PR TB 084 Das Meer Der Zeit
bleiben, falls sie nicht in den
Anziehungsbereich einer benachbarten Galaxis geraten und eingefangen
werden. Ihre Eigengeschwindigkeit ist groß, wenn sie auch nicht
jene der weit von uns entfernten Sternhaufen erreicht, die nahezu mit
Lichtgeschwindigkeit von uns fortstreben.«
Grabner holte tief Luft.
»Und wir sollen so einen Schnelläufer untersuchen?
Wozu?«
»Wir haben ihn >Nurmi< getauft, nach einem
Leichtathleten des zwanzigsten Jahrhunderts. Kein Schiff wurde bisher
in die Region geschickt, die er gerade durchläuft. Hinzu kommt,
daß man ihn erst vor knapp zwanzig Jahren entdeckte. Vielleicht
handelt es sich um eine Nova, aber ich denke anders darüber.«
Grabner nickte. Astronomie hatte ihn schon immer brennend
interessiert.
»Ich nehme an, der Schnelläufer rast mit derartiger
Geschwindigkeit dahin, daß ihn sein Licht - von uns aus gesehen
- nur mit einem Bruchteil der echten Lichtgeschwindigkeit verläßt.
Mit anderen Worten: die Rotverschiebung beim Spektrum ist so groß,
daß es praktisch unsichtbar wird. Es erreicht uns nur -und das
wiederum vom Schnelläufer aus gesehen - mit vielleicht
zweihunderttausend Kilometern pro Sekunde. Darum wurde der Stern erst
kürzlich entdeckt.«
»Ich finde«, sagte Grabner etwas unsicher, »damit
berühren wir bereits ein Gebiet, das mit Relativität und
Zeit zu tun hat. Wird das nicht zu kompliziert für mich, einen
einfachen Raumschiffskommandanten?«
»Das mag stimmen, aber trotzdem möchte ich Sie bitten,
Kontakt mit mir zu halten und mir und meinen Mitarbeitern jede Frage
zu stellen. Es muß ja nicht sofort sein.«
»Ich hätte eine«, unterbrach ihn Grabner ruhig.
»Ist das Interesse an Nurmi rein wissenschaftlich, oder stecken
andere Gründe dahinter? Können Sie mir darauf eine Antwort
geben?«
Grützli sah Grabner forschend an.
»Nein«, sagte er dann und schüttelte den Kopf.
»Ich muß bedauern. Die Hintergründe des Auftrages,
Nurmi zu erforschen, kenne ich auch nicht. Es muß aber eine
militärische Absicht dahinterstecken, sonst würde man kaum
soviel Geld und Arbeit investieren. Aber welche?«
»Brenninger ließ durchblicken, daß nicht nur der
Schnelläufer erforscht werden soll. Man will auch wissen, ob er
Planeten besitzt.«
»Planeten?« Grützli schüttelte zweifelnd den
Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein solcher
Stern Planeten besitzen soll, aber es ist eben alles möglich.
Wir werden ja sehen.«
Grabner fiel eine weitere Frage ein:
»Abgesehen von Ihrer Theorie, von der ich nicht viel
verstehe, begreife ich trotzdem nicht, warum man Nurmi nicht früher
entdeckte. Er muß doch schon immer dagewesen sein, und wenn er
sich von uns fortbewegt, muß er sogar einmal, vielleicht vor
fünfzigtausend Jahren, der Erde sehr nahegestanden haben.«
»Und wer soll da entdeckt haben, daß er sich besonders
schnell bewegt? Nein, so einfach ist das nicht. Und das mit seinem
Licht ist noch viel komplizierter, als ich eben anzudeuten versuchte.
Nun gut. Sie kennen unsere Aufgabe und werden sie gemeinsam mit uns
erfüllen. Sie werden Nurmi einholen, wir werden ihn analysieren.
Gemeinsam schaffen wir es, davon bin ich überzeugt.«
»Hoffen wir es«, blieb Grabner skeptisch und hob sein
Glas, um mit den Wissenschaftlern auf ein Gelingen der Expedition
anzustoßen.
***
Dritte Linearflugetappe.
Siebentausend Lichtjahre vor Stützpunkt Omega.
Vierter Tag der Reise; Datum: 11. März 2424 Terra-Normalzeit.
Beim Mittagessen saß Grabner zwischen Dr. Hallström und
Helga Petersen -ein Umstand, der ihm sehr gelegen kam. In den letzten
beiden Tagen hatte er
die Sternkarten studiert, aber keine Antwort auf seine Fragen
erhalten. Auch Captain Morrison konnte ihm keinen Hinweis geben.
»Ausgezeichnete Steaks, nicht wahr?« erkundigte er
sich höflich bei der Chemikerin - oder besser: Astrochemikerin,
wie es in ihren Papieren hieß. »Der Wein stammt vom
siebten Planeten der Wega. Übrigens, haben Sie schon
Beobachtungen anstellen können, die Nurmi betreffen?«
»Leider noch nicht, Major. Sobald wir die Dunkelwolke
südlich Omega passiert haben, dürfte Nurmi wieder sichtbar
werden.«
»Oh!« machte Grabner verblüfft. »Deshalb
fand ich ihn nicht.«
Helga Petersen lachte.
»Sie haben danach gesucht? Sie Ärmster, das war
vergebliche Liebesmühe! Die Dunkelwolke verdeckt alles, was
hinter ihr ist. Einer der Gründe, nehme ich an, warum Nurmi so
lange unentdeckt blieb. Da hätten Sie lange suchen können.«
»Hm.« Grabner dachte
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