PR TB 079 Das System Der Traumsänger
Ihr
zauberhafter Klang faszinierte ihn so, daß er für wenige
Minuten den Grund ihres Hierseins vergaß.
Davon hatte Baar Lun nichts berichtet; dazu war die Zeit zu knapp
gewesen — damals, als sie auf dem Planeten Uktan mitgeholfen
hatten, die Stadt Kosmopolis zu bauen.
Nach einiger Zeit fielen ihm die gläsernen Türme auf,
die hier und da aus dem Häusermeer von Maa Duun in den Himmel
ragten: grazile, hauchzarte Gebilde, die fast überhaupt kein
Licht brachen und deshalb beinahe unsichtbar für menschliche
Augen waren.
Als die goldenen Vögel sich wieder in die Luft schwangen und
in Richtung der Hügel davonflogen, hallte plötzlich ein
langer Akkord von der Stadt herüber. Andere Akkorde folgten ihm,
vereinten sich und erfüllten die Luft mit einem Singen und
Klingen, wie es die Söhne des Lichts noch nie gehört
hatten.
Überrascht fuhr Kendall herum, als der Maahk einen Schrei
ausstieß und seine Waffe aus dem Halfter riß.
„Sie geben Alarm!“ rief Bruno ihm aufgeregt zu. „Man
hat uns getäuscht. Die Stadt ist doch bewohnt.“ Kendall
lächelte.
„Stecken Sie Ihre Waffe wieder ein, Bruno“, sagte er
beruhigend. „Das sind keine Alarmsignale. Ich nehme an, die
Töne werden von den gläsernen Türmen erzeugt.“
Zögernd schob der Maahk seine Waffe zurück. Homunk fragte
die Biopositronik nach der Ursache der Töne. Das halb
biologische, halb positronische Gehirn — nachträglich von
terranischen Technikern installiert — bestätigte Kendalls
Vermutung.
„Die Türme besitzen zahlreiche verschiedene
schlitzähnliche Öffnungen an den Seitenflächen“,
erklärte die Biopositronik. „Jede Luftbewegung ist in der
Lage, Töne und Tonkombinationen zu erzeugen, aber es muß
eine gewisse Steuerung geben, denn der Wind ist weder stärker
noch schwächer als zu dem Zeitraum, in dem wir den Gesang der
Vögel aufnahmen.“
„Die Akkorde sind wundervoll“, flüsterte Logan.
„Wenn ich jemals wieder aus ANDRO-Beta herauskomme, werde ich
einen Roman über Maa Duun schreiben.“
„Oder über einen Alptraum“, warf Eddie
sarkastisch ein. Der Maahk sah die Terraner einen
nach dem anderen an, dann sagte er: „Es erstaunt mich, daß
Sie in einer solchen unglaublichen Situation Heiterkeit empfinden
können, meine Herren.“
„Der terranische Humor kennt viele Spielarten, Bruno“,
sagte Homunk. „Glücklicherweise bin ich von meinem
Schöpfer solche Dinge gewöhnt gewesen, sonst hätte ich
sicher eine Fehleinschätzung begangen, als ich diese Rasse
kennenlernte.“
Franklin Kendall sah den Androiden aufmerksam an. Er hätte
gern mehr über das Kollektivwesen von Wanderer erfahren, sah
aber ein, daß jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt war, um
Homunk zu einem langatmigen Bericht zu veranlassen.
„Ich schlage vor“, sagte er daher, „daß
wir uns teilen. Die Stadt muß untersucht werden, aber wir
dürfen die FRATERNITY nicht allein lassen. Wie denkt ihr
darüber, daß Bruno, John und ich mit einem Gleiter in die
Stadt fahren und die anderen hierbleiben?“ Den Maahk mußten
sie mitnehmen, das war unausweichlich, und John Rawlins wollte er
dabei haben, weil der Robotiker die seltene Fähigkeit besaß,
sich instinktiv in eine fremdartige Technik hineindenken zu können.
Nach kurzer Diskussion wurde sein Vorschlag akzeptiert. Der Maahk
kehrte in seine Spezialkabine zurück, um sich dort mit einem
frischen Wasserstoff-Aggregat auszurüsten. Franklin und John
zogen sich jeder einen leichten Kampfanzug an und stülpten die
neuartigen Funkhelme auf, über die sie eine permanente
beiderseitige Verbindung zur Biopositronik halten konnten. Das war
wichtig, wenn es um Entscheidungen ging, deren Ausgangsfaktoren ein
menschliches Gehirn nicht schnell genug einstufen und beurteilen
konnte.
Nachdem Bruno wieder zu ihnen gestoßen war, fuhren sie mit
einem Lift zum Gleiterhangar, der an eine Seite der Bodenschleuse
grenzte. Sie wählten das größte offene Fahrzeug,
stiegen ein und schwebten durch die offene Schleuse hinaus.
John Rawlins steuerte. In einem halben Meter Höhe jagte der
Gleiter über die Ringstraße und auf eine der Straßen,
die sternförmig zum zentralen Platz führten.
Kendall und Bruno beobachteten die Häuserfronten. „Keine
Spur von Leben zu entdecken“, berichtete Kendall der
Biopositronik. Das Gehirn speicherte die Information und gab sie
gleichzeitig in die Kommandozentrale weiter.
Die Hauswände schienen durchgehend aus dem gleichen Material
zu bestehen, nur war es an einigen
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