PR TB 087 Asyl Auf Planet Vier
näherten. Sofort verflog
ihr momentanes Hochgefühl. Das mußte Morrister sein. Sie
vergaß die Wölfe, die sie umlauerten, und wollte sich, von
blinder Panik erfüllt, zur Flucht wenden. Das war in gewisser
Weise ihr Glück, denn der Wolf, der sie im weiten Sprung
angriff, verfehlte durch die plötzliche Körperdrehung sein
Ziel und streifte sie nur an der Schulter. Vor Schreck ließ sie
die Waffe fallen. Erstarrt stand sie da und blickte aus
angstgeweiteten Augen auf die Bestie, die sich knurrend zum nächsten
Sprung duckte.
Es ist aus! Endlos wiederholten sich diese drei Worte in ihrem
Kopf.
Was jetzt geschah, konnte ihr Verstand nicht so schnell
verarbeiten, obwohl ihre Augen jede einzelne Phase mit fast
photographischer Genauigkeit registrierten. Der trommelnde Hufschlag
schwoll immer mehr an. Ein Strahlschuß zischte dicht an ihr
vorüber und traf den Schneewolf, als er sich eben abschnellen
wollte. Roß und Reiter jagten als dunkles Schemen vorbei.
Wieder stach eine helle Feuerlanze durch die Finsternis und erfaßte
den letzten Wolf, der die Flucht ergriffen hatte. Das Tier
überkugelte sich und blieb reglos liegen.
»Das war knapp!« stellte eine männliche Stimme
fest, die zu Andras
grenzenloser Erleichterung nicht Morrister gehörte. Der
Reiter kam näher. »Steigen Sie hinten auf«, sagte
er. »Ich bringe Sie zur SÜD-Kuppel.«
Andra wußte nicht, wie sie auf den Pferderücken
gekommen war. Sie klammerte sich am breiten Rücken ihres Retters
fest. Als das Pferd sich langsam in Bewegung setzte, begann sie
hemmungslos zu schluchzen.
»Entschuldigung!« stammelte sie. »Ich.«
»Ist ja schon gut!« beruhigte sie der Reiter. »Sie
können heulen, soviel Sie wollen. Ich finde, Sie haben ein Recht
darauf!«
Sie machte von dem Angebot reichlichen Gebrauch.
Zu guter Letzt kamen sogar noch die SÜD-Leute. Ein greller
Scheinwerfer flammte auf und glitt suchend auf sie zu. Schützend
hielt Andras Retter den Arm vor die Augen.
Eine Lautsprecherstimme dröhnte durch die Nacht.
»Halten Sie an!« verlangte die Stimme. »Wer sind
Sie?«
»Menschenskind, das sieht man doch!« brüllte
Andras Ketter fröhlich zurück. »Wir sind ein
Hochzeitspaar in den Flitterwochen und wollten eben mal nachfragen,
ob bei euch noch ein Doppelzimmer frei ist.«
Mackenzie kletterte steifbeinig vom Pferd. Er sah zwei Männer
mit angeschlagenen Waffen auf sich zukommen.
»Wenn ihr Brüder nicht so lange geschlafen hättet,
wäre uns mancher Kummer erspart geblieben!« empfing er sie
im vorwurfsvollen Ton.
9.
Der Mann spähte vorsichtig hinter dem Felsblock hervor und
versuchte, die Finsternis innerhalb der geöffneten Schleuse des
Walzenschiffs mit den Augen zu durchdringen. Er konnte nichts
entdecken, was auf die Anwesenheit eines Wachtpostens hindeutete.
Nach kurzem Zögern wagte er sich aus seiner Deckung hervor und
überquerte die freie Fläche bis zum Schiff mit langen,
lautlosen Sätzen. Seine Stiefel waren mit einem Stück
Synthetikpelz überzogen, das jede unnötige Lärmentwicklung
verhinderte.
Langsam schob sich die Gestalt des Mannes die ausgefahrene Rampe
empor. Die dunkle Kleidung ließ den Eindringling nahezu
vollkommen mit seiner Umgebung verschmelzen. Endlich hatte er den
Eingang zur Schleuse erreicht. Er tastete nach seiner Waffe und nahm
sie zur Hand. Mit einem gewagten Sprung hechtete er ins Innere. Die
Vorsichtsmaßnahme erwies sich als unnötig, die Schleuse
war menschenleer. Plötzlich geisterte ein schwacher
Lichtschimmer über die metallenen Wände und tanzte mit
jedem Schritt des Mannes auf und ab. Suchend bewegte der Mann den
abgeschirmten und mit schwacher Lichtintensität brennenden
Helmscheinwerfer über die Wand, bis das stählerne Handrad
in den Lichtkreis geriet. Der Scheinwerfer erlosch.
Jede Schleuse besaß ein solches Handrad, damit sie auch im
Notfall geöffnet werden konnte, selbst wenn die Sensoren der
Positronik Unterdruck feststellten und die normale Öffnungsmechanik
blockierten.
Millimeterweise bewegte der Eindringling das Rad. Allmählich
öffnete sich ein schmaler, heller Spalt. Leises Zischen zeigte
an, daß zwischen der Bordatmosphäre und der dünneren
Außenluft ein Druckausgleich stattfand. Als der Spalt weit
genug war, schlüpfte der Dunkelgekleidete hindurch und verschloß
die Öffnung sorgsam von der anderen Seite des Schotts. Sogleich
begannen mit summendem Geräusch die Pumpen zu arbeiten, die den
Druckverlust ersetzten.
Der NEUTRALE BEOBACHTER atmete auf. Die erste
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