PR TB 230 Die Träumer Von Naphoora
Bullys Stimme in meinen Ohren klang, blieb der
Scheinwerferstrahl plötzlich stehen.
Schriftzeichen waren im Licht erschienen, gerade eben noch
erkennbar, mit einem spitzen Werkzeug in den Fels geritzt.
ATLAN stand dort eingegraben, daneben die Glyphe für Dank.
Ich preßte die Lippen aufeinander, erschüttert.
Wie war es möglich, fragte ich mich, daß nach so langer
Zeit... es war müßig, darüber nachzudenken. Dort
stand der letzte Gruß der Helaghs, und ich war mir fast sicher,
daß die kaum erkennbare Schrift von Akhisar stammte. So dünn
waren die Linien, daß außer mir wahrscheinlich keiner
hätte erkennen können, daß es sich dabei um eine
Botschaft handelte.
Seltsam berührt verließ ich langsam den Mond von
Naphoora, stieß mich ab und erreichte nach kurzer Zeit die
Gazelle, in der Bully auf mich wartete.
„Du bist blaß", stellte er mit einem besorgten
Blick fest.
„Ich habe ein Gespenst gesehen", murmelte ich.
Mein Extrahirn arbeitete fieberhaft. Seit mehr als zehntausend
Jahren raste der Mond durchs All -wie unsere Instrumente bewiesen
noch immer mit einer außerordentlich hohen Geschwindigkeit. Ich
vermutete, daß die Helaghs ihn leergeräumt und dann auf
Nimmerwiedersehen davongeschickt hatten. Seit dem letzten Kontakt
zwischen Helaghs und dem Mond mußte der Gesteinsbrocken mit
gleichbleibender Geschwindigkeit geflogen sein, davon abgesehen, daß
der Flug im Lauf der Zeit natürlich langsamer werden mußte.
Es war nicht schwer, aus diesem Datenmaterial herauszurechnen, wo
ungefähr der Ort liegen mußte, an dem sich die Helaghs von
ihrem Mond getrennt hatten.
Ich ließ die Maschinen der Gazelle anlaufen. Bully schien zu
erkennen, daß in mir etwas vorging, er griff nicht ein und war
so einfühlsam, mich nicht anzureden. Ich fütterte den
Rechner mit den Daten. Die Gazelle nahm weiter Fahrt auf,
beschleunigte und ging in den Linearflug über.
Zehn Jahrtausende waren vergangen - gab es die Helaghs noch? Oder
war ihre Mission gescheitert?
In diesen Tagen des Jahres 2115 hatte ich viele Sorgen, aber diese
eine Frage brannte mir auf der Seele. Ich wollte wissen, um jeden
Preis, was aus den zierlichen Wesen mit dem gelbbraunen Gesichtspelz
geworden war.
Während des Fluges schlang ich eine hastige Mahlzeit hinab,
schlief sogar ein paar Stunden, traumlos und nicht sehr tief.
Bully weckte mich, als die Ankunftszeit heranrückte. Ich sah
auf meine Hände, sie waren feucht. Angst war zu spüren.
„Elender Aberglaube", murmelte ich und sah Bully an.
„Du weißt, was ich tun will?"
„Man hat mich nicht wegen meiner Dummheit in den Weltraum
geschickt", kommentierte der rundliche Mann, der zusammen mit
Perry Rhodan den ersten Mondlandungsflug der Menschheil durchgeführt
hatte und dabei auf Angehörige meines Volkes in einem
notgelandeten Kreuzer gestoßen war. Seither hatte die
Geschichte der Galaxis eine andere Wendung genommen.
„Du suchst die Helaghs", sprach Bully seine Vermutung
aus. „Unerklärlich ist mir nur der Eifer ..." „Es
ist wie ein Omen", murmelte ich. „Eine Vorahnung, nenne
es, wie du willst. Dieser Mond ist für
unsere Zwecke ideal, ich werde ihn zum Hauptquartier der USO
machen. Aber nur dann, wenn ich weiß, daß die Träumer
von Naphoora erfolgreich gewesen sind."
„Abergläubisch? Du? Der Mann mit dem Logiksektor?"
Ich breitete die Hände aus.
„Es gibt Dinge, die das beste Extrahirn nicht erfassen
kann", sagte ich; es klang nach einer matten Entschuldigung.
„Ich kann unmöglich das Hauptquartier der USO im Innern
eines Mondes begründen, der ein Volk in seine Katastrophe
geführt hat."
Bully schüttelte den Kopf.
„Daß ein Mann deiner Ausbildung so etwas sagt",
murmelte er, dann grinste er mich an. „Aber du hast recht. Es
gibt tatsächlich Vorzeichen. Ich denke da nur ..."
„O nein, Bully!"
Ich schüttelte heftig den Kopf. Das fehlte noch, daß er
jetzt wieder mit diesen uralten Geschichten kam. Am Silvesterabend
des Jahres 2043 hatte derselbe Reginald Bull, der jetzt neben mir in
der Gazelle saß, einen Cognacschwenker aus garantiert
unzerbrechlichem Glas vom Tisch gestoßen -und das Glas war
geborsten. Bei dem Versuch, die Splitter aufzuklauben, hatte sich
Rhodans Stellvertreter dann auch noch die Daumenkuppe aufgeschnitten
- auch das eine Unmöglichkeit, wenn es nach den Angaben des
Herstellers ging.
„Wenn das kein Unglück bedeutet...", hatte Bully
seinerzeit geunkt, und mit diesem Kassandragemurmel hatte er der
kleinen Gruppe zunächst
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