PR TB 078 Irrfahrt in Die Vergangenheit
Tal nicht ihr Lager auf«,
sagte Derd mit unheilschwangerer Stimme, »sonst sind wir
verloren.«
»Sie werden hier rasten«, meinte Lischa. »Schon
wegen des Dämons.«
Derd nickte düster. »Er wird sie nicht aus dem Tal
lassen, solange sie seine Forderungen nicht erfüllt haben. Aber
wie die Ishmaiten sind, werden sie eher kämpfen als nachgeben.
Es kann noch viele Sonnenuntergänge dauern, bis die Ishmaiten
siegen.«
»Was habt ihr schon zu befürchten«, warf Rhodan
leichthin ein, obwohl ihm beim Anblick dieses riesigen Reiterheeres
gar nicht wohl zumute war. »Ihr seid hier oben vor neugierigen
Blicken geschützt und es ist unwahrscheinlich, daß einer
der Reiter aus reinem Spaß am Klettern die Wand erklimmt.«
Derd warf Rhodan einen vielsagenden Blick zu, dann wandte er sich
seiner Mutter zu und sagte barsch: »Geh mit den Kindern ins
Haus, Lischa.«
Sie gehorchte ohne Widerrede. Als die Tür hinter ihr und den
Kindern zugefallen war, wandte sich Derd wieder an Rhodan.
»Sie haben recht, Herr, daß keiner der Ishmaiten den
Aufstieg in der Felswand wagen würde, ohne ein bestimmtes Ziel
vor Augen zu haben. Aber ihr habt uns schließlich auch
entdeckt, Herr. Die Ishmaiten besitzen ebenfalls scharfe Augen.
Außerdem gibt es noch einen anderen Zugang zu unserem Felsnest.
Es ist eine Höhle, die die Winterschläfer im Laufe vieler
pionischer Perioden immer tiefer in den Fels gegraben haben. Sie
mündet direkt bei unserer Hütte. Wenn die Ishmaiten nur
durch das Tal zögen, würden sie vielleicht achtlos an den
Höhlen am Fuße der Felswand vorbeireiten. Aber wenn sie
ihr Lager aufschlagen, werden sie die Höhlen erforschen. Sie
werden die Winterschläfer aufschrecken und Jagd auf sie machen,
bis alle ausgerottet sind. Dann werden sie uns finden und
niedermetzeln.« Derd verstummte.
Rhodan legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wir werden
gemeinsam einen Ausweg finden. Obwohl - ich kann nicht glauben, daß
die Ishmaiten so Schreckliches tun würden.«
»Ihr sprecht, als würdet ihr die Welt und die Ishmaiten
nicht kennen, Herr.«
»Vielleicht kenne ich beides tatsächlich nicht.«
»Wer seid ihr dann, Herr? Woher kommt ihr?«
»Für wen hältst du mich?«
Derd zögerte, dann sagte er: »Nur pionische Priester
tragen einen solchen Dolch, wie ihr ihn besitzt.«
»Warum hielt mich dein Vater dann für einen Dämon,
der dieses Tal unsicher macht.«
»Er glaubt, der Dämon sei ein gefallener Priester. Seid
ihr kein pionischer Priester, Herr?«
»Laß deinen Speer, wo er ist«, ermahnte Rhodan.
»Du scheinst mir ein vernünftiger Junge, Derd, deshalb
will ich dir die Wahrheit über mich sagen. Ich weiß nicht,
wer ich bin und woher ich komme. In meinem Gedächtnis gibt es
keine Anhaltspunkte über meine Vergangenheit. Ich erwachte in
diesem Tal, hatte den Dolch bei mir und trug dieses Gewand. Dann
stieß ich auf euch. Ich weiß nichts über mich und
nichts über die Ishmaiten. Ich besitze überhaupt kein
Wissen und habe einem Neugeborenen nur voraus, daß ich
sprechen, schreiben und lesen kann.«
Derd starrte ins Leere. Endlich kam es langsam, fast stockend über
seine Lippen: »Wenn ich meinem Vater davon berichtete, würde
er behaupten, ihr seid ein Kumpan des Dämons.«
»Du bist nicht so abergläubisch wie er.«
»Und ich werde ihm nichts über euer Eingeständnis
berichten, Herr.«
»Dann können wir uns damit befassen, die drohende
Gefahr abzuwenden. Aber vorher erzähle mir etwas über die
Ishmaiten.«
Eine gewaltige Explosion erschütterte in diesem Augenblick
das Tal. Der folgende Donner brach sich an den Felswänden und
pflanzte sich als lang anhaltendes Echo fort. Die Reittiere scheuten,
warfen ihre Lasten ab und vergrößerten die Verwirrung
unter den verblüfften Ishmaiten, die ihre Waffen in Anschlag
brachten und nicht wußten, welchen Feind sie zu bekämpfen
hatten. Als das Echo der Detonation verstummt war, erhob sich ein
vielstimmiger Wutschrei.
Bei dem Canon, durch den der einzige Weg aus dem Tal ins Flachland
führte, stieg eine schwarze Rauchsäule auf.
»Ich habe geahnt, daß der Dämon die Ishmaiten
nicht passieren lassen würde«, sagte Derd. »Ich war
linke und rechte Hand weniger Daumen und Daumen und kleiner Finger
alt, da fiel ich den Ishmaiten in die Hände, Herr. Ich hatte
nicht auf Vaters Warnungen gehört und mich im Tal
herumgetrieben, obwohl der Winter nahe war. Ihr müßt
wissen, Herr, daß die Ishmaiten den Sommer in den Bergen
verbringen und erst mit dem Einbruch
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