotensitz! Starten! Hochziehen!
Alles ging für Nelsons Begriffe unendlich langsam vor sich.
Die Rotorblätter kreisten träge wie Windmühlenflügel kurz vor Beginn einer Flaute. Ein Blick zum ersten Helikopter! Wie in Zeitlupe brach die Kanzel auseinander, kroch das Feuer der Explosion zwischen den Trümmerstücken hindurch. Die Prätorianer und Rangers beim Hinrichtungsplatz hatten sich weder bewegt noch hatten sie in der für sie kurzen Zeit überhaupt begreifen können, daß sich etwas verändert hatte. Aber für Nelsons Begriffe bewegte sich der Helikopter viel zu langsam. Nach seinem Zeitgefühl waren bereits zwei Minuten seit dem Start vergangen, und die Flughöhe betrug knapp einen Meter. Dem Sonderagenten brach der Schweiß aus. Das hatten die Vitalmechaniker und Kosmobiologen nicht berücksichtigt. Was nützte ihm eine noch so hohe Eigenzeitbeschleunigung, wenn er auf ein Transportmittel angewiesen war, das im Vergleich dazu nur kroch! Du denkst Unsinn! beruhigte er sich. Alles ist nur ein psychologischer Effekt, über den man dich allerdings hätte unterrichten sollen. Die Prätorianer und Rangers hatten sich kaum bewegt, obwohl der Hubschrauber immerhin flog, wenn auch nur in anderthalb Metern Höhe. Der Sergeant ließ den Strick los; er schwebte zwischen seinen Fingern. Der Orakelpriester war anscheinend dabei, seinen Kopf zu drehen. Er mußte ihn bereits um einen Zentimeter bewegt haben. Drei Meter Höhe. Vier Meter Höhe. Aus der Waffe eines Gardisten löste sich ein Schuß.
Ein Flämmchen kroch aus der Laufmündung, und die Kugel stieg wie ein schlaffer Gasballon in die Höhe. Zehn Meter. Der Orakelpriester mußte jetzt den startenden Hubschrauber sehen.
Er neigte den Oberkörper nach vorn, wollte sich offenbar hinwerfen. Auch andere Männer bekamen nun den gestarteten Hubschrauber ins Blickfeld. Sie hörten den Triebwerkslärm ganz wie immer, und der Blitzstart mußte ihnen unheimlich schnell vorkommen. Ob sie allerdings schon auf den Gedanken gekommen waren, daß der Delinquent sich in der Maschine befand, war fraglich. Infolge seiner großen Geschwindigkeit mußte es ausgesehen haben, als hätte er sich vor ihren Augen in Luft aufgelöst. Zwanzig Meter. Melcap ging in den Horizontalflug über. Man hatte ihm gesagt, daß sein veränderter Organismus selbst starke radioaktive Strahlung bis zu einer Dauer von achtundsiebzig Stunden kompensieren konnte. Danach richtete er seinen Plan aus. Nur 40 Kilometer ostwärts lag die ehemalige Stadt Altopente oder vielmehr das, was eine Wasserstoffbombenexplosion vor mehr als dreißig Jahren von ihr übriggelassen hatte.
Dorthin mußte er sich wenden. Die Ruinen boten sicherlich Verstecke genug, um auch einen Hubschrauber darin zu verbergen - und niemand wurde auf den Gedanken kommen, daß ein soeben dem Erschießungstode Entronnener sich in den viel schrecklicheren Strahlungstod stürzen wurde. Wieso eigentlich vor mehr als dreiß ig Jahren? Erst seit dreieinhalb Jahren wurden doch Duplikatmuster auf Kalina gestohlen! Hatten die Unbekannten ihre Opfer auch von anderen Planeten geholt? Oder war von ihnen nur der Schauplatz des Krieges vorbereitet worden ? Melcap Nelson klammerte dieses Problem aus. Es war im Augenblick unbedeutend. Wichtigere Aufgaben lagen vor ihm. Vor allem die Frage, wohin er sich später von Altopente aus hinwenden sollte. Das Murat-Advaita konnte ihn vielleicht der Losung der Hauptfrage näherbringen. Es und das Orakel mußten eine besondere Rolle in dem Drama spielen. Zwischen ihm und den Unbekannten sollte es demnach irgendwelche Beziehungen geben. Aber erst einmal mußte Nelson seine Verfolger abhängen. Er blickte auf seine Uhr und rechnete. Neun Minuten Normalzeit waren vergangen. Der Lkw, der ihn zum Hinrichtungsplatz gebracht hatte, wurde sich also bereits auf dem Weg zum Stützpunkt befinden. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Alarm gegeben wurde und Hubschrauber zur Verfolgung starteten. Außerdem wurde es Zeit, sich auf die
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