PR TB 231 Die Dimensions Touristen
Gefühl, Gerry", sagte
ich mir, “einmal nicht mit der Angst vor dem Aufstehen
einschlafen zu müssen. Einfach herrlich!"
Und ich wartete auf den Schlaf, aber er wollte mich einfach nicht
übermannen. Und so lag ich die halbe Nacht wach vor Erregung und
Wonne über die Aussicht, den kommenden Tag durchschlafen und
einmal richtig ausspannen und faulenzen zu können. Dieser
Gedanke hielt mich bis zum Morgengrauen wach und riß mich immer
wieder aus dem Schlummer, wenn ich mal vor Erschöpfung
einnickte, so daß ich mir genießerisch einreden konnte:
“Was für ein wunderbares Gefühl, Gerry, so lange zu
schlafen, wie du nur willst."
Kaum jedoch war es irgendwann endlich soweit, daß es schien,
als könnte ich die Früchte meiner mühevollen
Arrangements genießen, begannen mich die Alpträume zu
plagen.
Ich träumte davon, daß mein Gewissen vor mich hintrat
und die Frage stellte: Hast du an alles gedacht, Gerry? Hast du
wirklich an alles gedacht, um diesen Morgen unbeschwert genießen
zu können? Meine erste Antwort kam spontan: Jawohl! Aber diese
eine Frage löste eine wahre Kettenreaktion von Fragen aus. Hatte
ich die Schafschurmaschine richtig programmiert und nicht etwa so,
daß die Schafe gerupft anstatt geschoren wurden? Wie stand es
mit der Melkmaschine? In meinem Alptraum sah ich die Känguruhs
leiden und hörte sie qualvoll schreien, weil sie nicht schonend
genug gemolken wurden. Und die automatischen Futterkrippen spendeten
nicht genug Futter, so daß sämtliche Tiere vor Hunger zu
schreien begannen. Das Quaken und Wiehern und Blöken drang ganz
deutlich an mein Ohr.
Wenn schon, dies war mein Morgen, und ich hatte die feste Absicht,
ihn mir durch nichts und niemanden verderben zu lassen. Ich hatte ein
reines Gewissen und konnte im Geist alle Punkte der Check-Liste
abhaken. Gauchoroboter richtig programmiert? Abhaken.
Schafschurmaschine feinjustiert? Abhaken - das Blöken der Schafe
war Ausdruck ihrer Lebensfreude, sie freuten sich darüber, daß
sie so sanft von ihrer Wolle befreit worden waren.
Ich wollte mich nicht von meinem ängstlichen und an
Hypersensibilität leidenden Unterbewußtsein narren lassen,
denn was ich hörte, war die ganz natürliche Geräuschkulisse
einer gutgeführten Farm. Kein Grund zur Panik. Wohlan, Gerry,
und gut geruht. Laß dich durch nichts aus der Ruhe bringen,
dies ist dein Morgen! Und wenn die Farm abbrennt, wenn die Klacktoner
eine Rebellion anzetteln und amoklaufen, die Pferde in eine Stampede
ausbrechen und die Känguruhs alles niederrennen, selbst wenn der
ganze Planet birst, darf dich das nicht erschüttern, denn es ist
nur ein Traum. Und schon gar nicht darf dich Billys steinerweichendes
Flehen stören, mit dem er den zu einem Monolithen getwilzten
Otto dazu zu bringen versucht, wieder ein anderes Aussehen
anzunehmen.
Das half. Und wenn ich die tatsächlichen oder scheinbaren
Geschehnisse auch nicht ignorieren konnte und sie weiterhin akustisch
wahrnahm, so prallten sie zumindest an mir ab.
“Otto, jetzt sei kein Frosch! Werde lieber zu einem Pferd."
Billys Jammern ließ mich kalt.
Ein Homissenschwarm fegte über den Hof, genau unter meinem
Fenster vorbei. Das wütende Surren, fast ein Heulton schon,
klang mir wie eine liebliche Melodie im Ohr. Es machte mir auch
nichts aus, als der Hornissenschwarm zurückkehrte und mit einem
brummenden Geräusch zum Stillstand kam - geradewegs unter meinem
Fenster, wo auch Billy den Otto-Monolithen weichzukriegen versuchte.
“Ist Walty da?" fragte eine mir unbekannte Stimme.
“Nein", antwortete Billy, woraufhin sich der
Hornissenschwarm wieder wütend entfernte.
Gleich darauf flog ein Jet heran, bremste unter meinem Fenster ab.
“Wo ist Walty?" fragte die Stimme von vorhin.
“Weg", antwortete Billy einsilbig.
Der Jet startete wieder. Diesmal entfernte er sichjedoch nicht,
sondern nahm Kurs auf den Eingang des Herrschaftshauses und flog ein.
Ich hörte ihn durch die Gänge brausen, mal langsamer, dann
wieder schneller - und lauter - und gelegentlich auch stoppen, wie um
irgendwelche Räume zu inspizieren. Mir war klar, worauf alles
zusteuerte, so daß ich gewappnet war, als meine Schlafzimmertür
aufflog und der Jet vor meinem Bett landete.
“Walty?" fragte die schon bekannte Stimme, und ich
antwortete mit unerschütterlicher Ruhe und ohne ein Auge zu
riskieren:
“Nein!"
“Das gibt es nicht!"
“Doch!"
Der Jet flog wieder ab und auf den Hof hinaus und landete erneut
unter meinem Fenster. Ich dachte noch:
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