PR TB 139 Die Sonnengeister
Fliegen
ebenso reagieren würden wie Neumann — nur weil die
pesionischen Quantenbündel, von denen sie beherrscht wurden,
von einem Wesen erschaffen waren, das aus Neumanns Erfahrungen und
Erinnerungen schöpfte. Nichts an dieser Hypothese war bisher
erwiesen, und es bestand die Möglichkeit, dass Yorn Bekkers mit
soviel Aufwand vorbereitetes Unternehmen zu einem Schlag ins Wasser
wurde.
Zunächst schien es allerdings, als berühre die
Anwesenheit der Insekten die Befallenen überhaupt nicht. Im
Kommandostand wurde weiter diskutiert. Jeder stritt mit jedem. Das
Stimmengewirr, das aus dem Empfänger drang, war nachgerade
betäubend. Da, plötzlich, trat eine Änderung ein. Ein
gellender Schrei hob sich über den allgemeinen Lärm empor.
Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie die Leute, die in der Nähe
der Schaltpulte standen, sich rasch umdrehten und zu einem Punkt
blickten, der in der Nähe des Eingangs lag. Dort hatten die
Menschen begonnen auseinander zuweichen. Es hatte sich ein freier
Platz gebildet, von dem sie mit panischer Hast nach allen Richtungen
davon strebten.
Und dann sah Yorn Bekker die Fliegen. Es war ein riesiger Schwärm,
der durch die Entlüftungsanlage in den Kommandostand
eingedrungen war. Fast glaubte er, ihr tiefes Brummen über das
Geschrei der Menschen hinweg zu hören.
An Bord der BROOMRIDER brach das Chaos aus. Yorn Bekkers Theorie
hatte sich bewahrheitet: die Quapax trugen den von Neumann ererbten
Abscheu vor großen Fliegen in sich, und so, wie Neumann in
diesem Falle reagiert hätte, reagierten auch die achttausend
Besessenen an Bord des kleinen Raumschiffes. Das Fürchterliche
dabei war die Enge, in der sie sich befanden. Um den Fliegen
auszuweichen, trampelten die Menschen einander zu Boden. Es gab keine
Rücksichtnahme mehr. Jeder kämpfte nur noch für
sich selbst. Das Geschrei, das aus dem Lautsprecher des Empfängers
drang, war ohrenzerreißend. Ein paar Augenblicke lang lag der
Kommandostand leer und verlassen — bis auf die reglosen Körper
ein paar Bewusstloser, die der flüchtenden Menge zum Opfer
gefallen waren - aber schon nach kurzer Zeit kehrten die Menschen in
wilder Panik zurück. Sie hatten festgestellt, dass die Fliegen
überall waren, dass es kein Ausweichen vor ihnen gab.
Die Zeit zum Eingreifen war gekommen. Yorn Bekker lag nichts
daran, dass die Leute an Bord der BROOMRIDER einander zu Tode
trampelten. Er wollte im Pseudobewusstsein der Quapax den Eindruck
des Ultimaten Schreckens erzeugen. Und das, glaubte er, war ihm
gelungen.
»Robotereinsatz!« sagte er zu Sunik, und Sunik
betätigte einen weiteren Schalter an dem kleinen Kasten.
Der Rest des Dramas wickelte sich mit der Präzision eines
Uhrwerks ab. Die Roboter, die sich in der Nähe versteckt
gehalten hatten, gingen an Bord des Raumschiffes. Sobald sich das
Schleusenluk hinter ihnen geschlossen hatte, leuchtete der
Schutzschirm der BROOMRIDER auf. Er war von fünfdimensionaler
Struktur und für Quapax undurchdringlich.
Innerhalb der nächsten drei Stunden erhielt jeder Mensch an
Bord des kleinen Raumschiffs eine Injektion jenes Narkotikums, das
die Quapax so schlecht vertrugen. Die Roboter waren mit ihren
unförmigen Pneumowaffen flink bei der Hand. Reihenweise sanken
die besessenen Siedler nieder. Allmählich kehrte Ruhe an Bord
ein. Noch während eine Gruppe von Robotern die letzten Männer
und Frauen aus den hintersten Winkeln des Schiffes hervorzog, um
ihnen dieselbe Behandlung angedeihen zu lassen, die auch die ändern
genossen hatten, begann bereits eine zweite Gruppe, die zuerst
Narkotisierten von Bord zu bringen. Deren Körper hatten die
Quapax bereits verlassen. Das Innere der BROOMRIDER begann, sich mit
freischwebenden Quapax zu füllen. Der Abtransport der von ihren
Quälgeistern befreiten Bewusstlosen geschah mit höchster
Sorgfalt: mit Hilfe einer Feldschleuse vergewisserte man sich, dass
keiner der durch das Narkotikum aus den Körpern vertriebenen
Quapax aus dem Schiff entwich.
Der Abtransport der Ohnmächtigen dauerte abermals knapp drei
Stunden. Danach gab es an Bord der BROOMRIDER nur noch zwei Arten von
Wesen: dicke, grünliche Fiegen und Quapax. Das Schiff lag still,
im Glanz seines Feldschirms, auf dem Landeplatz. Yorn Bekker aber
leitete den letzten Akt des Dramas ein. Auch diesmal kam Sunik wieder
ins Spiel. Er steuerte selbst den Vorgang, der seinen Überlegungen
entsprungen war und der den Quapax an Bord des Raumschiffs jenen
letzten Schockeindruck übermitteln sollte, den
Weitere Kostenlose Bücher