PR TB 108 Der Arkonide Und Der Sonnenkönig
sickerte durch die Fenster. Ich hatte es bis zur
heutigen Nacht gerade geschafft, mühsam die Enttäuschung zu
überwinden, die mich tagelang geschüttelt hatte. Das
Raumschiff, die vorläufig letzte Chance für eine Rückkehr
nach ARKON, war in der Sonne verglüht. Dié und Verga,
Nyder und Troy fühlten sich hier mehr als wohl, und ich wußte
nicht, was ich tun sollte. Ich resignierte, ich fühlte mich
überfordert und unsicher. War es meine Aufgabe, diese Welt zu
fördern, den Barbaren zu zeigen, wie sie dereinst den Anschluß
an galaktische Zivilisation finden konnten?
»Alles mögliche. Lauter Dinge, die mich erschreckten«,
sagte ich und streichelte ihre Schulter.
Nach einer Weile, in der sie ein Glas voll Wein goß und mir
brachte, sagte sie nach langem Nachdenken:
»Wir sollten so leben, wie wir es schon einmal taten.
Versuche doch, hier zu tun, was du kannst -dann fliegen wir mit
deinem Gleiter davon und leben irgendwo in der Sonne und kümmern
uns um nichts anderes als uns selbst.«
»Vielleicht ist es das beste«, sagte ich und ließ
mich wieder zurücksinken.
Als ich drei Tage später mit neuen Plänen vorsprach und
an der Tafel des Königs speiste, erfuhr ich zu meiner großen
Überraschung, daß Diannot inzwischen mit einer Kutsche und
einem ausführlichen Begleitbrief, vom König unterzeichnet,
unterwegs war, um Ludwig zu helfen, den Krieg gegen die Holländer
zu beenden. Ich ließ mir nichts anmerken, als mich Dié
anblickte.
12.
Mitten im Sommer verließ uns Verga.
Es war fast völlig unbemerkt geschehen: Sie lernte einen
hochgewachsenen Franzosen kennen, dessen Eltern offensichtlich
unbegrenzte Geldmittel besaßen. Nicolas war für sein Alter
erstaunlich weitgereist, und er schien sogar das Geheimnis um seine
schöne, ungewöhnliche Freundin zu begreifen ... jedenfalls
respektierte er es und verbarg sein regelmäßiges Erstaunen
über die Klugheit und das Können seiner Freundin.
Am letzten Abend, ehe sie eine lange Reise antraten, war Beatrix
de Vergaty bei uns. Sie machte trotz ihrer Aufgeregtheit einen etwas
bedrückten Eindruck.
»Was wirst du tun, Verga?« fragte Dié in einem
Ton, als wisse sie genau, daß sie den Namen Verga zum
letztenmal aussprechen würde. »Wohin geht die lange Reise
mit Nicolas?«
Vorsichtig nippte Verga an der Kaffeetasse. Schließlich
erwiderte sie:
»Wir wollen alle Länder rings um das Mittelmeer
besuchen. Nicolas ist reich und unabhängig; er wird mir alles
zeigen. Auf diese Weise schaffe ich es, Tausende von Informationen zu
verstreuen. Vielleicht geht einiges von dieser Aussaat auf und
entwickelt sich. Wer weiß?«
Antoinette begriff unter meiner Leitung inzwischen die letzten
Geheimnisse des Kaffeekochens; jedenfalls ließ dieses Gebräu,
das wir heute tranken, nichts zu wünschen übrig.
»Richtig. Wer weiß es?« meinte ich. »Die
ersten Züge auf einem riesigen Schachbrett werden unternommen.
Die Auflösung beginnt, die Aufsplitterung ...«
Behutsam, um die Abschiedsstimmung nicht zu zerreißen,
meinte Antoinette de Droyden:
»Diannot soll inzwischen beim Marschall eingetroffen sein.
Wie ich heute in den Wandelgängen hörte, scheint sich die
Entscheidungsschlacht zu nähern. Irgendwo bei Denain; ich kenne
diesen Ort nicht.«
Und ich hatte gern darauf verzichtet, Nyder mit Hilfe der
Robotsonden von Rico beobachten zu lassen. Wir alle waren sicher, daß
er zusammen mit dem Marschall de Villars den Sieg erfechten und, wie
sich Ludwig ausdrückte, »die Ehre des Landes retten«
würde.
»Das spricht für ihn - und für uns, schließlich
mußten wir ihn überzeugen, daß es ein irrsinniger
Traum war, sich auf diesen Thron zu setzen«, sagte Dié.
Sie war heute gelöst und etwas melancholisch. Auch ihr schien
der Abschied nahezugehen. Sie hob das Glas, in dem Branntwein
leuchtete, gegen die Kerzenflammen und drehte es in den schlanken
Fingern.
Gedankenverloren sagte sie:
»Musik und Malerei, du wirst ein hinreißendes Modell
sein. Sie haben dir viele Namen genannt. Nimm alle Unterlagen mit dir
und sage den Männern, was du weißt. Das ist dein Beitrag.
Dein Gastgeschenk an diesen Planeten. Und du bist sicher, daß
du niemals mehr unsere Hilfe brauchen wirst?«
Verga hob die schmalen Schultern und murmelte nachdenklich:
»Ich habe das Funkgerät, als Schmuckstück getarnt.
Vielleicht bekommen Nicolas und ich in den Jahrzehnten, die mir
günstigenfalls noch blieben, Kinder, die unser Erbe weiterführen
können. Wenn nicht, auch gut.
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