PR TB 206 Die Energiefalle
Lauf des Tages klar geworden - als
Tourist hatte er auf Salita keine Chancen. Er hatte sich bemüht,
nicht zuviel Geld auszugeben, aber die Preise waren - auf Touristen
zugeschnitten - derart gepfeffert, daß ihm nach ein paar Tagen
die Luft ausgehen mußte. Es gab nur eine Möglichkeit für
Ganclar herauszufinden, wo man in Mora billig wohnen konnte, wo man
billig und gut aß, wo etwas los war und dergleichen mehr.
Ganclar machte sich auf den Weg.
2.
Die Treppe war nur mäßig bevölkert. Knapp vierzig
junge Leute saßen auf den Stufen, ein weiteres Dutzend hatte es
sich unten am Brunnen bequem gemacht. Um diese Tageszeit kamen keine
Polizisten vorbei, und die Treppenleute nutzten die Chance, sich
wenigstens notdürftig zu waschen.
Ganclar stieg am Brunnen vorbei langsam in die Höhe. Aus
einer der vielen kleinen Gruppen erklang Lachen, dann sagte eine
Stimme:
„Trottel!“
Ganclar trat langsam näher.
„Hast du Feuer?“
Eine Gestalt war urplötzlich neben Ganclar aufgetaucht. Ein
blonder Lockenkopf, längere Zeit ohne Schur und Waschung
ausgekommen, darunter ein freundliches Jungengesicht - nur die
Bartstoppeln verrieten, daß es sich um einen Mann und kein Kind
handelte. Bekleidet war der Bursche mit Hose, Hemd und Turnschuhen,
alles ein wenig ungepflegt und reinigungsbedürftig. Zwischen den
Fingern hielt der Bursche eine selbstgedrehte Zigarette, zwischen den
Knien eine der hier üblichen Literflaschen Bier.
„Klar“, sagte Ganclar und fischte sein Feuerzeug aus
der Hosentasche. „Sag mal, wo kriegt ihr die großen
Bierflaschen her.“
„Danke“, sagte der Blonde und nahm einen tiefen Zug.
„Siehst du die Bar dort drüben, links? Da gibt es das
Bier. Kannst mir eine Flasche mitbringen.“
Einen Augenblick lang wartete Ganclar auf Geld, dann begriff er,
daß man ihm die Erlaubnis erteilt hatte, die Flasche zu
spendieren. Ganclar überlegte nicht lange, sondern stieg die
Stufen wieder hinab.
Das Bier war kalt und tatsächlich preiswert. Die Frau hinter
dem Tresen öffnete sogar die Flaschen und spendierte Ganclar ein
freundliches Lächeln - vermutlich, weil er noch so adrett
aussah.
Ganclar klemmte sich die beiden Flaschen unter den Arm und stieg
zu dem Blonden hinauf. Der hatte es sich auf einem Absatz bequem
gemacht, er lag auf einem alten Schlafsack, den Kopf in den Schoß
eines blonden Mädchens gelegt, das ebenfalls ein wenig zu
gepflegt für diese Umgebung aussah. Wortlos gab Ganclar die eine
Flasche an den Blonden weiter. Der nahm einen tiefen Zug und gab die
Flasche dann zu dem Mädchen hoch.
„Bist neu hier, nicht wahr?“ fragte der Blonde.
„Willst du einen Zug?“
Er hielt Ganclar die Zigarette hin; Ganclar schüttelte den
Kopf.
Der Blonde zeigte sich nicht beleidigt wegen der Zurückweisung.
„Ich bin zum Urlaub hier“, sagte Ganclar, um das
Gespräch in Gang zu halten. „Ich wollte mir Salita IV mal
ansehen. Ich habe viel darüber gelesen, auch über die Leute
von Mora und von der Treppe.“
„Und jetzt willst du die Wirklichkeit kennenlernen“,
sagte der Blonde; er strich sich eine der filzigen Strähnen aus
dem Gesicht.
„Ein bißchen am Abenteuer riechen“, bestätigte
Ganclar vorsichtig. „Interessante Leute kennenlernen, den König
dieser Treppe beispielsweise.“
„Da hast du aber Glück gehabt“, sagte der Blonde
amüsiert. „Ich bin nämlich dieser König der
Treppe. Ich heiße Georg, aber man nennt mich Giorgio.“
Wenn dies die Majestät war, wollte Ganclar die Untertanen
lieber gar nicht erst kennenlernen.
„Ich heiße Ganclar, komme von Terra“, stellte er
sich vor. Nachnamen waren auf der Treppe wohl überflüssig.
„Das ist Heleen“, sagte Giorgio. Ganclar schüttelte
die Hand des Mädchens.
„Deinem Akzent nach zu schließen, kommst du nicht von
Terra“, sagte Ganclar.
„Richtig, ich komme von Passa“, erklärte der
König der Treppe. „Ich hab es da nicht mehr aushallen
können, verstehst du. Es war mir zu langweilig dort. Ich brauche
das Abenteuer.“
„Aha“, sagte Ganclar. „Und was hast du gemacht
auf Passa?“
„Dies und das“, antwortete Giorgio und nahm einen
tiefen Schluck aus Ganclars Flasche; seine hatte er bereits geleert.
„Ich war zweifacher Meister im Dagor-Ringkampf, weißt du,
und darum haben sie mich zum Einzelkämpfer ausbilden wollen,
aber dann hab' ich einen totgeschlagen und bin weg vom Militär,
und jetzt bin ich hier.“
„Aha“, sagte Ganclar, der nicht recht wußte, was
er von dieser Eröffnung
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