PR TB 219 Bote Des Unsterblichen
ihm lediglich jemand zuvorgekommen.
Ragnasuth machte sich keine Gewissensbisse daraus, seinen Vertrauten
gegenüber durchsickern zu lassen, daß er selbst für
die Explosion verantwortlich war - und das Volk der Wahren Zaphooren
pries seine Umsicht.
Und schließlich kam der Augenblick des Ultimaten Triumphs
für Ragnasuth. Die Meldung erreichte ihn aus dem Territorium der
Wahren Zaphooren, daß der bisherige Anführer bei einem
Unfall ums Leben gekommen war und man ihn, den Sieger über die
barbarischen Horden der Unnahbaren, zu seinem Nachfolger bestimmt
hatte.
Da sah Ragnasuth mit einem Schlag alle seine Träume
verwirklicht. Er war Anführer einer der mächtigsten
Bruderschaften innerhalb der Burg - und er besaß die
Stoffgründe. Sollte es ihm unter diesen Umständen nicht
gelingen, die unterschiedlichen Interessengruppen der Burg zu
vereinigen und zum mächtigsten Herrscher seit Arqualovs Zeiten
zu werden? Der Titel „Anführer“ erschien ihm bereits
zu gering. Er erinnerte sich eines alten Wortes aus der Sprache der
Ahnen, das in jüngster Zeit nicht mehr allzu häufig benützt
wurde. „König“ hieß es. Es bezeichnete einen
absoluten Herrscher - einen, dessen Wort Gesetz war. Ja, das war es:
König wollte er sein!
„Geht hinaus und verkündet dem Volk, daß ich eine
Ansprache halten will“, sagte er zu seinen Vertrauten. „Und
danach findet hier, in diesem Felsenkessel, ein großes Fest
statt, an dem jeder teilnehmen darf, der mir seine Botmäßigkeit
schwört - gleichgültig, ob er der Bruderschaft der Wahren
Zaphooren angehört oder nicht.“
Seine Boten verbreiteten die Neuigkeit unter dem Volk, und es
entstand großer Jubel. Ferlimors Zelt wurde abgerissen und
fortgeschafft, und es blieb nur die anderthalb Meter hohe steinerne
Plattform zurück, auf der es gestanden hatte. Von dieser
Plattform herab
wollte Ragnasuth zu seinem Volk sprechen. Die Botschaft war auch
zu anderen Bruder-und Gewerkschaften hinausgegangen. Viele hatten
sich eingefunden, die nicht zu den Wahren Zaphooren gehörten. An
den Eingängen zum Felsenkessel wurden sie von Wachtposten in
Empfang genommen und erst wieder freigelassen, nachdem sie den
Loyalitätseid auf Ragnasuth geschworen hatten.
Am Abend des großen Tages trat Ragnasuth auf die Plattform,
ließ den Blick über die vielhundertköpfige Menge zu
seinen Füßen gleiten und begann:
„Ich, Ragnasuth, euer Anführer, habe beschlossen,
diesen Tag zum bedeutendesten in unserer Geschichte zu machen. Die
Bruderschaft der Wahren Zaphooren beherrscht die Stoffquelle. Diese
Welt verlangt nach Einigkeit. Es ist unsere Aufgabe, das Verlangen
der Welt zu erfüllen. Dazu setzen wir ein, was uns zur Verfügung
steht, zum Beispiel unsere Macht über die Stoffquelle.“
Seine Stimme verstärkte sich zu einem pathetischen Dröhnen,
das bis in die hintersten Winkel der riesigen Halle drang. „Von
jetzt an wird niemand mehr essen, der nicht anerkennt, daß die
Bruderschaft der Wahren Zaphooren die mächtigste Vereinigung im
Bereich dieser Burg ist und ihr Anführer über alle
gebietet, die in dieser Burg leben.“
Die Menge schrie begeistert auf. Aber der Schrei war nur kurz und
erstarb in einer Welle erstaunten Gemurmels. Ragnasuth horchte auf.
Er hatte mehr erwartet. Was war geschehen? Er blickte auf die Menge
hinab und sah, daß ihre Augen nicht mehr auf ihn gerichtet
waren. Verblüfft wandte er sich um. Er kam gerade noch zurecht,
um einen hochgewachsenen Mann mit kurzgeschnittenem, braunem Haar
materialisieren zu sehen. Es wirkte, als käme er aus dem Fels
herausgestiegen.
Der Hochgewachsene trat auf Ragnasuth zu. Die Tasche hing ihm wie
gewöhnlich von der Schulter. „Du hast deine Lektion noch
immer nicht gelernt, wie?“ sagte er respektlos.
Die Menge begann zu murren. Aber Ragnasuth verlor seine
Beherrschung nicht. Heute war sein Tag, und er würde ihn sich
von niemand verderben lassen. Er machte eine verächtliche Geste
in Richtung des Fremden, der in so wunderbarer Weise mitten auf der
Plattform erschienen war, und rief:
„Laßt euch von dem Narren nicht anfechten. Er ist ein
Fremder, der in der Gegend umherwandert und jedem, dem er begegnet,
nutzlose Ratschläge erteilt.“
Tanathu stand neben dem forschen Redner und nickte. Er strengte
seine Stimme nicht besonders an, und dennoch drang sie weithin durch
die mächtige Halle. „Wie zum Beispiel an jenem Tag, als
ich dir sagte, daß Ferlimor deine Mannschaft in einem Schacht
fangen würde.“
Ragnasuth war
Weitere Kostenlose Bücher