PR TB 110 Formel Des Todes
Schuppen.
Er zog die Hose und das Hemd an, hängte die Jacke an den Ast und
schob frisches Holz ins Feuer.
Über ihm, im Geäst des Baumes, kicherte ein Nachttier.
Viele Paare leuchtender Augen starrten ihn aus den Büschen
ringsum an. Als er in einen Dorn trat und kurz darauf die Zehen gegen
einen Stein schrammte, bemerkte er, daß er die Stiefel am
Wasser unten vergessen hatte.
„Verdammt!“ knurrte er und schleppte sich die zwanzig
Schritte hinunter zur Quelle. Er fand die Stiefel und nahm sie mit.
Vor der ausgespannten Hängematte blieb er stehen. Er stellte
die Stiefel säuberlich zwischen die Wurzeln und versuchte einen
Klimmzug, um in die Matte zu kommen, aber sie kippte, und er fiel
zweimal wieder zurück auf den Boden.
Schließlich schwang er sich ächzend und stöhnend
auf den Ast, wuchtete sich mit drei Versuchen hoch und stieg dann in
die Hängematte wie in ein Boot ein. Diesmal klappte es, und er
streckte sich aus und schloß erleichtert die Augen. Er drehte
den Kopf.
„In was“, ächzte er leise, „habe ich mich
eingelassen! Das ist unmenschlich!“
Er befand sich noch immer im Schock; was er bisher getan hatte,
stand in diesem Zeichen. Jetzt besaß er fast keine Erinnerung
mehr an die unzählbaren Tage, die er in seinem Paradies
zugebracht hatte, umgeben von sämtlichen
Errungenschaften der Zivilisation. Jetzt befand er sich in einer
Lage, wo alles auf seine Fähigkeiten reduziert war und nicht auf
den Mechanismus eines Geräts.
„Unmenschlich!“ sagte er.
Das Feuer brannte langsam herunter. Nur noch weiße Glut
blieb übrig, die langsam schwarz gefleckt wurde. Maras Lombardi
sah dem Spiel der kleinen Flammen zu, bis seine Augen zufielen. Wilde
Gedankenverbindungen schössen durch seinen Kopf. Er sah, im
spiegelnden Widerschein der Flammen, zwischen den Blättern die
Augen geheimnisvoller Dschungeltiere, die ihn beobachteten, die jeden
seiner Atemzüge registrierten. Über ihm rührte sich
wieder dieses unsichtbare Tier. War es groß und gefährlich,
oder nur ein harmloser Pflanzenfresser?
Seine Augen fielen ihm zu.
Die Ducrot. Raubtiere. Sie waren wild und schnell, und wenn sie
hungrig waren, fielen sie Menschen und Tiere an und töteten sie.
Das Fell dieser Raubtiere war seidenweich und je nach klimatischen
Bedingungen gefärbt. Es ließ sich zu Kleidern, Decken und
zum Auslegen von Möbeln verwenden.
Die Ducrot, Männchen wie Weibchen, waren gefährlich,
aber nicht sehr fruchtbar. Die Weibchen trugen lange, und wenn sie
warfen, dann war es ein einziges Junges, das zwei Jahre lang
heranwuchs; ein Nesthocker fast, kein Nestflüchter wie die
Jungen der Hoorr.
Aber etwas anderes machte die Ducrot wichtig:
Sie besaßen Schuppen. An den Gelenken ihrer Läufe, über
den Pranken, als Halskrause und entlang der Wirbelsäule. Die
Dicke der Schuppen betrug drei, der Durchmesser dreißig
Millimeter, je nach Alter und Stärke des Tieres verschieden. An
den Gelenken besaßen die Schuppen weiße Farbe, silbern
waren die entlang des Rückgrats, purpurn die Schuppen der
Halskrause. Für zwanzig Schuppen von purpurner Farbe bekam
man bei manchen Stämmen ein jungfräuliches Mädchen.
Die Jagd auf die Ducrot war Angelegenheit des ganzen Stammes.
Die Ducrot wurden weniger und weniger. Sie wurden scheuer und
zogen sich in Gegenden zurück, in die ihnen die Menschen nicht
oder nur unter größten Schwierigkeiten und nach
wochenlangen Märschen folgen konnten.
Das war der erste Punkt, der Anfang eines langen Weges, der in den
Tod dieses Planeten führte ...
Genau neben Maras' Ohr schrie etwas. Jämmerlich, langgezogen
und kreischend, als ob ein Hoorr in den Fängen eines Ducrot
verendete. Lombardi fuhr hoch, schaukelte wie wild mit der Hängematte
und krachte mit der Stirn gegen den nächsten Ast. Er sah
sekundenlang Räder und Sterne vor den Augen.
Das Kreischende und Jaulende flog in einem weiten Bogen durch die
rote Dämmerung, bildete einen Sekundenbruchteil lang einen
Schatten vor dem kleinen Glutkreis dort unten.
. Es landete neben dem Feuer und richtete sich auf. Es sah aus wie
eine terranische Fledermaus mit langen Beinen. Dann stürzte es
sich auf ein anderes kleines Tier und erwürgte es.
Maras lag in der Mitte, zitterte wieder und fühlte auf seiner
Haut den kalten Schweiß. Sein Herz hämmerte wie rasend.
Nur langsam beruhigte er sich. Er tastete nach seiner Waffe, hielt
sie fest... und schlief abermals ein.
Als er erwachte, konnte er sich nicht bewegen.
„Muskelkater!“ sagte
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