PR TB 238 Kampf Der Tausend Schiffe
rüttelte Leonidas aus einem abgrundtiefen Schlaf.
Er packte das Schwert, aber ein Mann druckte seinen Arm hinunter.
»Der Seher hat uns den Tod vorhergesagt«, keuchte eine
Stimme. Einige Männer kamen mit Fackeln. Leonidas erkannte einen
der Späher, die überall verteilt waren. Er sprang auf und
tauchte seinen Kopf in einen Kübel mit Quellwasser.
»Megistias hat gesagt, daß wir sterben. Aber nicht,
wodurch.«
»Durch die Hand der Perser, die über den geheimen Pfad
aufsteigen und den Paß in wenigen Stunden erreicht haben
werden. Es ist soweit, Leonidas.«
»Noch ist Zeit, Wein zu trinken und Brot zu essen. Ruft die
Männer zusammen.«
Leonidas suchte etwa tausend Männer zusammen, von denen er
wußte, daß sie mit ihm in den Tod gehen würden. Dann
versammelte er die Führer der einzelnen Truppen um sich und
sagte den Thebanern, Thesbiern und Spartanern, daß sie den
geordneten Rückzug aller anderen Kämpfer sichern
und sich schließlich selbst in Sicherheit bringen sollten.
Boten ritten nach allen Richtungen los. Der Spartaner fuhr fort:
»Und du, Recabarren, sage diesem ägyptischen
Schiffsbaumeister, daß ich bedaure, nicht auf seinen Rat gehört
zu haben.«
»Ich werde es ausrichten, bei meinem Leben.«
»Und sage jenen, die in Sparta geblieben sind, daß wir
hier sterben werden, so wie es unser Gesetz befiehlt.«
»Ich wünsche dir einen schnellen, schmerzlosen Tod,
König!« schloß Recabarren und eilte davon.
Noch in der Nacht zogen die Griechen ab.
Leonidas aß und trank mit seinen Männern. Dann stellten
sie sich auf und warteten, tausend Männer, auf den Feind.
Eine Stunde nach Sonnenaufgang näherte sich eine
unüberschaubar große Masse des persischen Heeres. In der
Mitte des bewaffneten Haufens ritt Xerxes, von einem lanzenstarrenden
Wall aus Leibern umgeben. Die Griechen hatten die Mauer besetzt, und
so kam es, daß die ersten Kämpfe nicht mehr an der engsten
Stelle des Passes begannen. Wieder heulten die Schwärme der
Pfeile heran und schienen den Himmel zu verfinstern. Unzählige
Perser ertranken, weil sie abgedrängt und ins Meer gestürzt
wurden. Die Griechen starben langsam und nacheinander, und da jeder
von ihnen wußte, daß sie sterben würden, kämpften
sie mit Todesverachtung. Die eigenen Lanzen waren gegen Mittag alle
zerbrochen, also riß man die Waffen aus den Händen und
unter den verknäulten Körpern der Unsterblichen hervor und
erstach die Perser mit ihren eigenen Waffen und Speeren.
Der Kampf verlagerte sich auf einen kleinen Hügel. Von den
tausend Griechen kämpften nur noch siebenhundert. Dann waren es
noch sechshundert. Leonidas, der sich zu weit aus dem Igel der
Phalangen hervorgewagt hatte, starb lautlos und schnell, nachdem er
einen Sohn des Dareios, Abrokomas, getötet hatte. Hyperanthes,
dessen Bruder, wurde von einem Schwert tödlich getroffen. Perser
und Griechen, die den Leonidas hatten zusammenbrechen sehen,
lieferten sich einen Kampf um seine Leiche, der mit unbeschreiblicher
Wildheit geführt wurde - die Sterbenden schienen nicht wahrhaben
zu wollen, daß sie nicht mehr kämpfen konnten. Sie
kämpften mit Schilden, die als Ramme verwendet wurden, mit
Tritten der gepanzerten Sandalen, mit Feldsteinen, zerbrochenen
Schwertern, die sich in tödliche Geschosse verwandelten, mit
Dolchen, Fausthieben und Zähnen. Perser erwürgten Griechen
mit Gürteln, Griechen erschlugen die Perser mit deren eigenen
Goldketten. Viermal schlugen die Griechen - nur noch fünfhundert
oder weniger - die Perser über der blutenden Leiche des Leonidas
in die Flucht.
Die Griechen zogen sich hinter die Mauer zurück, dorthin, wo
der Kampf platz eine geringe Breite besaß. Die Perser warfen
ihre Speere jetzt fast senkrecht nach oben, und unzählige
Griechen starben, ohne die Waffe zu sehen, die sie tötete.
Dasselbe taten die persischen Bogenschützen.
Nicht mehr als zweihundert griechische Kämpfer, fast jeder
von ihnen durch schwere Wunden gezeichnet und am Ende seiner Kräfte,
sahen rechts und links die Kameraden umsinken, von Speeren und
Pfeilen getroffen. Es gab keine Waffen mehr. Die Rasenden sprangen
die Perser mit bloßen Händen an und rissen ihnen die
Dolche aus den Scheiden. Die Perser, selbst die Angehörigen
jener Völkerstämme, die wilde Tiere jagen und keinen
Schmerz kennen, erschraken gegenüber dem absoluten Ausdruck
rasender Wildheit. Wenige Augenblicke der Überraschung und des
Erschreckens reichten, und den Persern wurden die Waffen aus den
Händen
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