PR TB 209 Saboteure Wider Willen
der
Durchsuchung der letzten Tasche inne.
Kyron Barrakun zog die grüne ID-Karte, die er bis dahin
krampfhaft in einer Tasche seiner Montur mit den Fingern umklammert
hatte, heraus und schob sie in den bezeichneten Schlitz.
»Man wird Sie bestohlen haben, Alyip«, meinte er.
»Das ist deprimierend«, sagte der Blue weinerlich. »Wo
ich mich doch so höflich benommen und nicht gedrängelt
habe.«
»Das Universum ist voller Gauner«, erklärte
Earny, während das Robottaxi startete. »Taschendiebe sind
noch die harmlosesten Spezis. Trösten Sie sich damit, dass
niemand mit einer fremden ID-Kreditkarte etwas anfangen kann - außer
sie als Souvenir aufzubewahren.«
»Sie war in meiner Brieftasche - und in der befanden sich
dreitausend Solar«, erwiderte Alyip Sahgiirüy.
»Das war leichtsinnig«, meinte Earny.
Kyron sagte nichts. Er war damit beschäftigt, aus der Höhe
von zirka dreihundert Metern, die der
Gleiter nach dem Start hielt, das sinnverwirrende Konglomerat zu
betrachten, das Marsport nach der Besatzungszeit der Überschweren
war.
Überall zwischen den Gebäuden aus der Zeit vor der
Konzilsherrschaft ragten die düsteren Klötze der Wohn- und
Kultstätten der Überschweren auf, die die Besatzer von den
versklavten Terranern hatten errichten lassen. Nach der
Konzilsherrschaft waren auch schon neue Gebäude und ganze
Stadtviertel erbaut worden - und zwar in den alten Stadtvierteln, die
die Überschweren »geschleift« hatten, weil darin
einige ihrer Raumfahrer spurlos verschwunden waren. Doch die Bauten
der Besatzer sollten bleiben, hatte die auf Mars wohnende Bevölkerung
beschlossen. Sie sollten spätere Generationen mahnen, stets
wachsam zu sein und niemals einer Fremdherrschaft eine Chance zu
geben.
4.
Earny, der Blue und Kyron flogen nach vorn, bis die
Sicherheitsgurte sie aufhielten, als der Gleiter abrupt bremste.
Alyip Sahgiirüy rief etwas in der flötenden und
zwitschernden Sprache der Blues. Der Gleiter ging in eine enge Kurve
und schien zur Landung anzusetzen, obwohl das Hochhaus der
GCC-Zentrale Mars noch gar nicht zu sehen war.
Plötzlich verdunkelte ein Schatten die Sonne. Als Kyron
Barrakun aufsah, entdeckte er ein kugelförmiges Raumschiff, das
den Gleiter in höchstens fünfhundert Metern Höhe
überflog und rasch an Höhe verlor. Die Außenmikrophone
des Gleiters übertrugen stotterndes Brodeln und Donnern.
»Eine Krevette!« rief Earny. »Sie stürzt
ab!«
Fassungslos beobachtete Kyron das Raumschiff.
»Das gibt es doch nicht, dass ein Schiff über Marsport
abstürzt!« stieß er hervor.
Unterdessen hatte der Gleiter seine Landeschleife gekurvt und
schwebte schräg auf eine Straßenschlucht zu. Zahllose
andere Gleiter senkten sich ebenfalls herab. Ihre Robotpiloten
suchten sichere Landeplätze. Sie waren offensichtlich von ihrer
Leitzentrale aus gewarnt worden und folgten einem
Katastrophenprogramm.
Kyron hielt sich an den Seitenlehnen seines Sitzes fest. Er fühlte
sich verwirrt und hilflos - und er ahnte, dass er dem Tode nahe war.
Wenn eine Korvette auf Marsport stürzte und explodierte, musste
der große Teil der Hauptstadt des Mars im Glutorkan der
Druckwelle vergehen. Es würde ihm und seinen Gefährten
nichts nützen, wenn der Gleiter sich in eine Straßenschlucht
flüchtete.
Alyip Sahgiirüy schnallte sich los und warf sich auf den
Boden des Gleiters. Kyron verzichtete auf die zwar verständliche,
aber völlig nutzlose Maßnahme. Er starrte nur wie
hypnotisiert auf das kleine Raumschiff, das anscheinend völlig
außer Kontrolle geraten war.
Als es einen Sprung tat, wusste er nicht, was er davon halten
sollte. Aber Earny begriff sofort, was geschah.
»Sie haben es!« erklärte er. »Sie haben es
mit Fesselfeldern gepackt und versuchen, es aus dem Kurs zu reißen.
Hoffentlich gelingt es ihnen.«
Da wusste Kyron, was geschah.
Nachdem die Robotpiloten alle Gleiter unter eine bestimmte Höhe
gesteuert hatten, war der Himmel über Marsport frei gewesen für
den Einsatz der Fesselfeldprojektoren, die für mögliche
Katastrophenfälle über die ganze Stadt verteilt waren. Sie
konnten ihre energetischen Fangnetze in den Luftraum über
Marsport schleudern, ohne dass dadurch Gleiter und deren Passagiere
gefährdet worden wären.
Ob sie allerdings damit den Absturz des Schiffes verhinderten, kam
darauf an, wie der Einsatz der Fesselfelder koordiniert wurde. Sie
mussten sich auf ganz bestimmte Weise überlappen, um die
Korvette nicht noch schneller herabzuziehen, sondern
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